AMD öffnet Radeon-Treiber für Linux

Andreas Frischholz
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3D-Grafiktreiber waren in den letzten Jahren eines der größten Probleme, mit denen Linux auf dem Desktop zu kämpfen hatte. Wirklich gute Lösungen in Form von offenen 3D-Treibern gab es nur für alte ATi-Chips wie den R300 sowie für Intel-Pendants, die jedoch eher in Laptops zum Einsatz kommen.

Für die 3D-Fähigkeiten von Nvidia-Produkten gibt es immerhin einen guten, aber proprietären Treiber. Wer jedoch eine ATI-GPU ab dem R500 sein Eigen nannte, wurde über Jahre mit einem eher schlechten Closed-Source-Treiber geärgert. Schwache Performance, umständliche Installation, mangelhafte Kompatibilität und fehlende Features wie AIGLX – zum Beispiel für den Compositing-Manager Compiz – machten die X1000- und HD2000-Serien wohl zur schlechtesten Wahl für einen Linux-Rechner. Vor allem, weil Linux-Nutzer eigentlich ein automatisches oder halbautomatisches Treibermanagement gewohnt sind. Unfreie Grafiktreiber können jedoch aus lizenzrechtlichen Gründen nicht mit dem unter Linux in der Regel genutzten X-Server zusammen verteilt werden.

Dieses Ärgernis wird bald der Vergangenheit angehören: AMD, als neuer Eigentümer von ATi, hatte bereits vor Monaten angekündigt, man „sehe sich in der Pflicht, eine für die Open-Source-Community befriedigende Lösung zu finden“. Auf dem Kernel-Summit – einem jährlichen Treffen zahlreicher Linux-Entwickler – in Cambridge kamen nun Details ans Licht, die es in sich haben. Bisher war eine moderne Radeon unter Linux das hässliche Entlein, in Zukunft könnten sie zur bevorzugten Lösung reifen:

  • AMD wird in Kooperation mit anderen Firmen wie Novell und Red Hat einen neuen, freien 2D- und 3D-Treiber für Grafiklösungen ab dem R500 entwickeln.
  • Um die Entwicklung zu beschleunigen, wird eine wichtige Programmbibliothek des proprietären Treibers veröffentlicht.
  • Die notwendigen Hardwarespezifikationen werden zur Verfügung gestellt (auch unabhängigen Entwicklern oder zum Beispiel für weitere Betriebssysteme wie BSD).
  • Der per Reverse Engineering entwickelte freie „Avivo“-Treiber wird eingestellt und die Entwickler wechseln zu dem neuen, offiziellen Treiberprojekt.
  • AMD wird die Entwicklung finanziell und ressourcentechnisch unterstützen.

An einem 2D-Grundgerüst wird bereits seit einigen Wochen gearbeitet. Nächste Woche sollen erste Ergebnisse veröffentlicht werden und bis Jahresende soll ein praxistauglicher 2D-Treiber – vergleichbar mit dem freien „nv“-Treiber für Nvidia-Grafikkarten, der im Gegensatz zu NVidias proprietärem Treiber keine 3D-Beschleunigung unterstützt – bereit stehen. Der unfreie Fglrx-Treiber wird parallel weiterentwickelt. Dieser hat in letzter Zeit starke Verbesserungen erfahren und soll bald auch Compiz unterstützen. Ob dieser Treiber dann irgendwann komplett abgelöst wird, ist unbekannt, er soll aber weiterhin proprietär bleiben.

Wie schnell der freie Treiber Fortschritte machen wird, ist schwierig zu sagen, da letztlich Vergleichsmöglichkeiten fehlen. Dank der gebündelten Kapazitäten kann man vermutlich im Jahr 2008 mit einem fortgeschrittenen und leistungsfähigen Treiber samt AIGLX rechnen, wenn man eine Prognose wagen möchte.

Der Grund für den Sinneswandel bei AMD dürfte die zunehmende Akzeptanz von Linux-Systemen, beispielsweise durch große Hersteller von OEM-Rechnern sein. Der Schritt hin zu einem offenen Treiber verschafft AMD hier Vorteile, da so die eigenen Produkte stabiler, flexibler, performanter und einfacher zu unterstützen sind als die der Konkurrenz. Aus der Sicht der Nutzer alternativer Betriebssysteme bedeutet diese Offensive jedenfalls schlicht einen Dammbruch.

Vielen Dank an Tobias „MacroWelle“ Rudert
für das Einsenden dieser Meldung!

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