Activision Blizzard: Angestellten wird Angst vor Gewerkschaften gemacht

Max Doll
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Activision Blizzard: Angestellten wird Angst vor Gewerkschaften gemacht
Bild: Blizzard

Angestellte von Activision Blizzard streiken aufgrund ihrer Behandlung und der Krisenstrategie. Das Management rät derweil von der Bildung einer Gewerkschaft ab, deren Gründung Mitarbeiter in die Wege geleitet haben.

Eine Anzahl Angestellter des Unternehmens hat seit mehreren Tagen die Arbeit niedergelegt. Der von der ABK Workers Alliance organisierte Streik soll Activision Blizzard zu einem echten Wandel der Unternehmenskultur motivieren und zugleich gegen Entlassungen von Auftragnehmern bei Raven Software protestieren. Die für die Qualitätssicherung zuständigen Mitarbeiter seien nach einer Crunch-Phase aus dem Unternehmen befördert worden, nachdem ihnen angeblich über Monate Gehaltserhöhungen und Festanstellungen versprochen wurden. Umgesetzt wurde dies nur für einen Teil der Abteilung, die Mehrheit habe hingegen gehen müssen.

Die darin zum Ausdruck gebrachte Geringschätzung für Arbeitnehmer hat unter den Angestellten für Aufruhr gesorgt und den Wunsch nach Gründung einer Gewerkschaft verstärkt. Zweifel an einer grundsätzlichen Änderung der Haltung des Unternehmens hatten Belästigungsvorwürfe gegen CEO Bobby Kotick, für den die neue Null-Toleranz-Politik Berichten zufolge nicht gelten soll, sowie ein fragwürdiges Workplace Responsibility Committee geweckt. Belange der Angestellten, so wirkt es aktuell, werden nachrangig behandelt.

Die Communications Workers of America (CWA) sammelt derzeit Unterschriften für die Gründung einer Gewerkschaft. In den USA ist dies ein umständlicher Prozess. Zunächst müssen 30 Prozent der Belegschaft eines Unternehmens sogenannte „union authorization cards“ unterzeichnen. Sie drücken damit den Wunsch aus, von einer Gewerkschaft vertreten zu werden. Erst dann wird von allen Beschäftigen des Betriebs durch einen einfachen Mehrheitsentscheid unter Leitung des National Labor Relations Board (NLRB) in geheimer Wahl über die endgültige Bildung einer Gewerkschaft abgestimmt, die dann Tarif- und andere Verhandlungen aufnehmen kann.

Unternehmen gegen „Unions“

Diese im Labor Relations Act im Jahr 1935 als Teil von Roosevelts New-Deal-Politik festgelegte Verfahren sollte ursprünglich die Bildung von Gewerkschaften vereinfachen. Praktisch geht der Anteil der in Gewerkschaften organisierten Angestellten in den USA aber seit Jahren zurück. Verantwortlich ist eine starke Anti-Gewerkschaftslobby sowie eine auf die Unterbindung von Gewerkschaften spezialisierte Branche, die bereitwillig in Anspruch genommen wird.

Wie Unternehmen dabei in der Neuzeit vorgehen, hat Comedian John Oliver in einer Ausgabe seiner Late-Night-Show Last Week Tonight anschaulich erklärt. Der Einsatz gewerkschaftsfeindlicher Praktiken, das sogenannte „Union Busting“, hat in den USA eine lange Tradition. Auf Spezialisten dieser Art hat Activision Blizzard unmittelbar nach Anklage wegen systematischen Belästigungen zurückgegriffen und damit die grundsätzliche Marschroute vorgegeben: Die angeheuerte Anwaltskanzlei WilmerHale hat sich diesbezüglich einen guten Ruf erworben.

Management schürt Angst

Auch die jüngsten, in einer internen Mail getätigten Äußerungen von Chief Administrative Officer Brian Bulatao sollen Druck auf Angestellte aufbauen. Bulatao weist auf die jüngsten Änderungen im Unternehmen hin und stellt zunächst klar, dass der „direkte Dialog zwischen Management und Angestellten essentiell für den Erfolg“ des Unternehmens sei. Die Unternehmensführung unterstütze darüber hinaus das Recht auf Gründung einer Gewerkschaft. Dann allerdings legt Bulatao dar, dass Angestellte mit der Gründung einer Gewerkschaft das Recht abgeben würden, über ihre eigenen Arbeitsbedingungen zu verhandeln und suggeriert, dieser Prozess könne lange Zeit in Anspruch nehmen, ein direkter Dialog hingegen führe zu schnellen Änderungen, so Bulatao – was von der ABK umgehend eingefordert wird.

Laut Risa L. Lieberwitz, Professorin für Arbeitsrecht an der Universität Cornell, der Washington Post die Mail vorgelegt hat, sei dies die Haltung eines Hardliners, die klar gegen Gewerkschaften gerichtet sei und Druck auf Angestellte ausüben solle, um die Bildung einer solchen Organisation zu verhindern. Sie bewege sich hart an der Grenze zur Illegalität, indem sie suggeriere, dass der versprochene Fortschritt im Bereich der Arbeitsbedingungen an das Ausbleiben gewerkschaftlicher Organisation geknüpft sei.