WikiLeaks verliert US-Hoster

Patrick Bellmer
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Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge hat das Enthüllungsportal WikiLeaks seinen Hoster verloren. Dabei handelt es sich um keinen geringeren als das für Online-Handel bekannte Unternehmen Amazon.

Laut Reuters hat die US-amerikanische Heimatschutz-Behörde – Homeland Security – das Unternehmen, welches neben dem Online-Handel auch zahlreiche Internet-Dienstleistungen anbietet, zu diesem Schritt gedrängt. Der Vorsitzende des zuständigen Senats-Ausschusses Joe Liebermann habe Amazon am Dienstag nach der Zusammenarbeit mit WikiLeaks befragt; am gestrigen Mittwoch teilte das Unternehmen dem Senator dann mit, dass das Portal seine Server nicht länger nutzen dürfe.

Liebermann rief andere Web-Hoster dazu auf, WikiLeaks keinen „Unterschlupf“ zu gewähren. „Ich wünschte, dass Amazon diesen Schritt aufgrund der Veröffentlichung von geheimen Material schon früher gemacht hätte.“, so Liebermann. Und weiter: „Ich rufe jedes Unternehmen und jede Organisation, das oder die WikiLeaks hosten, dazu auf, die Geschäftsbeziehung zu beenden.“.

Seitens Amazon gab es bislang keine Stellungnahme. WikiLeaks kommentierte die Aktion via Twitter: Wenn Amazon sich „so unwohl mit dem ersten Zusatz (der Verfassung, die Red.) fühlt, sollten sie sich aus dem Geschäft mit Büchern zurückziehen.“. Dieser erste Verfassungszusatz garantiert unter anderem die Meinungs- und Pressefreiheit und genießt in den USA einen sehr hohen Stellenwert.

Dass WikiLeaks trotzdem erreichbar ist, ist dem schwedischen Hoster Bahnhof zu verdanken. Seit Mittwochabend ist ein großer Teil des Portals auf dessen Servern abgelegt und aufrufbar.

Warum Amazon sich dem Druck der Heimatschutz-Behörde – die die Einflussnahme zu einem großen Teil bereits eingeräumt hat – gebeugt hat, ist unklar. Laut Ryan Calo – einem Dozenten an der Universität Stanford – wäre das Unternehmen wahrscheinlich nach Bundesrecht vor der Strafverfolgung aufgrund der mittlerweile als „Cablegate“ bezeichneten Affäre geschützt. In seinen Augen wäre es ein gefährlicher Präzedenzfall, wenn Unternehmen wie Amazon nur aufgrund von Nachfragen von Senatoren oder Regierungsmitgliedern und -einrichtungen gleich solche Entscheidungen treffen.

Hintergrund der gesamten Affäre ist die Veröffentlichung von teilweise als „Top Secret“ eingestuftem Material des US-Außenministeriums. Die Rede ist von bis 250.000 Dokumenten, deren Inhalte die Charakteristika von Politikern und Parteien aus aller Welt sind.