Strömungsgeschwindigkeit berechnen

zindelino

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Hello zusammen,

obwohl ich im Studium Strömungsmechanik hatte, stehe ich gerade etwas auf dem Schlauch. Ich möchte ein Ventil auslegen und will deshalb grob den Volumenstrom überschlagen. Ich habe einen Behälter mit Vakuum, der einen anderen Behälter (kompressibel) leer saugen soll mit dem Ventil dazwischen. Der kompressible Behälter (eigentlich eine Plastiktüte) hat Umgebungsdruck also ca. 1013mbar und mein Vakuumbehälter hat ca. 13mbar -> Also hab ich eine Druckdifferenz von 1000mbar. Wenn ich dann das Ventil zwischen beiden öffne, stellt sich eine Ausgleichsströmung ein, allerdings habe ich keine Ahnung wie ich dabei dann den Volumenstrom berechne. Die Rohrleitungslänge sollte dabei vernachlässigbar sein bzw. kann erstmal 1m angenommen werden.
Ich hatte überlegt das über das Hagen-Poiseulle Gesetz auszurechnen, aber da kommt ziemlicher Käse bei rum, weshalb ich mir nicht sicher bin, ob das anwendbar ist. Soweit ich weiß gilt das ja eh nur für inkompressible Fluide.

Grundsätzlich ist der Volumenstrom ja die Geschwindigkeit mal Querschnitt. In einer Tabelle hatte ich Online eine Strömungsgeschwindgikeit für Saugrohre (Luft) von 20-60 m/s gefunden. Damit komme ich auf (meiner Einschätzung nach) realistische Werte um die 270 l/m.

Kann mir evtl. jemand auf die Sprünge helfen, welche Annahmen ich treffen kann und welche Gleichungen ich dazu benutzen kann?
 
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Ist bei mir auch schon lange her, aber zwei Sachen fallen mir zu den Annahmen ein:

1) Wenn du mit großem Vakuumbehälter ein kleines Gefäß leer saugst, wird die Luft alles andere als inkompressibel sein (bzw. halt expandieren).
2) Die Strömungsgeschwindigkeit sollte die Schallgeschwindigkeit nicht übersteigen können im Rohr

Hagen-Poiseulle klingt eigentlich wie der richtige Ansatz.
 
Also wenn mein Excel-fu noch funktioniert habe ich Faktor 10 weniger raus.. 0,883m³/s

Edit: Es funktionierte nicht ;) Kann deinen errechneten Wert bestätigen
 
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Also egal ob 8,83 m³/s oder 0,883 m³/s, bei ~0,00005m² freiem Querschnitt kommt man straff jenseits der Schallgeschwindigkeit heraus. Entweder 176,6km/s oder 17,66km/s ... Und ob sich bei einem 8mm Rohr eine laminare Strömung einstellt wage ich zu bezweifeln. Hagen-Poiseulle gilt nur für laminare Strömungen.
 
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Danke euch beiden. Also könnten durchaus eher die 270 l/min. realistisch sein bei einer Geschwindigkeit von ca. 20 m/s?
 
Was soll das für ein Ventil sein (auf/zu, 2/3-Wege, Rückschlag, manuell/Magnet) und welche Dimension hat es?
Um welches Volumen reden wir hier (1L, 1m3)?
Willst du die max. Strömung am Anfang berechnen?
Denn wenn du ein festes Anfangsvolumen im Behälter (nicht zufällig ein Tedlar-Bag?) hast, wird die Strömungsgeschwindigkeit nach dem Öffnen des Ventils ja kontinuierlich abnehmen, da der Druck im Endgefäß (wenn es denn auch geschlossen ist) ansteigt.
 
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Das klingt nach einem Anwendungsfall für die Gasdynamik, siehe:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gasdynamik

Das ist die Theorie, um Strömungen von Gasen durch Düsen zu berechnen. Leider ist das alles nicht ganz einfach (und ich nur ein Mechaniker). Deswegen kann das ein gutes Fachbuch besser erklären als ich in dem Beitrag.
 
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Prinzipiell saugt nichts, es drückt.
Wenn man nun mit kurzen Rohren ("vernachlässigbar") einen Behälter evakuiert, dann stellt sich (sofern man eine Druckverhältnis oberhalb des kritischen Druckverhältnis' hat [für Luft ganz grob 2]), ohnehin ein Choked Flow ("Stopfen") mit einem zunächst konstanten Massenstrom ein, der nur vom hohen Druck und dem engsten (kritischen) Querschnitt der Öffnung abhängt. Im engsten Querschnitt herrscht dann gerade (lokale) Schallgeschwindigkeit, dahinter beschleunigt die Strömung zunächst weiter und wird in der Praxis durch Stöße wieder heruntergebremst.
Im beschriebenen Szenario erhöht sich natürlich kontinuierlich der Gegendruck, während der Druck im zu evakuierenden Behälter (der Plastiktüte) sich ebenfalls ändern kann (kommt jetzt auf die Beschaffenheit der Tüte an)

Ich werfe daher zum Link von Faluröd noch den hier: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Düsenströmung

Den lokalen Volumenstrom kannst du aus dem Massenstrom errechnen. Allerdings ist ein Massenstrom ohnehin die sinnvolleres Größe (weil der Volumenstrom sich über deine Strömung ja ständig ändert.)
 
