PocketBook Color im Test: Lesekomfort, Formatunterstützung, Hardware, Software, Fazit

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Michael Schäfer
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Weiterhin einfache Handhabung und wenig Einfluss auf die Darstellung

Die Einflussmöglichkeiten auf die Inhaltsdarstellung ist gegenüber den herkömmlichen Readern von PocketBook annähernd identisch geblieben. So können bei normaler Textdarstellung die Zeichengröße und die Schriftart gewählt werden, hinzu kommen Zeilenabstand und Ränder in drei Abstufungen sowie die Wahl der Silbentrennung. Wird auf dem Color nun eine Datei im PDF-, CBR- oder CBZ-Format geöffnet, kommen zudem Farbkorrekturen unter anderem für Kontrast, Helligkeit oder Sättigung hinzu. Diese Korrekturen lässt PocketBook für die reine Textdarstellung leider nach wie vor vermissen; einige andere Hersteller bieten bereits seit längerem die Möglichkeit, die Deckkraft der Schrift bei E-Books mit reiner Textdarstellung zu erhöhen. Die Reader von PocketBook stellen reinen Text meist in einem eher dunklen Grau dar, womit sich der Kontrast zum Hintergrund verringert. Das kann für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen zu Problemen beim Lesen führen. Dieser Umstand ließe sich nicht selten durch eine kräftigere und somit dunklere Darstellung der Schrift korrigieren, die aber nicht mit einer „fetteren“ Darstellung zu verwechseln ist, bei der sich lediglich die Abmessungen der dargestellten Zeichen und damit der ganze Charakter ändern. Für viele Nutzer ist solch eine Darstellung unangenehm, da das Gefühl aufkommt, dass der Text einen „anbrüllen“ würde.

Zusätzliche Farbeinstellungen bei PDF-, CBR- und CBZ-Formaten
Zusätzliche Farbeinstellungen bei PDF-, CBR- und CBZ-Formaten

PDF-Unterstützung in bekannt guter Form

Die in den letzten Tests immer wieder hervorgehobene PDF-Funktion enttäuscht auch dieses Mal nicht. Bei anderen Herstellern überhaupt nicht vorhanden oder nur rudimentär umgesetzt, zeigt PocketBook erneut, dass es auch auf kleineren Displays möglich ist, komplexe PDF-Dokumente komfortabel anzeigen zu lassen. Natürlich eignen sich größere Bildschirme generell besser für diese Art von Formaten, jedoch können Lesbarkeit und Handhabung mit der Crop-Funktion oder dem Lesen Spalte für Spalte deutlich erhöht werden. Neben diesen Werkzeugen lassen sich entsprechende Inhalte auch über die komplette Seitenbreite darstellen, was besonders beim im Querformat gehaltenen Reader einen Vorteil darstellen kann. Dabei ist es möglich, einfach per Touchscreen oder Blättertasten von oben nach unten durch das Dokument zu springen. Hilft das alles nichts, kann über das PDF-Reflow bei Dokumenten mit Text (keine reinen Bilder) dieser vom Rest gelöst und wie bei einem normalen E-Book inklusive aller Formatierungsmöglichkeiten angezeigt werden. Gestalterische Elemente wie Zitate, Fließtexte oder Ähnliches gehen dabei jedoch verloren.

Die Umsetzung der genannten Funktionen geht dank der guten technischen Basis schnell von der Hand, auch wenn besonders beim PDF-Reflow die Umsetzung abhängig von der Dokumentgröße und der Länge des Textes ein paar Sekunden dauern kann. Eine Notiz- und Markierfunktion sowie die Möglichkeit, Lesezeichen zu vergeben, runden das Gebotene ab.

An der Basis nur wenig Neues

An der technischen Grundlage hat sich abseits des neuen Displays auch beim neuen Reader kaum etwas geändert. Dieser wird ebenso von einer CPU mit zwei Kernen und 1 GHz Takt angetrieben, der nun aber von einem Arbeitsspeicher mit einer Größe von 1 GB flankiert wird. Für eigene Inhalte steht ein interner Speicher von 16 GByte zur Verfügung, der zudem mit Speicherkarten erweitert werden kann.

