Nach Sammelklage: Cooks China-Prognose kostet Apple 490 Mio. US-Dollar

Michael Schäfer
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Nach Sammelklage: Cooks China-Prognose kostet Apple 490 Mio. US-Dollar
Bild: matcuz | gemeinfrei

Apple hat einem Vergleich und einer Zahlung von 490 Millionen US-Dollar zugestimmt, um eine Sammelklage in Folge einer mutmaßlich irreführenden Aussage von CEO Tim Cook bezüglich des China-Geschäftes vor Aktionären Ende 2018 beizulegen.

Cook sah keine Probleme in China

Auf einer Konferenz am 1. November 2018 räumte Apple-CEO Tim Cook gegenüber Aktionären ein, dass das Unternehmen in Märkten wie Brasilien, Indien, Russland und der Türkei aufgrund schwächerer Währungen unter Druck stehe und diese Märkte nicht so wachsen würden, wie Apple es sich wünsche.

Die Geschäftsentwicklung in China hatte Cook in dem Gespräch hingegen anders eingeschätzt und nicht zu diesen wachstumsschwachen Regionen gezählt. Im kurz davor zu Ende gegangenen Quartal hatte Apple in der Tat noch ein Wachstum von 16 Prozent auf dem chinesischen Markt verzeichnen können. Dabei erfuhr vor allem das iPhone eine sehr hohe Nachfrage, aber auch andere Produktkategorien sollen stark gewesen sein. Auch daher wurde für das vierte Quartal 2018 ein Umsatz von 89 bis 93 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Doch es kam anders als geplant.

Doch China wurde zum Problem

Entgegen der positiven Prognose teilte Cook im Januar 2019 in einem Brief an die Investoren mit, dass nun doch lediglich mit einem Umsatz von 84 Milliarden US-Dollar zu rechnen sei. Am 29. Januar 2019 gab Apple schließlich einen Quartalsumsatz von 84,3 Milliarden US-Dollar bekannt und bestätigte damit den pessimistischeren Ausblick.

Als Grund für den Rückgang nannte der Apple-CEO das noch wenige Wochen zuvor betonte Wachstum in China, mit dessen Abschwächung das Unternehmen eigener Aussage nach nicht gerechnet habe. So sei der Großteil des weltweiten Umsatzrückgangs im Jahresvergleich auf das chinesische Geschäft mit iPhones, iPads und Macs zurückzuführen.

Kehrtwende bereits nach wenigen Tagen

Dass Apple bereits Wochen zuvor, nur wenige Tage nach der Unterredung mit den Aktionären im November, Zulieferer aufgefordert hatte, ihre Produktion zu drosseln, machte die Situation für das börsennotierte Unternehmen noch prekärer.

Für die Investoren war damit klar, dass der CEO bereits zum Zeitpunkt der Gewinnbenachrichtigung im November 2018 wusste, dass die iPhone-Nachfrage in China rückläufig war, dies aber nicht offengelegt hatte. Apple hat diesen Vorwurf stets zurückgewiesen.

Dass die Investoren Apple nicht einfach so davon kommen lassen wollten, lag an der Entwicklung des Aktienkurses. Bereits am Tag nach der Bekanntgabe der tatsächlichen Zahlen fiel die Apple-Aktie um 10 Prozent und verlor 74 Milliarden Dollar an Marktwert. Zwischen dem 1. November 2018 und dem 31. Januar 2019 verlor die Aktie sogar 25 Prozent an Wert, erholte sich jedoch schnell wieder.

Sammelklage mit immer mehr Teilnehmern

Als Folge reichte der Pensionsfond The City of Roseville Employees Retirement System im April 2019 eine Klage (Nr. 4:19-cv-02033) beim US-Bezirksgericht in Oakland, Kalifornien ein, der sich am 14. August 2019 der Pensionsfond Employees’ Retirement System of the State of Rhode Island anschloss, der daraufhin vom Gericht zunächst als Hauptkläger benannt wurde. Diese Position wurde am 19. Juni 2020 auf den Norfolk County Council als Verwaltungsbehörde des Norfolk Pension Fund mit Sitz in Norwich, England, übertragen, der seitdem als Hauptkläger auftritt. Dieser reichte schließlich eine konsolidierte und geänderte Sammelklage wegen des Verstoßes gegen die Bundeswertpapiergesetze ein.

Apple beantragte daraufhin die Abweisung der Klage, was jedoch im Juni des letzten Jahres von der vorsitzenden Richterin Yvonne Gonzalez Rogers abgelehnt wurde.

Vergleich mit Einschränkungen

In dem nun geschlossenen Vergleich erklärt sich Apple bereit, 490 Millionen US-Dollar an die Aktionäre zu zahlen und damit die Sammelklage aus der Welt zu schaffen. Apple bestreitet zwar weiterhin jegliche Schuld, will aber mit dem Vergleich die Kosten und die Ablenkung durch einen Rechtsstreit vermeiden, wie aus den Gerichtsunterlagen hervorgeht. Der Vergleich gilt allerdings nur für Anleger, die in den zwei Monaten zwischen Cooks Äußerungen und der Umsatzprognose Apple-Aktien gekauft haben. Der Vergleichsvorschlag ist noch nicht in trockenen Tüchern und muss noch von Rogers genehmigt werden.

Apple dürfte die Zahlung allerdings verschmerzen: Bei einem Nettogewinn von 97 Milliarden Dollar im letzten Geschäftsjahr entspricht die Vergleichssumme etwas weniger als dem Gewinn von zwei Tagen.