Habe ich überhaupt Marktchancen?

D

Debplo2

Gast
Hey Leute,

ich stecke zur Zeit irgendwie in einer Krise. Ich habe Wirtschaftsinformatik studiert und mich auf Software-Entwicklung fokussiert, weil der Rest mich nicht so sehr interessiert hat. Nun ja, ich muss gestehen, ich bin nicht mehr der Jüngste und habe das Studium dann an einem Stück durchgezogen und habe mich für vieles so gar nicht richtig interessiert bzw. habe es nur alles gut bestanden und das war es. Beispielsweise Business Intelligence, ERP-Systeme und Ähnliches. Inhaltlich habe ich vieles gar nicht wirklich begriffen und nur auswendig gelernt und in der Prüfung dann quasi schön verpackt.

In der Software-Entwicklung habe ich überall sehr gut eingesammelt. Das war aber auch verbunden mit einem riesigen Eigenaufwand, den ich dann zu Hause betrieb, während andere ihre Freizeit genossen haben: Grundlagen, User-Interfaces, Algorithmen, Webseiten... Nur im Modul "Entwurfsmuster" bin ich etwas vorbei geschlittert, was ich heute sehr bereue: man sollte ein Entwurfsmuster präsentieren, das war die Prüfungsleistung. Ich sah in den Entwurfsmustern noch nicht so viel Sinn und unsere Gruppe übernahm einfach ein Projekt aus einem älteren Semester. Hier habe ich also dann leider nichts mitgenommen....

Als Technologie haben wir im Studium C# WindowsForms gelernt.. Es brauchte für mich eine Weile, bis ich da eingestiegen bin, doch mit genügend Heimarbeit habe ich es gepackt. Ich habe einige Praxis damit gemacht und irgendwann auch in etwa das Prinzip mit der Objektorientierung mehr und mehr angewandt. Neben dem Studium habe ich zwei Jahre als Werkstudent gearbeitet und da auch mal wieder kleinere Winforms Office-Anwendungen geschrieben und zu Hause immer mal wieder irgendein Kram. Irgendwann habe ich denn im Team mal eine WPF-Anwendung mit MVVM geschrieben. Auf der Arbeit und im Studium habe ich denn noch PHP, CSS, JavaScript, ASP.NET gelernt. Inklusive jQuery und Bootstrap, MVC.

Jetzt bin ich seit bald einem Jahr jedoch als Datenbank-Entwickler beschäftigt. Soll dort eigentlich ETL-Prozesse schreiben, doch habe seither kaum was über die Bühne gebracht.. Bin in dem Beruf irgendwie überfordert, auch wenn die Aufgaben jetzt nicht so immens herausfordernd sind.. SQL ist vermutlich nicht so meins. Ich stelle mich scheinbar auch extrem dumm an und habe ständig ein Brett vor dem Kopf. Jetzt stellt sich bei mir langsam die Krise ein...
Ich denke, dass ich einfach unterqualifiziert bin. Vor kurzem hatten wir einen Azubi im ersten Lehrjahr bei uns im Team. Der hat in zwei Wochen eine echt krasse Software geschrieben, mit richtig heftigem UI. Zahlreiche Modelle, Factory-Pattern, die neuesten C# Sprachfeatures, etc.. Und der kommt eigentlich aus der Java-Welt. Das würde ich in einem Monat bestimmt nicht mal hinbekommen, obwohl ich WinForms kenne. Mir fehlt auch echt viel Knowhow rund um die Basics: Abstrakte Klassen, Events, Delegates, Entwurfsmuster... Das sind so Dinge, die ich noch nicht so gut beherrsche und wo ich viel Aufholen muss.. Ich wollte mich jetzt für die Web-Entwicklung Backend bewerben. Ich merke, dass auch dort immer neue Technologien rauskommen (zahlreiche JavaScript-Frameworks bspw). Wenn ich bedenke, wie lange ich mich hinter WinForms knien musste, habe ich ehrlich gesagt keine Lust, mein Leben lang nach Feierabend immer Überstunden schieben zu müssen, nur weil ich ein schlechteres Verständnis habe..

Vielleicht aber schätze ich mich auch falsch ein und es ist normal, kein Überflieger zu sein. Auf jeden Fall fühle ich mich stark unterqualifiziert und habe Angst, mich zu bewerben. Ich denke, nur bei kleinen Entwicklerbuden mit schlechtem Gehalt hätte ich eine Chance. Ich möchte aber schon gerne in Prestige-Unternehmen bleiben. Denke dann aber, dass ich nicht mithalten kann und mich die Kollegen dann auch irgendwann rausekeln oder so....