Trotz des unveränderten Unterbaus zeigt sich der PocketBook Color nur geringfügig behäbiger als seine grauen Brüder. So dauert der Wechsel einer reinen Textseite einen Wimpernschlag länger, der Seitenaufbau einer komplett farbigen Seite dagegen noch einmal so lange. Somit überrascht gerade die Geschwindigkeit des farbigen Wechsels, vor allem unter dem Aspekt, dass die Umsetzung doch deutlich aufwendiger gestaltet ist. Natürlich ist die Geschwindigkeit nicht mit der eines Tablets vergleichbar, dennoch hält sich der Versatz in Grenzen und beeinträchtigt die Nutzung nicht sonderlich.

Eine Frage der Quelle

Die Möglichkeiten, den Reader mit Inhalten zu füllen, sind gegenüber den Vorgängern gleich geblieben. Neben der klassischen Methode, einfach per USB-Verbindung Dateien auf den Color zu übertragen, können auch der vor geraumer Zeit neu gestaltete Webshop, die eigenen Cloud-Dienste wie PocketBook-Sync oder PocketBook Cloud bis hin zum integrierten Dropbox-Zugang herangezogen werden. Selbst das Befüllen über den Webbrowser mittels eines anderen Onlineshops ist möglich – solange die Datei von der großen Formatfülle unterstützt wird.

Als erstklassig zu benennen ist auch dieses Mal die Organisation der jeweiligen Inhalte in der Reader-eigenen Bibliothek, die neben den üblichen Grundfunktionen wie das Sortieren nach Titel, Name des Autors oder dem Hinzufüge- sowie Öffnungsdatum auch das Filtern der Inhalte nach bestimmten Kriterien oder Schlagwörtern sowie das Erstellen eigener Sammlungen erlaubt. Darüber hinaus besitzt die Bibliothek eine schnell agierende Suchfunktion.

Software-Dreingaben

Auch abseits der reinen Lesefunktion bietet der Color die von PocketBook bekannten Ausstattungsmerkmale. So können Texte über die integrierte Text-to-Speech-Funktion vorgelesen werden, auch wenn diese selbst in der neuen Version noch lange nicht an die Qualität professionell eingesprochener Hörbücher heranreicht. Für kurze Informationen besitzt die Funktion jedoch durchaus ihren Sinn.

Audio-Inhalte können weiterhin über den beiliegenden Kopfhöreradapter oder kabellos per Bluetooth über entsprechende Ausgabegeräte wie Lautsprecher oder Kopfhörer ausgegeben werden. Dafür stellt PocketBook nach wie vor zwei Apps zur Verfügung: Musik kann mit dem integrierten Audio-Player in den Formaten MP3, OGG und M4B wiedergegeben werden, wobei die Dateien nach Titel, Album, Interpret oder Ordner gewählt werden können. Die Ausgabe erfolgt in der App dann Titel für Titel.

Auch die Audio-Funktion darf nicht fehlen
Auch die Audio-Funktion darf nicht fehlen

Die Hörbuch-App bietet dagegen speziellere Funktionen für die Wiedergabe von Hörspielen und Hörbüchern. Neben den bereits genannten Formaten kann diese auch in einer ZIP-Datei zusammengefasste Stücke abspielen, was die Dateigröße zwar nicht verkleinert, aber gerade bei größeren Hörbüchern die Übertragungszeit auf den Reader spürbar verringert. Daneben wird in der Oberfläche das jeweilige Hörbuch in voller Länge angezeigt, was die Navigation erleichtern soll. Darüber hinaus merkt sich die Applikation die Stelle, an der die Wiedergabe unterbrochen wurde, um diese von dort beim nächsten Aufruf automatisch fortzuführen. Ebenso ist das Anlegen von Lesezeichen möglich.

