Clean-IT-Projekt legt Abschlussbericht vor

Andreas Frischholz
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Das von der EU geförderte Clean-IT-Projekt hat den Abschlussbericht vorgelegt, in dem die Empfehlungen aufgelistet sind, wie Terrorismus im Internet bekämpft werden soll. Die Forderungen wurden im Vergleich zu dem bekannten Diskussionspapier deutlich abgemildert, die grundlegende Haltung besteht aber nach wie vor.

Im Kampf gegen die terroristische Nutzung des Internets sammelten die Initiatoren zahlreiche Vorschläge, die in der Summe praktisch eine komplette Überwachung der digitalen Kommunikation zufolge hätten. So sollten Provider etwa Upload-Filter integrieren, um präventiv gegen terroristische und andere „unerwünschte“ Inhalte vorzugehen, die Anonymität im Netz größtenteils abschaffen und „effizient“ mit Strafverfolgungsbehörden kooperieren – also möglichst direkt auf Zuruf, ohne Umweg über Gerichte und andere rechtsstaatliche Institutionen.

Die durchgesickerte Thesensammlung katapultierte das bis dato unter ferner Liefen laufende Projekt weit nach oben in der medialen Agenda, inklusive saftiger Kritik von Bürgerrechtlern und öffentlichem Protest. Das veranlasste die offenbar durch ACTA sensibilisierte EU-Kommission, sich zeitnah von dem Projekt zu distanzieren. Der nun vorliegende Abschlussbericht (PDF-Datei), an dem nach Angaben der Initiatoren Regierungsvertreter, Akademiker, Mitarbeiter von Sicherheitsbehörden und NGOs sowie Internetnutzer mitgearbeitet haben, ist gegenüber dem bekannten Entwurf dementsprechend wenig überraschend deutlich entschärft.

Upload-Filter und Klarnamenzwang sind nicht mehr enthalten, ebenso wurde die äußerst vage Terrorismus-Definition präzisiert und eingegrenzt. Allerdings wird weiterhin von den Providern verlangt, „terroristische Inhalte“ in den AGB zu verbieten und bei der Verfolgung enger mit Strafverfolgungsbehörden zu kooperieren. Ebenso ist ein Browser-basierter Mechanismus, mit dem Nutzer terroristische Inhalte direkt melden können, Bestandteil des Maßnahmenkatalogs. Ohnehin sollen Internetnutzer über terroristische Inhalte im Web besser aufgeklärt werden.

Am Grundtenor hat sich wenig geändert, entscheidende Merkmale sind nach wie vor die privatisierte Rechtsdurchsetzung, beschreibt Netzpolitik.org. Dazu zählt etwa die Ausarbeitung von „Notice-and-Takedown“-Verfahren, mittels derer missliebige Inhalte über einen standardisierten Prozess aus dem Netz genommen werden können – und das im Normalfall ohne großen Umweg über Gerichte. Bürgerrechtler kritisieren das als Aushebelung rechtsstaatlicher Institutionen, die nicht nur im Kampf gegen Terrorismus gefordert wird, sondern etwa auch von Rechteinhabern bei der Verfolgung von Urheberrechtsverstößen – etwa durch die Einführung von Netzsperren.

Die Tendenz zu einer privatisierten Rechtsdurchsetzung innerhalb der EU-Institutionen bewerten Bürgerrechtler als das eigentliche Problem, während Clean IT eher als unbedeutendes Nebenprojekt eingestuft wird. So äußerten sich etwa Markus Beckedahl (Digitale Gesellschaft) und Kirsten Fiedler (EDRi) in einem Vortrag auf dem letzten Chaos Communication Congress. Für diese Einschätzung spricht, dass die EU-Kommission lediglich rund 325.000 Euro in das Projekt investierte – im EU-Kosmos keine allzu große Summe – und die Empfehlungen keinerlei Verpflichtungen nach sich ziehen.

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