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Damien White schrieb:
Das hat die Hausaufgabe nicht so genau vorgegeben. ;)
Also ich denke alleine aus meinen Beiträgen von 2011 sollte doch hervorgehen, dass ich entweder zu oft sitzengeblieben wäre für so eine Hausaufgabe, oder ich aber meine Schule vor weit über 10 Jahren beendet habe.

Das Ventil ist zur Zeit ein 2/2-Wegeventil, pneumatisch angesteuert (mit Vorsteuerventil) mit einem Druchfluss von 5000l/min. Da ich aber den Anschluss von 1/4" auf 1/2" vergrößern will, habe ich mir Gedanken gemacht, ob mein Ventil dafür immer noch ausreichend ist.

Ich habe eine Verpackung (entsprechend ist das Volumen nicht konstant, sondern fällt in sich zusammen, wenn der Innendruck niedriger ist als der Aussendruck) mit einem Volumen von ca. 3l welche ich evakuieren will. [Tedlar-Bag ist es nicht, aber das ist ja schon nah dran.] Dazu habe ich einen 10l Vakuumtank welcher vorgeladen wird. Durch öffnen des genannten Ventils verbinde ich dann die Verpackung mit dem Vakuumtank und die Verpackung kollabiert sofort auf ein Restvolumen von schätzungsweise 5ml, während auch der Druck noch abfällt. Mir reicht es die maximale Strömung zu berechnen, da ich ja nur schauen möchte, ob mein Ventil groß genug dimensioniert ist und den ganzen Prozess nicht ausbremst.

Mit der Stromfadentheorie hab ich auch schon geliebäugelt, allerdings wird mir das auch schnell zu kompliziert. Vorallem, da die Gleichungen ja für ideale Gase gilt und ich mit der strömenden Luft aber ja im Realgas Bereich liegen sollte. Ich werde es aber einfach nochmal für das Idealgas rechnen und schauen wo ich damit lande
 
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Luft unterhalb von 2bar (und oberhalb von 100Pa kann man sehr getrost als Idealgas betrachten.
Rest schau ich mir heut Abend an.
 
zindelino schrieb:
Da ich aber den Anschluss von 1/4" auf 1/2" vergrößern will
Da bin ich raus. :D
Ich arbeite "nur" mit 1/16" und 1/8"-Leitungen und mit kleineren Flüssen.

Bei einem Durchfluss von 5.000L/min glaube ich nicht, dass die Restriktion des Ventils limitiert.
Zumal sich ja die lineare Gasgeschwindigkeit durch die Vergrößerung des Durchmessers wieder reduziert. Nur der Volumen bzw. Massefluss bleibt konstant.
BTW: Du arbeitest nicht zufällig am FH IVV?
 
Durch einen Querschnitt mit 0,5 Zoll Durchmesser kriegst du nicht mehr als 30g/s bei 20°C und 1 atm.
Falls du mit 5000 l/min 100 g/s meinst, geht das da nicht durch.

Aber davon ab, wenn das Ventil nicht limitieren soll, was denn dann? Das ist doch eigentlich das Bauteil, was man als begrenzenden Faktor zur Steuerung verwendet.
 

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simpsonsfan schrieb:
Das ist doch eigentlich das Bauteil, was man als begrenzenden Faktor zur Steuerung verwendet.
So wie ich es verstehe, dient das Ventil als einfaches "auf/zu"-Ventil und nicht als Proportional-Ventil zur Regelung.
Es dient entweder zum Verschließen des Probenbehälters bis das Vakuum am Zielbehälter aufgebaut ist oder zum Halten des Vakuums im Zielbehälter, beim wechseln des Probenbehälters. Dann wird es einfach komplett geöffnet und das Gas strömt in den Zielbehälter.

Ich kann mir gut vorstellen, dass es um die "Plastiktüte" als solches geht und nicht um den Inhalt. Evtl. soll das beste Material oder auch die beste Form einer Verpackung gefunden werden, die hinterher das geringste Eigenvolumen hat (Müllvolumen).
 