An den zum System gehörenden Werkzeugen und Spielen hat sich ebenso wenig etwas geändert. Hinzugekommen ist lediglich ein kleines Malprogramm, das jedoch keine großen Funktionen bietet und vermutlich eher die Möglichkeiten des neuen Farb-Displays zeigen soll.

Daneben finden sich zudem bekannte Vertreter wie der Webbrowser, der RSS-Reader, ein kleiner Taschenrechner sowie die Galerie und der Kalender. Für Zerstreuung neben dem Lesen sorgen dagegen Spiele wie Schach, Solitär oder Sudoku.

Fazit

Der neue PocketBook Color sollte eher als Zwischenschritt und Machbarkeitsstudie auf dem Weg hin zu E-Book-Readern mit größerem Display verstanden werden, bei denen das neue Farb-Display wesentlich besser seine Vorteile ausspielen kann. Auf dem kleineren, sechs Zoll großen Bildschirm des Colors dürften dagegen nur wenige Inhalte infrage kommen, bei denen eine Farbdarstellung einen wirklichen Vorteil bietet. Natürlich können auch auf kleineren Bildschirmen Comics oder Nachschlagewerke dargestellt werden, doch der Lesekomfort dürfte weit dahinter zurückstehen. Anders würde es hingegen in der Geräteklasse eines InkPad 3 Pro (Test) oder gar eines InkPad X ausschauen, denn hier würde sich die Bandbreite von Comics bis hin zu Lehrmitteln für den Unterricht deutlich erhöhen – wenn am Ende der Preis stimmt. Bei diesem hat der Color mit seinen gerade einmal rund 200 Euro UVP überrascht. Der Abstand zum vergleichbaren Touch HD 3 mit Graustufen-Display ist dabei geringer geblieben, als es vielerorts zunächst vermutet wurde.

Über die Verarbeitung und bekannten Ausstattungsmerkmale des Color muss kaum ein Wort verloren werden. Erstere fällt genauso gut wie bei allen bisher von PocketBook veröffentlichten Readern aus und kann damit erneut mehr als überzeugen. Gleiches gilt für die Bibliothek, die Software-Dreingaben, die Bluetooth-Unterstützung zur Ausgabe von Hörbüchern und Hörspielen und den generellen Lesekomfort.

PocketBook Color PocketBook Touch HD 3 PocketBook InkPad 3 Pro PocketBook InkPad X
Betriebssystem: Linux
Display: 6,00 Zoll
1.072 × 1.448, 300 ppi
E-Ink Kaleido, 16 Graustufen, beleuchtet
Farbdarstellung, 4.096 Farben
6,00 Zoll
1.072 × 1.448, 300 ppi
E-Ink Carta, 16 Graustufen, beleuchtet
7,80 Zoll
1.404 × 1.872, 300 ppi
E-Ink Carta, 16 Graustufen, beleuchtet
10,30 Zoll
1.404 × 1.872, 227 ppi
E-Ink Carta, 16 Graustufen, beleuchtet
Blaulichtfilter: Ja
Helligkeitssensor: Helligkeitssensor? Helligkeitssensor?
Bedienung: Physische Tasten, Touch
SoC: 1,0 GHz, 2 Kern/e
RAM: 1.024 MB 512 MB 1.024 MB
Interner Speicher: 16 GB, erweiterbar
(15,1 GB verfügbar)
16 GB
(15,1 GB verfügbar)
16 GB
(? verfügbar)
32 GB
(28,0 GB verfügbar)
Konnektivität: Micro-USB 2.0
802.11 b/g/n
USB 2.0 Typ C
802.11 b/g/n
Bluetooth: Ja
Mobilfunk:
Größe (B×H×T): 108,0 × 161,3 × 8,0 mm 136,5 × 195,0 × 8,0 mm 173,0 × 249,0 × 5,0 mm
Gewicht: 160 g 155 g 225 g 300 g
Schutzart: Wasserschutz Nanocoating
Akku: 1.900 mAh 1.500 mAh 1.900 mAh 2.000 mAh
Kabellose Laden: Ja? Nein Ja? Nein
Textformate: ACSM, CHM, CBR, CBZ, DJVU, DOC, DOCX, Epub, FB2, FB2.zip, HTM, HTML, Mobi (ungeschützt), PDF, PRC, RTF, TCR, TXT
DRM-Formate: Adobe-DRM E-Pub, Adobe-DRM PDF
Audio-Formate: MP3, OGG, M4B
Vorlesefunktion: Text-To-Speech
Preis: ab 167 € 159 € 269 € ab 357 €

