IFA: Anprobe im virtuellen Fraunhofer-Spiegel

Update Frank Hüber
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Vom 29.8. bis 3.9.2008 zeigen Fraunhofer-Forscher auf der Internationalen Funkausstellung IFA in Berlin (Technisch-Wissenschaftliches Forum TWF 5.3) ein Display, in dem der Kunde sich in wechselnden Designs betrachten kann, ohne auch nur einen Knopf öffnen zu müssen – ideal für Einkaufsmuffel.

Der Kleiderkauf ohne ständiges An- und Ausziehen könnte so schon bald real werden. Die Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut HHI, haben hierfür einen virtuellen Spiegel entwickelt, mit dem das Anprobieren deutlich stressfreier werden könnte, indem das gewünschte T-Shirt oder Hemd angezogen und dann im virtuellen Spiegel die Designvarianten getestet werden – ohne weiteres An- und Ausziehen.

Das Prinzip ähnelt der virtuelle Schuhanprobe, welche die Wissenschaftler letztes Jahr für den Flagship-Store von Adidas in Paris entwickelt hatten. Bei T-Shirts, Hemden oder Pullovern ist es jedoch um einiges schwieriger, den realistischen Eindruck im virtuellen Spiegel darzustellen, da die Kleidungsstücke Falten werfen und sich abhängig von der Bewegung des Trägers zum Teil ver- und überdecken. Zudem sind die Stoffe elastisch, können unregelmäßige Strukturen haben und verschiedene Nuancen, die oft das besondere Etwas ausmachen. Diese Eigenschaften sind eine Herausforderung für den virtuellen Spiegel, da mehr Parameter abgeschätzt und zeitgleich verarbeitet werden müssen. Um die Methode anschaulich demonstrieren zu können, zeigen die Forscher auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin, wie sich Logos oder Bilder auf T-Shirts einfach tauschen lassen.

Und wie sieht die Anprobe ohne lästigen Kleiderwechsel aus? Der Kunde steht vor einem Display, über dem eine Kamera angebracht ist. Diese filmt ihn und registriert so die Bewegung seiner Kleidung. Zum Kleiderwechsel wird dann beispielsweise das Logo auf dem T-Shirt durch ein anderes, virtuelles ersetzt. Das heißt, der Kunde sieht sich im Display zum Beispiel mit einem blauen Fraunhofer-Logo anstelle des grünen auf seinem realen T-Shirt. Um den Eindruck im Zauberspiegel so realistisch wie möglich zu machen, werden Falten oder Knicke des realen Objekts auf das virtuelle übertragen, egal wie sich der Kunde bewegt. Auch Schattierungen und Beleuchtung sind im virtuellen Spiegelbild identisch zum Original zu sehen. Hierfür wird die räumliche Bewegung der Projektion anhand eines zweidimensionalen Modells berechnet. Dies erspart eine Dimensionsrichtung für die Abschätzung, so dass die Bewegung schnell geschätzt werden kann. Das 2-D-Modell besteht aus einem engmaschigen Dreiecksnetz. Das reicht, so die Forscher, um die Veränderungen vorherzusagen. Zudem kennt das System die möglichen Bewegungsrichtungen des Stoffs – also das spezifische Verhalten, wie er sich dehnt oder verschiebt. Um das so echt wie möglich darstellen zu können, lassen sich die Dreieckspunkte unabhängig voneinander bewegen.

Die Kamera nimmt im Abstand von Millisekunden Bilder auf und überträgt sie an einen Speicher. Dort werden die Bilder ausgewertet, das heißt, das System vergleicht, was sich von Bild 1 zu Bild 2 verändert hat. Damit es das kann, wird über jedes Bild ein Dreiecksnetz gelegt, ähnlich wie auch bei Computergrafiken. Da sich von Bild zu Bild nicht alle Dreiecke verändern, muss nur noch abgeglichen werden, wo Veränderungen auftreten. Diese Information wird weitergeleitet und in die Visualisierung der neuen Oberfläche sowie des neuen Logos eingebaut. Die Bildverarbeitung erfolgt in Echtzeit. So hat der Kunde den Eindruck, jede Bewegung und jeder Faltenwurf, den er hervorruft, wenn er sich bewegt, spiegelt sich direkt auf dem Display wider, wie bei einem richtigen Spiegel.

Über einen Touchscreen wählt der Kunde die verschiedenen Varianten und Farben des Kleidungsstücks aus. So können Käufer schnell feststellen, welche Farbe oder welches Muster ihnen am besten steht. Schuhe und Kleidung sollen jedoch erst der Anfang sein. Mit dem virtuellen Spiegel ließen sich auch Brillen oder Schmuck anprobieren.

Update

Auf der Internetseite des Heinrich-Hertz-Instituts finden sich weitere Bilder und Videos, die das Prinzip des virtuellen Spiegels verdeutlichen.

Virtueller Spiegel des Fraunhofer Instituts