Steam VR Event: Budget Cuts zwingt den Spieler in die Knie

Andreas Schnäpp
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Steam VR Event: Budget Cuts zwingt den Spieler in die Knie
Bild: Neat Corporation

Agent 000

Für einen Tag war Seattle die Hochburg der VR-Bewegung: Auf dem Steam VR Developer Showcase präsentierten zwölf Entwicklerteams im Hauptquartier von Valve ihre Spiele für die VR-Brille Vive Pre. Budget Cuts war der erste und zugleich einer der vielversprechendsten Titel, den ComputerBase sich vor Ort ansehen durfte.

Ins kalte Wasser und los

Die Prämisse der in Seattle gezeigten Demo ist einfach: Man nehme einen Spezialagenten in Spe, setze ihn in einem Gebäude voller Wachroboter aus und genieße daraufhin das dargebotene Spektakel, das entsteht, sobald sich der Agent 000 unaufhaltsam in eine ausweglose Situation manövriert. Beispiel? Während ein motorisierter Wachmann den von uns erspähten Zugang in den nächsten Flur nicht aus den kalten Kameraaugen ließ und sich selbst von heranfliegenden Vasen sichtbar unbeeindruckt zeigte, entschieden wir uns für einen riskanten Spielzug: Ohne Rücksicht auf Verluste wurde die „Teleportation Gun“ gezückt, eine Türklinke anvisiert und letztendlich erfolglos an dieser gerüttelt. Das Ende unseres ersten Gehversuchs im Agenten-Alltag war ein bleihaltiges, denn der Wachroboter fand diesen unbeholfenen und umso panischer vollzogenen Infiltrationsversuch weniger imposant als ursprünglich erdacht. Eins zu Null für die Roboterfraktion. Wir kommen wieder.

VR zwingt zum in die Knie gehen

Deutlich weniger peinlich verlief daraufhin der zweite Anlauf, denn wie sich herausstellt, ist geduldiges Auskundschaften der Umgebung schon die halbe Miete: Was uns im ersten Anlauf entging, waren die dezent in der Wand platzierten Lüftungsschächte. Ein bisschen in die Knie gehen, daraufhin mit etwas roher Gewalt am Lüftungsgitter rütteln. Et voilà, der Zugang zum Nebenraum ist dank Portal Gun erreichbar und bietet als Belohnung eine Hand voll Wurfmesser, die uns beim Umgang mit den mechanischen Widersachern behilflich sein sollten.

Die Betonung wurde hierbei bewusst auf das Wort „sollten“ gelegt: Denn während wir beim Ausrüsten der Wurfmesser noch vor Selbstsicherheit strotzten, bot sich beim Versuch diese zu werfen ein geradezu tragisch-komisches Bild für unsere Beobachter aus dem Entwicklerteam: Wurfmesser Nummer eins landete zunächst zwischen den Beinen des Roboters im Boden, dicht gefolgt von Nummer Zwei und Drei, die kurz daraufhin die Wand zu seiner Rechten verzierten. Erst bei Wurfmesser Nummer Vier gelang das rabiate Ausschalten des Roboters, wurde jedoch schon wenige Augenblicke später vom peinlich berührten Aufsammeln der quer im Raum verstreuten Messer abgelöst. Zielsicheres Werfen will gelernt sein – und wenn ein Wurfmesser beim ersten Versuch direkt das anvisierte Ziel trifft, hat das im Gegensatz zu typischen Computerspielen wenig mit Reaktionszeit oder dem Drücken des richtigen Knopfes zu tun, sondern den handfesten motorischen Fähigkeiten des Spielers.

Echte Bewegungen im virtuellen Raum

Doch das Schöne an dieser Anekdote des Scheiterns ist: Jeder einzelne Moment der Tollpatschigkeit zauberte uns ein Grinsen ins Gesicht, denn hinter jeder (selbstverschuldet misslungenen) Aktion stand eine Bewegung, die sich „echt“ anfühlte. Die Lüftungsschächte, die wir im ersten Anlauf übersahen? Ein Problem der Größe: Aus dem Blickwinkel des Redakteurs, einem 2-Meter-Menschen, ging dieses Element der Spielumgebung schlichtweg im peripheren Sichtfeld unter. Es lohnt sich also, in die Knie zu gehen und sich dabei umzuschauen.

Das Alleinstellungsmerkmal der „raumskalierenden“ virtuellen Realität bedeutet eben auch, dass der ganze Raum genutzt werden kann – nicht nur die bequeme Augenhöhe. Zurücklehnen oder Stillstehen und sich passiv berieseln lassen, ist bei Budget Cuts ganz klar Fehlanzeige.

Das Fortbewegungsproblem innovativ gelöst

Nur weil dem VR-Nutzer theoretisch der ganze Raum zur Verfügung steht, bedeutet dies nicht zwangsweise, dass dieser sich auch permanent bewegen möchte: VR-Ermüdung (engl.: VR fatigue) ist ein nicht zu unterschätzender Faktor, den Entwickler beim Ausarbeiten ihrer Steuerungskonzepte im Hinterkopf behalten müssen.

Die von Neat Corporation erdachte Lösung ist so einfach wie genial. Über das Touchpad am Controller können unterschiedliche Hand-Funktionen ausgewählt werden. Wischt man beispielsweise mit dem Daumen in die linke Zone des Touchpads, wird die entsprechende Hand zur Portal-Gun. Ein Schuss auf den Boden liefert einen Ausblick auf die Zielumgebung. Ein weiteres Drücken des Triggers an der Rückseite des VR-Controllers startet daraufhin eine kurze Teleportationsanimation, die als visueller Anker dabei hilft, „Simulation Sickness“ zu vermeiden.

Egal wie schnell wir uns von einem Ort an den nächsten teleportiert haben, nie kam dabei auch nur ansatzweise ein mulmiges Gefühl in der Magengegend auf. Sollten in der Zukunft mehr Entwicklerstudios auf ähnliche Bewegungskonzepte für ihre VR-Spiele aus der Egoperspektive setzen, stehen die Zeichen gut für mehrstündige Erkundungstrips in der virtuellen Realität.

Budget Cuts

Bis Spieler auch hierzulande als VR-Spione ihr Glück versuchen dürfen, müssen sie sich noch etwas gedulden: Auf einen Veröffentlichungstermin haben die Entwickler sich bisher noch nicht festgelegt.

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