Beim neuen Farb-Panel muss jedoch genauer hingeschaut werden, denn dieses birgt Vor-, aber auch Nachteile. So ist die Farbdarstellung kräftiger, als es beim vor einigen Jahren erschienenen Lux Color der Fall war. Die Anzahl von 4.096 möglichen Farben erscheint im ersten Moment gering, reicht für reine Grafiken aber mehr als aus – lediglich bei Fotografien kann es knapp werden und für Wolkenbildungen sorgen. Dafür geht der Seitenwechsel erstaunlich schnell von der Hand. Comics und normal kolorierte Grafiken können von der Darstellung her Spaß machen, aber nur selten von der Display-Größe.

Einige Nutzer dürften sich jedoch an dem deutlich dunkleren Hintergrund stören, der besonders bei der reinen Textdarstellung zutage tritt und das Kontrastverhältnis zum Text verringert. Das schmälert wiederum den Lesekomfort und aus diesem Grund dürften die meisten Anwender beim neuen Reader die integrierte Beleuchtung ständig aktiviert lassen.

Bei der farbigen Darstellung von Texten macht sich allerdings die durch die Subpixel-Matrix hervorgerufene geringere Auflösung bemerkbar, die für sichtbare Treppenbildungen sorgt. Dies ist vor allem dann erkennbar, wenn normaler, schwarzer und mit 300 ppi auflösender Text daneben steht. Ebenso wird vor allem bei größeren Farbflächen, wie sie unter anderem bei Comics vorhanden sind, eine Rasterung sichtbar, die durch den Abstand zwischen den Subpixeln hervorgerufen wird.

PocketBook Color im Test

So stellt sich am Ende die Frage, für wen der PocketBook Color einen Mehrwert bietet. Die meisten Nutzer dieser Reader-Größe dürften weiterhin die reine Textdarstellung verwenden. Ob die Überschrift dabei wie gewohnt in Schwarz oder farbig dargestellt wird, dürfte für die Klientel eine geringere Priorität besitzen als eine gute Textdarstellung – und dabei hat der Touch HD 3 aus selbem Haus die Nase am Ende doch deutlich vorne. Comic-Liebhaber werden dagegen mit großer Wahrscheinlichkeit eine größere Display-Größe präferieren und somit warten, bis die Farbdarstellung zumindest in der Geräteklasse mit acht Zoll großen Displays Einzug halten wird.

Aus den genannten Gründen kann/sollte der Color von PocketBook eher als sehr interessante Zwischenlösung gesehen werden, die bereits jetzt erste Eindrücke dazu gibt, zu was die neue Technologie zu leisten imstande ist und was von zukünftigen Reader-Generationen erwartet werden kann – denn die richtig interessanten Geräte dürften erst noch kommen.

PocketBook Color
Produktgruppe E-Book-Reader, 10.10.2020
  • Darstellung
    O
  • Bedienung
    +
  • Verarbeitung
    ++
  • Farb-Display
  • günstiger Preis
  • gute Verarbeitung
  • Bluetooth
  • gute Software
  • gute Organisation der eigenen Inhalte
  • farbiger Text pixelig
  • dunkler Hintergrund

ComputerBase wurde der Color leihweise von PocketBook für den Test zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Es gab kein NDA.

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