Mal die Sendung Frontal 21 gesehen als sie einen Studenten auf Arbeitssuche begleitet haben, der war schon etwas älter und hatte auch eine abgeschlossene Berufsausbildung.
Ja, habe ich zufällig gesehen. Und ich kann mich auch noch gut daran erinnern. Um es mit Deinen Worten zu sagen: Für Leute mit etwas Menschenverstand liegt es auf der Hand, dass Frontal21 nur dann einen Beitrag über das Thema machen kann, wenn der Beitrag eine gewisse Brisanz in sich trägt.
Ich weiß nicht mehr genau, um welche Berufsausbildung es sich bei dem Mann handelte. Aber man muss sich schon die Details anschauen, bevor man von einem Einzelfall auf die Gesamtheit schließt: Soweit ich mich erinnere, wollte der Mann studieren und suchte einen Job in Berlin, weil das sein zukünftiger Studienort sein sollte (Hoffentlich verwechsele ich da jetzt nichts).
Nehmen wir einmal an, er sei Handwerker. Dann könnte ich verstehen, dass die Arbeitgeber zögern, weil ein Student im Regelfall ja nicht Vollzeit arbeiten kann. Wie aber soll man jemanden auf Montage schicken, evtl. sogar noch mit Anreise, wenn er nur vier Stunden täglich arbeiten will? Es dürfte klar sein, dass das Jobangebot in diesem Fall begrenzt ist.
Nehmen wir an, er würde gar nichts in seinem gelernten Beruf suchen, sondern nur irgendeine Tätigkeit. Dann gilt er als branchenfremder Bewerber nicht länger als gelernte Fachkraft, sondern muss sich in die lange Schlange der Angelernten, Hilfsarbeiter usw. einreihen. Gerade davon gibt es in Berlin aber jede Menge. Und weil das Angebot an Arbeitskräften so groß ist, drückt das den Preis, weshalb er nicht über einen niedrigen Lohn hinauskommen wird.
Anders gesagt: Mit einer gefragten Qualifikation und Berufserfahrung (nicht nur Berufsausbildung) hätte er vielleicht auf Anhieb mehrere Angebote bekommen. Wenn ich in Düsseldorf an den Zeitarbeitsfirmen vorbeikomme und mir die Aushänge in den Schaufenstern ansehe, dann sehe ich dort regelmäßig Berufe, die flächendeckend - also von mehreren Zeitarbeitsfirmen - gesucht werden. Da wäre das Angebot an Arbeitskräften knapp und die Bewerber könnten den Preis diktieren, zumal es kein Problem wäre, sich die Firmen selbst herauszusuchen, die solche Leute brauchen, um sich direkt dort zu bewerben.
Ich sehe auch, dass die ständig steigende Zahl ungelernter Arbeitskräfte (allein ca. 100.000 Schulabgänger ohne Abschluss pro Jahr) den Markt im unteren Bereich der Lohnskala überschwemmen. Das sind meist noch die Jobs, die sich am besten rationalisieren lassen und die ohnehin immer knapper werden.
Ist das nun ein spezifisches Problem der Zeitarbeit oder des Arbeitsmarktes insgesamt? Denn dieselben Leute, die zur Zeitarbeitsfirma gehen, könnten sich ebenso gut bei den nachfragenden Firmen bewerben. Vielleicht machen sie das ja auch zusätzlich. Aber diese Firmen sehen sich einem Überangebot an Arbeitskräften entgegen. Warum sollten sie dann noch über Tarif zahlen oder Sonderzahlungen in Aussicht stellen, wenn es auch ohne geht?
Es hängt also immer von der persönlichen Qualifikation sowie vom (regionalen) Arbeitsmarkt ab. Gute Leute werden auch heute noch gut bezahlt. Ich kenne genügend Beispiele dafür.
Wenn Du also behauptest, da müsse man nichts beweisen und nicht argumentieren, dann sehe ich das leider anders.