Katastrophen-App: Handys bauen im Ernstfall eigenes Netzwerk auf

Frank Hüber
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Katastrophen-App: Handys bauen im Ernstfall eigenes Netzwerk auf

Eine neu entwickelte App aus Deutschland soll die Kommunikation per Smartphone auch dann aufrecht halten, wenn in Katastrophensituationen das Mobilfunknetz zusammengebrochen ist und die Smartphones keinen Empfang und keine Internetverbindung mehr haben.

Wenn in Katastrophensituationen die Stromversorgung zusammenbricht, funktioniert auch kein Internet und kein Mobilfunk mehr. Die öffentliche Kommunikation, die Information der Bürger durch den Staat, aber auch die Kontaktaufnahme unter Familienmitgliedern kommt zum Erliegen. Cyberangriffe auf eben diese Infrastrukturen gehören deshalb zu den größten Schwachstellen und wichtigsten Zielen moderner Zivilisationen.

Smartphones bilden eigenes Netzwerk

Eine deutsche App, die in Zusammenarbeit des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) mit der Technischen Universität Darmstadt und der Uni Kassel entwickelt wurde, soll auch in dieser Situationen dafür sorgen, dass eine Kommunikation mit dem Smartphone möglich ist. Bei einer Feldübung des BBK mit 125 Teilnehmern auf einem Truppenübungsplatz bei Paderborn im September 2017 hat dies bereits funktioniert. Die „Smarter“ genannte App sorgt dafür, dass die Smartphones den WLAN-Chip nutzen, um untereinander ein eigenes ad-hoc-Netzwerk aufzubauen – quasi ein großes WLAN-Mesh-Netzwerk. Um Daten von einem Smartphone zu einem anderen zu übertragen, die nicht direkt miteinander in Verbindung stehen, bilden sie eine Kette und reichen die Daten verschlüsselt untereinander weiter.

Es kann Stunden oder Tage dauern, bis Nachrichten ihr Ziel erreichen

Dies kann auch zeitverzögert erfolgen, wenn gerade kein passendes Smartphone in Reichweite ist. Um Echtzeitkommunikation handelt es sich folglich nicht. Zusätzlich zu der Zeitverzögerung zwischen Versand, Zustellung und Empfang von Daten weist diese Vorgehensweise weiterhin das Problem auf, dass abgeschnittene Personen in verlassenen Gegenden keine anderen Smartphones in Reichweite haben, zu denen ein Kontakt hergestellt werden kann. Die App ist somit auf eine hohe Verbreitung und eine gute Smartphone-Abdeckung angewiesen, um zu funktionieren.

App setzt Android und Root-Zugriff voraus

Jutta Helmerichs vom BBK schränkt allerdings ein, dass es bis zur Marktreife der App noch ein weiter Weg sei. Bislang kann die App nur auf Android-Smartphones genutzt werden und erfordert, dass das Smartphone gerootet ist. Denn auch Android erlaubt keine direkte Verbindung von Smartphone zu Smartphone, ohne eine Sicherheitsabfrage zu erfordern. Gerade diese wird von der App jedoch deaktiviert, da sie in Katastrophensituationen nicht praktikabel ist. Im Idealfall würden Smartphone- oder die Betriebssystem-Hersteller die Smarter-App direkt integrieren, was nicht nur diese Hürde, sondern auch das Problem einer weiten Verbreitung lösen würde.