SPD und CDU einigen sich bei Internetsperren

Jirko Alex
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Vertreter von SPD und Union einigten sich am gestrigen Abend auf Änderungen das Gesetz zur Sperrung des Zugangs zur Kinderpornografie betreffend. Aus der angedachten Änderung des Telemediengesetzes wird dabei ein Spezialgesetz, das auch weitere Ansatzpunkte von Kritikern abbaut, dabei aber immer noch nicht fehlerfrei wird.

Die neuerliche Fassung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen sieht vor, dass das Telemediengesetz nicht mehr wie ursprünglich geplant um einen neuen Paragraphen § 8a ergänzt wird, sondern in ein neues Gesetz mit dem Namen „Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen“ (kurz: Zugangserschwerungsgesetz – ZugErschwG) überführt wird. Damit soll es schwieriger werden, das Spezialgesetz auch für andere Inhalte zu missbrauchen und über eine zukünftige Entwicklung etwa auf Glücksspiele, staatsfeindliche Internetseiten oder Killerspiele zu erweitern. Darüber hinaus gilt das Gesetz vorerst drei Jahre – bis Ende 2012 – und muss dann noch einmal überprüft werden. Auch nahm man sich der Kritik an der Unkontrollierbarkeit des Bundeskriminalamtes (BKA) an und schreibt nun die Schaffung eines Kontrollgremiums fest, das mindestens fünf Personen mit richterlicher Befähigung umfassen muss. Dieses soll mindestens quartalsweise eine relevante Anzahl von Stichproben durchführen. Wird dabei mehrheitlich festgestellt, dass eine der betrachteten Seiten nicht mehr gegen geltendes Recht verstoße, so ist diese Seite beim nächsten Update durch das BKA von den Sperrlisten zu entfernen.

Während im ZugErschwG allerdings festgeschrieben wird, dass das Expertengremium beim Bundesdatenschutzbeauftragten bestellt werden soll, sieht dieser seine Institution als dafür ungeeignet an. Darüber hinaus bleibt es bei einer nur ungenügenden Absicht, Internetseiten mit kinderpornografischem Inhalt aus dem Netz zu nehmen anstatt diese – vergleichsweise plump über das Domain Name System – zu sperren. So sieht der aktuelle Entwurf zwar vor, dass Angebote erst dann in die Sperrlisten aufgenommen werden sollen, wenn zuvor versucht wurde, sie zu löschen. Dies sei aber auch nur dann anzuwenden, wenn der Anbieter der Inhalte in angemessener Zeit ermittelt werden kann. Inhalte, die außerhalb der EU gelagert werden, können hingegen direkt in der Sperrliste aufgenommen werden. Bei einer solchen Aufnahme soll der Inhalteanbieter darüber informiert werden, dass sein Angebot gesperrt wird und aus welchem Grund dies geschieht. Auch hier gilt, dass das BKA nur dann informieren muss, wenn der Diensteanbieter mit „zumutbarem Aufwand“ zu ermitteln ist.

Im Unterschied zum Gesetzesentwurf von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen ist es laut ZugErschwG nicht mehr erlaubt, Verkehrs- und Nutzungsdaten, die auf Grund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, für die Strafverfolgung zu nutzen. Die Provider sind allerdings weiterhin dazu angehalten, dem BKA anonymisierte Listen über die Zugriffsstatistiken zu übermitteln. Ebenso geändert hat sich, dass öffentliche Stellen wie Universitäten von der Regelung des Gesetzes ausgenommen sind. Das Gesetz betrifft demnach alle Provider mit einem Kundestamm von mehr als 10.000 mit Ausnahme jener, bei denen entsprechende Sperrmaßnahmen bereits durch andere Anbieter vorgenommen werden oder die nicht-öffentliche Netze anbieten und diese entsprechend mit Sperrmaßnahmen versehen.

Bereits am Donnerstag könnte sich der Bundestag auf das neue ZugErschwG einigen. Die Koalitionspartner CDU/CSU und SPD versuchen dabei auch, das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden. Eng dürfte es hingegen für die Petentin der erfolgreichsten Onlinepetition werden, die es bisher in der Bundesrepublik Deutschland gab: Die ePetition warb gegen die geplanten Filterlisten und konnte bis heute über 131.000 Mitzeichner finden. Damit sich der Petitionsausschuss des Bundestages mit dem Anliegen der Petentin befasst, wären weit weniger Unterschriften notwendig gewesen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die Petentin noch vor der Sommerpause angehört wird.

Vielen Dank an unsere Leser Mihail und halninekay
für den Hinweis zu dieser News!

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Ergänzungen aus der Community

  • Anonymous 16.06.2009 17:43
    Auszug aus einer Presseerklärung/ -mitteilung der CDU vom 15.06. - also noch sehr zeitnah

    Damit ist eine gefährliche Entwicklung gestoppt worden. Unter Berufung auf eine angebliche Internetzensur durch den Staat wollten die Linksaußen in der SPD durchsetzen, dass das Internet zum rechtsfreien Raum wird. Die SPD wäre dadurch Gefahr gelaufen, Straftaten im Internet Vorschub zu leisten, von der Vergewaltigung und Erniedrigung kleiner Kinder bis hin zu [b]Urheberrechtsverletzungen in breitestem Ausmaß gegenüber Künstlern und Kreativen[/b]. Allen engagierten Streitern gegen das abscheuliche Verbrechen der Kinderpornografie ist angesichts des Scheiterns der SPD-Linken ein Stein vom Herzen gefallen.
    Quelle dazu: CDU/ CSU Pressemitteilung

    Damit ist nun klar wie und was man mit dem Gesetz vor hat. Mit Kipo will man den Fuß in die Tür stellen und kurz drauf wird die Tür sperrangelweit geöffnet ... und es geht dabei mit Sicherheit nicht nur um Urheberechtsverletzungen ...
  • palooza 17.06.2009 21:55
    ein Schelm wer böses denkt!


    http://www.unpolitik.de/2009/06/15/honi-soit/

    Aber ich wusste ja schon lange dass nicht die Politiker in Deutschland die Macht haben. Und wir Bürger ja erst recht nicht.

    Da die erfolgreichste Petition aller Zeiten niemanden interessiert hat, übertrage ich das mal auf meine Wählerstimme, und werde dieses mal, zum ersten mal in 18 Jahren, nicht zur Wahl gehen.

    Politikverdrossenheit? POLITIKEKEL!
  • MRM 17.06.2009 22:01

    Da die erfolgreichste Petition aller Zeiten niemanden interessiert hat, übertrage ich das mal auf meine Wählerstimme, und werde dieses mal, zum ersten mal in 18 Jahren, nicht zur Wahl gehen. ! "palooza, post: 6207555
    Falscher Weg - denn nicht wählen interessiert kaum jemanden, bzw nützt denen über die du dich ärgerst. Dadurch kannst du diese Parteien nicht bestrafen. Wähle lieber was "Sonstiges" - das kostet denen wenigstens Prozentpunkte und Wahlkampfgelder ...

    Bei dem Thema würde sich natürlich die Piratenpartei anbieten ;)