Nossi
Captain
- Registriert
- Okt. 2002
- Beiträge
- 3.893
Wikileaks und die Diplomaten: Über die Natur der Geheimhaltung
Wundere mich, dass es dazu noch keinen Thread gibt.
Ich eröffne Mal mit einigen Links:
Erstmal die Originalquelle: http://cablegate.wikileaks.org/
Und einige Artikel der Tagesschau dazu:
http://www.tagesschau.de/ausland/wikileaks182.html
http://www.tagesschau.de/inland/wikileaksreaktionen100.html
http://www.tagesschau.de/ausland/wikileaks196.html
http://www.tagesschau.de/ausland/wikileaks198.html
Und vom Spiegel
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,731694,00.html
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,731693,00.html
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,731720,00.html
Was haltet ihr davon ?
Erstmal als Vorwort:
Was ich in der Internetcommunity immer sehr bemängel ist ein häufiges Auftreten von stumpfem Schwarz-und-Weiß-Denken.
Politiker: Die Bösen
Alle die gegen das Establishment sind: Die Guten.
Ich finde an dieser Stelle auch die Gewichtung des Wortes "Geheim" so interessant, auf das sich ja immer alle stürzen. Nur weil etwas nicht veröffentlicht wurde heißt es ja nicht automatisch, dass etwas auch brisant ist oder tatsächlich "Geheim". Vielleicht ist es ja auch einfach zu uninteressant für eine Veröffentlichung? Da sollte jeder erstmal vor der eigenen Haustür kehren. Sind eure privaten Briefe oder Chatprotokolle auch öffentlich relevante Informationen ? Oder würdet ihr alte Liebesbriefe nicht auch lieber "geheim" halten ? Ist es für die Öffentlichkeit wirklich relevant, wenn jedes noch so unbedeutene Informationsschnippselchen veröffentlicht wird ?
Was soll also dieses Gleichsetzen von "Nicht öffentlich" und "Verschwörung", wie es scheinbar oft betrieben wird ? Handelt es sich dabei nicht eher um Paranoia ? Undifferenziertes Politikerbashen ist ja auch mehr als "in" und zudem einfacher, als mal strukturiert ein paar Gedanken zu formulieren.
Nun aber zum eigentlichen Thema:
Ob Merkel nun intern als "Teflon Merkel" bezeichnet wird oder die US-Diplomatie nicht viel von Westerwelle hält halte ich da erstmal für sehr uninteressant. Das sind private Einschätzungen von Diplomaten. Großartig spannend ist da nichts und nichts, was nicht der normale deutsche Bürger auch über die Politiker sagen würde.
Ich bin der Meinung, dass es gut ist, wenn brisante Informationen ("Skandale") öffentlich gemacht werden. Wenn in US amerikanischen Gefängnissen gefoltert wird, wenn Angriffe auf Zivilisten stattfinden, wenn Journalisten abgehört werden, dann sind das Informationen und Geschehnisse, die öffentlich relevant sind und auch öffentlich gemacht werden sollten. Hier handelt es sich um Fälle in der objektiv Grenzen übertreten wurden. Eine Geheimhaltung an dieser Stelle hat den Sinn der Verschleierung und dient dem Täterschutz. Logisch, dass die Täter versuchen solche Dinge geheim zu halten.
Auf ein immerhin interessantes Textfragment bin ich heute morgen gestoßen. Unter diesem Link ist zu lesen, dass eine französische Firma über den Umweg China an Waffenliederungen für den Iran beteiligt ist. Jetzt weiß ich, dass westliche Soldaten - im Falle eines Falles - mit westlicher Technologie bekämpft werden. Das mag jetzt kein großer Skandal sein und vermutlich gängige Praxis, ist aber für mich insofern interessant, als dass es mir hilft die Welt ein bisschen besser zu verstehen.
Mein Problem ist aber die Undifferenziertheit, mit der von Wikileaks und der Öffentlichkeit vorgegangen wird. Getreu dem Motto "Wenn etwas geheim ist, dann muss es für die Öffentlichkeit interessant sein" wird hier alles ausgebuddelt, was es an "internen" Dokumenten gibt. Dass es aber auch Dinge gibt, die zurecht nicht öffentlich gemacht werden sondern nur einem kleinen Kreis eingeweihter zur Verfügung stehen scheint da niemand zu bedenken.
Wenn ich hier lese dass, aus Angst vor der Atommacht Iran, kleinere arabische Staaten die USA, darum beten, dort einzugreifen, dann frage ich mich, warum soetwas öffentlich relevant ist ? Ist es nicht vielleicht sogar eher gefährlich und trägt nur zur weiteren Eskalation der Situation bei ? Wenn der Iran sich plötzlich nichtmehr von Freunden umgeben, sondern von Feinden umzingelt sieht, wie reagiert er ? Was ist mit denjenigen, die dort unten trotz Gefahr für ihr Leben Informationen herausschmuggeln über das Iranische Atomprogramm ? Diese sind jetzt eventuell erheblich gefährdet. Ein rechtsstaatliches Verfahren braucht da denke ich niemand erwarten.
Zusammenfassung:
Viele vertreten die Auffassung, dass wenn etwas geheim ist, dies aus demGrund geschieht, weil etwas Unrechtes verschleiert werden soll. Ich denke allerdings, es ist gefährlich, geheim mit "grade deswegen öffentlich relevant" gleichzusetzen. In vielen Fällen mag das stimmen, oft ist es aber auch fahrlässig.
Meinungen erwünscht. Nur kein stumpfes "Die da oben wollen uns ja eh nur an der Nase herumführen".