Könnt ihr dazu irgendetwas sagen? Wie habt ihr euch eingearbeitet, wie war euer Werdegang? Hattet ihr am Anfang auch längere ZEit weniger Plan? Was würdet ihr mir empfehlen?
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hm, also erstens lernt man eigentlich keine Technologien an der Uni sondern die Fähigkeiten sich selber Technologien beizubringen.

Sprich, nur weil du die Dinge die du jetzt im Beruf benötigst nicht gelernt hast, sollte dich das nicht aufhalten. Die IT war und ist recht schnelllebig, neues zu erlernen gehört da dazu.

Du solltest dich also nicht darauf konzentrieren eine bestimmte Technologie zu können oder zu lernen, sondern die Konzepte dahinter zu verstehen, denn diese sind universell. Die wenigsten Entwickler können viele Technologien bzw. Frameworks, aber ich weiß wie ich etwas umsetzen kann und such mir dann die entsprechenden Funktionen/Möglichkeiten des Frameworks zusammen. Dabei auf Stackoverflow und Co zurückzugreifen ist überhaupt kein Problem und teilweise sogar besser - denn man kann nicht alle Kleinigkeiten wissen und dort werden einfach viele Details zusammengetragen an die man sonst vllt auch gar nicht denkt. Also Google ist da durchaus dein Freund - man sollte natürlich wissen was man erreichen will und das muss Sinn ergeben. Am Ende sind bestimmte Sachen doch sehr repetitiv und man kanns auch ohne nachschauen.

Ein großer Spieltrieb hilft natürlich immens, ich probier einfach gerne Dinge aus, vor allem wenn ich eine Technologie nicht gut kenne.

Allerdings: Die Basics musst du dir aneignen, das hilft nichts. Manche lernens wirklich auswendig, andere haben mehr Spaß daran und coden einfach selber solange bis es sitzt. Was abstrakte Klassen tun solltest du nach einem Studienabschluss in 10 Minuten herausgefunden haben und auch behalten können. Diese Konzepte werdet ihr doch an der Uni bestimmt vorgestellt bekommen haben - vllt solltest du dir das noch ein paar mal genau anschauen, denn auch als Web Entwickler wirst du es brauchen!
 
Was hältst du von dem Gedanken, dich eher in Richtung Projektmanagement der Software-Entwicklung zu orientieren? Insbesondere größere Unternehmen beschäftigen Analysts oder Consultants, die u.a. die Anforderungen der operativen Fachbereiche aufnehmen, priorisieren und zu (für Software-Entwickler verständliche) Lösungskonzepte formulieren.

Eine derartige Rolle ist die Paradedisziplin von Wirtschaftsinformatikern, da es um die Verknüpfung technischer- und betriebswirtschaftlicher Sachverhalte geht. Du würdest die Software-Entwicklung eher aus der Vogelperspektive begleiten und somit auf Detailwissen im Bereich der Programmiersprachen / Frameworks verzichten.

Ansonsten bist du mit deiner Situation nicht allein: Ich habe mein berufsbegleitendes Wirtschaftsinformatik-Studium im Alter von 34 Jahren abgeschlossen und bin daraufhin direkt in eine Sinnkrise gestürzt, da bei meinem bisherigen Unternehmen keine Entwicklungsperspektiven erkennbar waren. Doch Wirtschaftsinformatiker (insbesondere im o.g. Tätigkeitsfeld) sind begehrte Fachkräfte und wir sind nicht mit unseren Arbeitgebern verheiratet.
 
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Zuletzt bearbeitet von einem Moderator: (Unnötiges Zitat entfernt)
Wie sieht dein aktueller Arbeitgeber das denn?
Was spricht denn dagegen dort mal anzufragen ob man in einem bestimmten Bereich eine Schulung oder Weiterbildung machen darf?
 
Der erste Job als Entwickler ist für die meisten immer ein Augenöffner. Man merkt das Uniwissen eben oft meilenweit weg von der täglichen Praxis ist, oft fehlt "Handwerkszeug" (high-level verstädnis von Softwarearechitekturen, Einbinden von externen Bibliotheken, Umgang mit Versionskontrolle, Best practices bei Datenbanken etc.)

Mit anderen Worten: das man etwas überfordert ist, ist irgendwo normal.

Wie hier bereits gesagt wurde, es gibt genügend alternative Zweige im Bereich Softwareentwicklung wo nichts entwickelt werden muss. Projektmanagement, SCRUM Master, QA, Dokumentation etc.

Das sind auch keine "Programmierer zweiter Klasse", im Gegenteil, ein guter Projektmanager in einem Softwareentwicklungsteam kann Gold wert sein.

Also warum nich noch ein paar Monate schauen ob das was für dich ist, dann ggf. entscheiden ob du noch in der Entwicklung bleiben möchtest.
 
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