Deutsche ITK: Zukunftsaussichten und Jobdefizit

Sasan Abdi
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Die in Deutschland ansässigen „Hightech-Unternehmen“ blicken positiv in die Zukunft. Laut dem Branchenverband BITKOM erwarten 78 Prozent der Unternehmen für 2007 höhere Umsätze als im Jahr zuvor. Der Ausblick wäre perfekt, wenn nicht ein Mangel ein Fachkräften die Aussichten trüben würde.

In Sachen Wachstum freuen sich deutsche IT- und Telekommunikationsunternehmen: Jedes fünfte Unternehmen geht gar von einem zweistelligen Wachstum aus. Entsprechend positiv entwickelte sich der Indikator für die Aussichten der Unternehmen, der sogenannte „BITKOM-Index“. Dieser ist im ersten Quartal um 3,6 Punkte auf 50,8 Zähler gestiegen. Auf dieser Grundlage bestätigt der Verband seine Wachstumsprognose für den deutschen Markt für Informationstechnik und Telekommunikation inklusive digitaler Consumer Electronics von 2,0 Prozent auf 149,1 Milliarden Euro im Jahr 2007.

Selbst bei den Herstellern von IT-Hardware ist die Lage laut BITKOM leicht optimistischer als noch vor drei Monaten: Immerhin 65 Prozent dieser Unternehmen rechnen für 2007 mit steigenden Umsätzen, ein Zuwachs um 9 Prozentpunkte gegenüber dem Vorquartal. Nur jeder siebte Hersteller rechnet mit einem nachlassenden Geschäft. Optimistisch ist auch die Stimmung in der Kommunikationstechnik: 78 Prozent der Unternehmen erwarten ein Umsatzplus in diesem Jahr. Dafür sorgt insbesondere das schnelle Wachstum bei den Breitband-Anschlüssen. Sie werden durch neue Angebote wie IP-TV immer attraktiver. Auch in den anderen relevanten Bereichen zeigt das Barometer nach oben.

Auch wenn die Aussichten offenbar fabelhaft sind, nutzt der BITKOM die Gelegenheit, um einmal mehr auf den gravierenden Fachkräftemangel zu verweisen. Und der ist, geht es nach dem Verband, nicht hausgemacht. So betont der BITKOM erneut, dass der Fachkräftemangel dramatisch zugenommen habe. 54 Prozent der Unternehmen gaben an, dass der Fachkräftemangel ihre Geschäftstätigkeit beeinträchtigt habe. Dies ist der höchste Wert seit Beginn der Befragungen im Jahr 2001. Vor anderthalb Jahren hatte nicht einmal jedes fünfte Unternehmen Probleme, auch die gesuchten Spezialisten zu finden. Für 2007 planen derzeit 55 Prozent der Unternehmen einen Personalaufbau. Vor allem mittelständische Software-Häuser und IT-Dienstleister stellen ein. Gerade der Mittelstand steht nun durch den Fachkräftemangel vor einem sich verschärfenden Problem.

Derzeit gibt es in der ITK-Branche laut BITKOM-Umfrage rund 20.000 offene Stellen. Gesucht werden insbesondere Softwareentwickler und IT-Berater mit Know-How in Anwenderbranchen. Als Ergänzung zu langfristig wirksamen bildungspolitischen Maßnahmen und Qualifizierungsmaßnahmen fordert der BITKOM zudem eine „intelligente“ Zuwanderungspolitik. „In der gesteuerten und gezielten Zuwanderung von jungen, gut qualifizierten Spezialisten liegt heute – sieben Jahre nach der Green Card – ein unverzichtbarer Ansatz, das Fachkräfteproblem zu lindern“, so BITKOM-Präsident Willi Berchtold. Der im März von der Bundesregierung beschlossene Kompromiss, wonach Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern für einen längerfristigen Aufenthalt einen Mindestverdienst von rund 85.000 Euro vorweisen müssten, diene jedoch eher der Zuwanderungsverhinderung, nicht ihrer Steuerung.

Mit dieser Einschätzung dürfte der Verband wohl vor allem in der Politik, wo das Prinzip „Inder statt Kinder“ vielerorts verpöhnt ist, anecken. Nicht zuletzt aus diesem Grunde tun sich führende Politiker mit einer konkreten, praxisnahen Regelung für ein dauerhaftes Bleiberecht für ITK-Fachkräfte so schwer. Ob sich das in näherer Zukunft ändern wird, ist mehr als fraglich. Fest steht aber, dass dieser Umstand die Zukunftsaussichten der Branche ganz offensichtlich nicht so massiv lädiert, wie von Verbandsebene aus behauptet wird. Ein Plus von knapp vier Prozent im BITKOM-Index ist da wohl der beste Beweis.