Genschäden durch elektromagnetische Felder?

Frank Hüber
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Inwiefern elektromagnetische Felder, auch im Bereich der gesetzlichen Grenzwerte, Auswirkungen auf das Erbgut von Menschen und Tieren haben können, wird seit geraumer Zeit erforscht. Eine weitere Studie hat die Forscher bei der Beantwortung dieser Frage nun einen Schritt weiter gebracht.

Am REFLEX-Projekt (Risk Evaluation of Potential Environmental Hazards From Low Energy Electromagnetic Field Exposure Using Sensitive in vitro Methods), das über einen Zeitraum von vier Jahren durchgeführt wurde, waren zwölf Forschergruppen aus sieben europäischen Ländern beteiligt. Da es nicht möglich ist, die Vielzahl der Ergebnisse im Einzelnen vorzustellen, beschränkt sich der Bericht auf den für die Telekommunikation wichtigen R(adio) F(requency) EMF-Bereich und die Ergebnisse, die auf eine Wirkung von RF-EMF auf das menschliche Genom, also die Erbsubstanz, hinweisen. Für diese Forschungsergebnisse sind insbesondere zwei der zwölf Arbeitsgruppen verantwortlich, nämlich die von Prof. Tauber an der Freien Universität Berlin und die von Prof. Rüdiger an der Universität Wien.

Die Ergebnisse sprechen dafür, dass elektromagnetische Felder genschädigende Wirkungen haben könnten. Inwiefern diese theoretischen Ergebnisse aus dem Reagenzglas jedoch auch auf den Menschen und andere lebende Organismen übertragbar sind, muss nun in weiteren Studien geprüft werden. Grundsätzlich hat sich gezeigt, dass die genschädigende Wirkung, wenn sie denn tatsächlich auf die elektromagnetischen Felder zurückgeführt werden kann, nicht vom Frequenzbereich abhängig ist.

Die Ergebnisse des Projekts dienten zudem zum Vergleich mit den Erkenntnissen der Mobilfunkindustrie, die zusammen mit der EU-Kommission am 23. ud 24. September beim Mobilfunk-Seminar den gegenwärtigen Stand des Wissens wie folgt zusammenfassten:

[b]Mobile Communication Seminar, Brüssel, Sept 23-24, 2004

Ergebnisse des Seminars: [/b]

  • Es gibt bis heute keinen Beweis dafür, dass RF-EMF unterhalb der geltenden Sicherheitsgrenze kausal zur Entstehung von Erkrankungen oder auch nur Befindlichkeitsstörungen beitragen.
  • Die Nullhypothese, d.h. die Tatsache, dass etwas nicht existiert, kann aus theoretischen Gründen nicht bewiesen werden.
  • Es sind bis heute keine biologischen Mechanismen bekannt, die durch RF-EMF unterhalb der geltenden Sicherheitsgrenze ausgelöst werden und zur Krankheitsentstehung beitragen können.
  • Vorsorgemaßnahmen sind als Folge dieser Überlegungen sinnlos, ja kontraproduktiv, weil sie die Angst in der Bevölkerung eher schüren als vermindern.

Die Ergebnisse des Abschlussberichtes des REFLEX-Projekts stehen dabei im direkten Widerspruch zur amtlichen Meinung und widerlegen gerade den dritten Punkt der Ergebnisse des Mobilfunk-Seminars. Inwiefern die erlangten Erkenntnisse, die RF-EMF unterhalb der geltenden Sicherheitsgrenzen augenscheinlich eine gentoxische Wirkung zusprechen, aus den in vitro Untersuchungen jedoch auch in vivo bestätigt werden können, ist bisher nicht ausreichend erforscht. Genau an diesem Punkt muss die Forschung nun erneut ansetzen.