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@00Julius Aber auch "auf/zu" steuert man durch das Ventil. Wenn das Ventil nicht begrenzen soll, heißt das ja nur, dass etwas anderes eben stärker/früher als das Ventil begrenzt. MMn wäre es da angenehmer, den Rest zu vergrößern und wieder eine definierte Limitierung am Ventil zu haben.

Und dann stellt sich natürlich auch wieder die Frage, ob der Massenstrom bzw. die Dauer des Vorgangs denn in der Praxis überhaupt relevant ist. Ist es wirklich wichtig, ob der Vorgang jetzt 50ms, 100ms oder 500ms dauert? (Ich weiß es nicht, mag wichtig sein, oder auch nicht.)
 
Wow, vielen Dank euch allen. Die Excel Tabelle hat mir auch nochmal sehr weitergeholfen. Ihr seid da auch schon auf dem richtigen Weg. Es geht vorallem um die Geschwindigkeit von dem Vorgang. Das soll möglichst schnell vonstatten gehen. Mit 100ms könnte ich noch leben, aber eine halbe Sekunde wäre schon viel zu langsam.
Und ja es geht um die Plastiktüte als solches. Ist eigentlich einfach nur eine Verpackung, wo die Luft rausgesaugt und mit Stickstoff begast wird um den Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre zu reduzieren.

Ich bin mir in der Excel nicht ganz sicher, ob ich einfach die Dichte von Luft unter atmosphärischen Druck (1013mbar) annehmen kann für den Volumenstrom.
Und könntest du mir vielleicht nochmal erklären wo du die Formel her hast @simpsonsfan? Ich gehe davon aus, dass du das über die Ausflussfunktion psi berechnest, allerdings habe ich die so wie sie im Excel hinterlegt ist nicht gefunden.
Kann man denn hier von einer adiabaten Strömung ausgehen? Eigentlich kühlt sich die Luft ja durch die plötzliche Entspannung stark ab, was über die Systemgrenzen nach außen abgegeben wird oder?
 
Das ist jetzt vom englischen Wiki zum Choked Flow, der Discharge Coeff dabei auf 1 gesetzt (wird eher niedriger sein in der Realität.)
Ich habe noch gesehen, dass du oben was von r=8mm für einen Schlauch geschrieben hast. In dem Fall wird der natürlich nochmal stärker begrenzen (und zwar durch den kritischen Querschnitt, nicht durch die Reibung.)
Halt, es sind ja 1/2-Zoll Durchmesser, sprich 6,35mm Radius am Ventil, dann begrenzt weiterhin dieser Querschnitt.

Als Ergänzung: Der Choked Flow (ich hab leider bis heute keinen gescheite deutschen Begriff gefunden) tritt bereits bei den Euler-Gleichungen, also Reibungsfrei auf. Wenn du mit großen Druckverhältnissen arbeitest, dann limitiert dir das eben vor Reibungsverlusten.
Im Übrigen sind Überschallströmungen in Schlauchleitungen durchaus möglich, aber relativ komplex zu berechnen. Wenn es um Vorhersagegenauigkeit geht, machst du das Ventil (bzw. eben einfach den engsten Querschnitt, könnte auch eine Blende sein) ziemlich nah an dem Vakuumbehälter.

Kannst das Ganze natürlich auch testweise mal in OpenFOAM durchrechnen. Ist aber für Ungeübte nicht so einfach zu bedienen.
Aber tendenziell: Nimm einen etwas größeren Querschnitt, wenn du deine 3,6g Luft in unter 100ms aus der Tüte haben möchtest.
Wie schnell schaltet denn überhaupt das Ventil?

Edit: Hier gibt es übrigens auch einen Rechner dazu, der spuckt die selben Ergebnisse aus.
 
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simpsonsfan schrieb:
Im Übrigen sind Überschallströmungen in Schlauchleitungen durchaus möglich, aber relativ komplex zu berechnen.
Wenn man drüber nachdenkt... ein Gewehr ist effektiv auch nur 'ne Überschallströmung im Rohr. Muss es also geben.
 
@Rickmer Wobei beim Gewehrlauf dann ggf. eine chemische Reaktion hinzukommt und es noch mal komplexer macht. Aber man kann auch auf ganz klassische Stoßrohre in der Forschung gehen: Ein Rohr, eine Membran, auf der einen Seite stark bedrucken, dann Membran entfernen.
Und wenn wir schon da sind, auch wenn es etwas OT wird, hier mal ein Bild einer Überschallkanalströmung. Das ist in dem Fall ein Rechteckkanal und 2D berechnet. Hat, soweit ich mich erinnern kann, ganz gut zu den experimentellen Ergebnissen gepasst (Fachlich ging es um eine Einspritzung in eine Überschallströmung. Oben wird an der Hinterkante des Objekts ein Gasgemisch eingespritzt, unten nicht.)
ueberschall_part_velocity.png
 
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