KaZaa-Prozess: Kontrolle ist möglich

Sasan Abdi
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Nach den Eingangsplädoyes und dem urtypischen Vorgeplänkel der vergangenen Woche begann gestern der Hauptprozess im Fall MIPI gegen Sharman Networks (KaZaa). Besonders auffällig und somit bereits zu diesem Zeitpunkt der Woche berichtenswert war der Auftritt eines Professor Leon Sterling auf dem richterlichen Parkett in Sydney.

Eben jener Professor nämlich sägte mit seiner Aussage die Verteidigung der Peer-to-Peer Gurus von Sherman ordentlich an. So sei es durchaus ohne größeren Aufwand möglich, das genauere Nutzungsverhalten von Tauschbörsenbenutzern - also gegebenenfalls auch das Tauschen von urheberrechtlich geschütztem Material, zu kontrollieren. Dazu könnte man über simple Techniken Logfiles erstellen, die zentral gespeichert werden könnten und dann jederzeit, zum Beispiel im Falle eines Prozesses, zum Abruf bereit stünden. Das Ganze sei, so Sterling weiter, keine größere Hürde für die Entwickler von P2P-Systemen. Eine nicht Implementierung dieser Technik sei hingegen kein normales Versäumnis, sondern obliege höchtswahrscheinlich dem Faktor „Absicht“.

Allerdings musste der Experte einräumen, dass er nicht wisse, ob „KaZaa Media Desktop“ eine solche Log-Technologie bereits integriert hätte. Im weiteren Verlauf der Aussage kritisierte Sterling dann die Aufmachung KaZaas. So sei ganz offensichtlich, dass dieses Peer-to-Peer Netzwerk zum Tauschen von MP3-Musiktracks gedacht sei: „Aus meiner Sicht hatten die Entwickler von Kazaa als Haupt- oder sogar als einziges Anwendungsfeld den Tausch von Musikdateien wie MP3 im Sinn.“ Dabei würde aber an keiner einzigen Stelle darauf hingewiesen, dass das Tauschen von urheberrechtlich geschütztem Material gegen internationales Recht verstößt.

Mit dieser Aussage, die insgesamt als gewichtig zu werten ist, erhält die Verteidigung Sharmans einen weiteren, deftigen Schlag. Denn bereits in der ersten Prozesswoche hatte ein unabhängiger Sicherheitsexperte explizit darauf verwiesen, dass es prinzipiell kein Problem darstelle, den Verkehr in Tauschbörsensystemen rigoros zu überwachen. Eine zweite, unabhängige Aussage in diese Richtung dürfte die These der Verteidiger, die auf der Ohnmacht der Betreiber gegenüber illegalen Tauschgeschäften fußt, zu Fall bringen. Damit besteht in dieser Frage erstmals die Möglichkeit eines Urteilsspruchs gegen die Betreiber von Tauschbörsen. Der Prozess ist aber noch lange nicht beendet - mit einigen Trümpfen seitens der Verteidigung ist indes fest zu rechnen.

Danke an The_Schakal für den News-Hinweis.