Trump-Wahl: Digitalwirtschaft blickt kritisch in die Zukunft

Andreas Frischholz
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Trump-Wahl: Digitalwirtschaft blickt kritisch in die Zukunft
Bild: Marc Nozell | CC BY 2.0

Erstaunen und Fassungslosigkeit waren die verbreiteten Reaktionen, als heute Morgen allmählich klar wurde, dass Donald Trump der nächste Präsident der Vereinigten Staaten wird. Zurückhaltend bis besorgt reagieren nun auch die Vertreter der deutschen Digitalwirtschaft.

Wirtschaftsverbände sind beunruhigt

So erklärt etwa Oliver Süme vom Internetwirtschaftsverband eco: „Der designierte US-Präsident Donald Trump hat sich im Wahlkampf wiederholt in alarmierender Weise gegen die Erhaltung eines freien und offenen Internets positioniert.“ Der Verband hofft nun, dass es sich bei den Ankündigungen in erster Linie um Wahlkampf gehandelt habe und Abkommen wie das Privacy Shield bestehen bleiben.

Dasselbe gelte für den Ausbau staatlicher Überwachung. Süme: „Die von Snowden aufgedeckten Ausspäh- und Überwachungspraktiken US-amerikanischer Geheimdienste haben zu einer weltweiten Verunsicherung der Bürger und einem schweren Vertrauensverlust für das Internet geführt, der noch nicht aufgearbeitet ist.“ Daher wäre es ein „fatales Signal“, wenn die USA nun eine Sicherheitspolitik verfolgen, die bürgerliche Freiheitsrechte im Netz noch weiter einschränken würde.

Allgemeiner fällt derweil die Stellungnahme vom IT-Branchenverband Bitkom aus. Angesichts der Wahl sagt der Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder:

Die digitale Wirtschaft wird weiterhin für Freiheit und internationale Vernetzung eintreten. Sie wird sich für eine Verbesserung des Bildungswesens und den freien Zugang zu Informationen stark machen. Die besten Mittel gegen diffuse Ängste und Populismus sind eine ausgezeichnete Bildung - und ein eigener klarer Kopf.

Generell stehe die digitale Wirtschaft für Grundwerte wie die freie Meinungsäußerung und Toleranz gegenüber Andersdenkenden. Allerdings müssten auch demokratische Entscheidungen respektiert werden, das betreffe auch „die aus deutscher Perspektive erstaunlichen Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen in den USA“.

Netzpolitischer Blick ins Ungewisse

Aus netzpolitischer Perspektive lässt sich nur schwer abschätzen, was eine Präsidentschaft von Donald Trump bringen wird. Die Themen spielten im Wahlkampf keine allzu große Rolle und wenn, waren Trumps Aussagen bestenfalls vage, wie ein Vergleich der Kandidaten-Wahlprogramme von Netzpolitik.org zeigt. Zu Copyright-Aspekten sagte Trump demnach nichts, bei der Netzneutralität ist seine Haltung ablehnend und eine Frage zur Cyber-Sicherheit beantwortete er in der ersten TV-Debatte ausweichend mit der Aussage: „The security aspect of cyber is very, very tough.

Bei der Massenüberwachung ist derweil mit keiner Kursänderung zu rechnen, vielmehr steht eine Ausweitung der entsprechenden Programme auf der Agenda. Angesprochen auf die IS-Propaganda im Netz spielte Trump auch mit dem Gedanken, im Kriegsfall manche Bereiche des Internets abzuschalten. Das Time Magazin zitiert ihn mit den Worten:

I would certainly be open to closing areas where we are at war with somebody. I sure as hell don’t want to let people that want to kill us and kill our nation use our Internet.

Auffällig war Trumps Positionierung im Streit zwischen Apple und dem FBI um das verschlüsselte iPhone von einem der San-Bernardino-Attentäter. Damit der Konzern die Daten entschlüsselt und an die Sicherheitsbehörde übergibt, forderte Trump im Februar sogar einen Boykott von Apple-Produkten. Für das Verschlüsselungsdilemma zeigte er damals nur wenig Verständnis, stattdessen sagte er: „Was glauben die eigentlich, wer sie sind?

Angesichts solcher Aussagen sind viele Netzaktivisten äußerst skeptisch. Cindy Cohn, Executive Director von der amerikanischen Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF), erklärte bereits gestern im Gespräch mit Heise Online: „Alles, was wir von Mr. Trump gehört haben, spricht dafür, dass seine Politik viel schlimmer wird für Freiheit und Sicherheit im Internet als die Politik von Mr. Obama – und die war schon nicht gut.“ Es sind Befürchtungen, die viele in der Tech-Branche und auch deutsche Bürgerrechtler teilen.