Wundere mich, dass es dazu noch keinen Thread gibt.
Ich eröffne Mal mit einigen Links:
Erstmal die Originalquelle: http://cablegate.wikileaks.org/
Und einige Artikel der Tagesschau dazu:
http://www.tagesschau.de/ausland/wikileaks182.html
http://www.tagesschau.de/inland/wikileaksreaktionen100.html
http://www.tagesschau.de/ausland/wikileaks196.html
http://www.tagesschau.de/ausland/wikileaks198.html
Und vom Spiegel
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,731694,00.html
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,731693,00.html
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,731720,00.html
Was haltet ihr davon ?
Erstmal als Vorwort:
Was ich in der Internetcommunity immer sehr bemängel ist ein häufiges Auftreten von stumpfem Schwarz-und-Weiß-Denken.
Politiker: Die Bösen
Alle die gegen das Establishment sind: Die Guten.
Ich finde an dieser Stelle auch die Gewichtung des Wortes "Geheim" so interessant, auf das sich ja immer alle stürzen. Nur weil etwas nicht veröffentlicht wurde heißt es ja nicht automatisch, dass etwas auch brisant ist oder tatsächlich "Geheim". Vielleicht ist es ja auch einfach zu uninteressant für eine Veröffentlichung? Da sollte jeder erstmal vor der eigenen Haustür kehren. Sind eure privaten Briefe oder Chatprotokolle auch öffentlich relevante Informationen ? Oder würdet ihr alte Liebesbriefe nicht auch lieber "geheim" halten ? Ist es für die Öffentlichkeit wirklich relevant, wenn jedes noch so unbedeutene Informationsschnippselchen veröffentlicht wird ?
Was soll also dieses Gleichsetzen von "Nicht öffentlich" und "Verschwörung", wie es scheinbar oft betrieben wird ? Handelt es sich dabei nicht eher um Paranoia ? Undifferenziertes Politikerbashen ist ja auch mehr als "in" und zudem einfacher, als mal strukturiert ein paar Gedanken zu formulieren.
Nun aber zum eigentlichen Thema:
Ob Merkel nun intern als "Teflon Merkel" bezeichnet wird oder die US-Diplomatie nicht viel von Westerwelle hält halte ich da erstmal für sehr uninteressant. Das sind private Einschätzungen von Diplomaten. Großartig spannend ist da nichts und nichts, was nicht der normale deutsche Bürger auch über die Politiker sagen würde.
Ich bin der Meinung, dass es gut ist, wenn brisante Informationen ("Skandale") öffentlich gemacht werden. Wenn in US amerikanischen Gefängnissen gefoltert wird, wenn Angriffe auf Zivilisten stattfinden, wenn Journalisten abgehört werden, dann sind das Informationen und Geschehnisse, die öffentlich relevant sind und auch öffentlich gemacht werden sollten. Hier handelt es sich um Fälle in der objektiv Grenzen übertreten wurden. Eine Geheimhaltung an dieser Stelle hat den Sinn der Verschleierung und dient dem Täterschutz. Logisch, dass die Täter versuchen solche Dinge geheim zu halten.
Auf ein immerhin interessantes Textfragment bin ich heute morgen gestoßen. Unter diesem Link ist zu lesen, dass eine französische Firma über den Umweg China an Waffenliederungen für den Iran beteiligt ist. Jetzt weiß ich, dass westliche Soldaten - im Falle eines Falles - mit westlicher Technologie bekämpft werden. Das mag jetzt kein großer Skandal sein und vermutlich gängige Praxis, ist aber für mich insofern interessant, als dass es mir hilft die Welt ein bisschen besser zu verstehen.
Mein Problem ist aber die Undifferenziertheit, mit der von Wikileaks und der Öffentlichkeit vorgegangen wird. Getreu dem Motto "Wenn etwas geheim ist, dann muss es für die Öffentlichkeit interessant sein" wird hier alles ausgebuddelt, was es an "internen" Dokumenten gibt. Dass es aber auch Dinge gibt, die zurecht nicht öffentlich gemacht werden sondern nur einem kleinen Kreis eingeweihter zur Verfügung stehen scheint da niemand zu bedenken.
Wenn ich hier lese dass, aus Angst vor der Atommacht Iran, kleinere arabische Staaten die USA, darum beten, dort einzugreifen, dann frage ich mich, warum soetwas öffentlich relevant ist ? Ist es nicht vielleicht sogar eher gefährlich und trägt nur zur weiteren Eskalation der Situation bei ? Wenn der Iran sich plötzlich nichtmehr von Freunden umgeben, sondern von Feinden umzingelt sieht, wie reagiert er ? Was ist mit denjenigen, die dort unten trotz Gefahr für ihr Leben Informationen herausschmuggeln über das Iranische Atomprogramm ? Diese sind jetzt eventuell erheblich gefährdet. Ein rechtsstaatliches Verfahren braucht da denke ich niemand erwarten.
Zusammenfassung:
Viele vertreten die Auffassung, dass wenn etwas geheim ist, dies aus demGrund geschieht, weil etwas Unrechtes verschleiert werden soll. Ich denke allerdings, es ist gefährlich, geheim mit "grade deswegen öffentlich relevant" gleichzusetzen. In vielen Fällen mag das stimmen, oft ist es aber auch fahrlässig.
Meinungen erwünscht. Nur kein stumpfes "Die da oben wollen uns ja eh nur an der Nase herumführen".
Zuletzt bearbeitet:
(Erstmal meine Gedanken ordnen ....)