Lol, wenn ich hier die deutschen Übersetzungen lese "schmeicheln" und "vorbildlich" bin ich froh, auf englisch zu spielen, da war wohl wieder der Übersetzer betrunken.
Ich bin jetzt jedenfalls auch durch, 33 Stunden mit allen Nebenmissionen, bin vom Spiel aber nicht so wirklich begeistert. Verglichen mit meinen Lieblingen Kotor, Neverwinternights und dem Witcher ist Mass Effect eher schlechter, aus folgenden Gründen:
1. Die Spielwelt ist äußerst steril, alle Figuren stehen an einem Platz und bleiben dort, niemand läuft rum, alle reden immer und immer dasselbe, selbst wenn es gar keinen Sinn mehr macht. Es ist ein absoluter Athmosphärekiller, nach langen Reisen durch die Galaxie zur Zitadelle zurückzukommen, und alles ist exakt wie vorher. Der Witcher hat gezeigt, dass auch ein Rollenspiel aktive und kontextsensitive NPCs mit eigenem Tagesablauf haben kann.
2. Flache Charaktere. Ehrlich gesagt konnte ich mich mit keinem anfreuden, Ashley hatte ein bischen Tiefe, der Rest war relativ eindimensional. Liara war die lahme Dorftrutsche schlechthin, warum ich ausgerechnet mit ihr Sex hatte, weiß ich nicht, ich hab mich um Ashley bemüht! Ging wohl nicht. Auch der eigene Charakter bewegte sich nur zwischen den Extremen gesetzestreuer Soldat und Rüpel, eine alte Krankheit von Bioware, das wird langsam langweilig.
3. Kein Humor, die Dialoge sind staubtrocken, wenn ich mich da an die lustigen Szenen bei Kotor erinnere oder an NWN2's Nieschka oder an die Party beim Witcher. Auch deshalb konnte ich mich in die NPCs wenig einfühlen, leiern stundenlang die stereotype Geschichte ihrer Völker herunter und gehen zum lachen wohl in den Keller. Ich hatte deshalb auch keinerlei Gewissensbisse, die langweiligste Figur in die Luft zu jagen, schade.
4. Es gab auch keinen Grund, öfter mal die Party zu wechseln, da alle gleich kampfstark waren und es ansonsten keinen Einfluss auf die Story hatte. Man ist also immer mit den selben unterwegs, die einen ergänzen (bei mir Liara mit ihren biotischen Fähigkeiten und Ashley mit ihrer Knarre), die anderen vergammeln an Board.
5. Keine Rätsel, d.h. zwei, einen Minenlaser und einen Reaktor reaktivieren. Das ist mir zu dünn, Kotor hatte dutzende, von denen sich keine zwei glichen.
6. Langweilige Nebenmissionen, die wenig bis nichts zur Story beitragen und immer nach Schema F abliefen: stundenlang über öde Planetenoberflächen heizen, die immer gleichen Gebäuden von Feinden säubern, die immer gleichen Spiele, um ein paar extra Ressourcen einzusammeln. Dabei tritt die eigentliche Story völlig in den Hintergrund, ich empfehle darum jedem, nur ganz wenige dieser Planetenmissionen zu machen, sonst macht man sich das Spielerlebnis kaputt.
7. Charakterentwicklung motiviert nicht, die Fähigkeiten sind größtenteils unnützt, nach der Hälfte des Spiels hat man bereits die stärksten Waffen und Rüstungen, sodass weiteres Sammeln nicht lohnt. Die Fähigkeiten braucht man höchstens mal bei Bossgegnern, ansonsten war ein Schuss aus meiner Sniperrifle immer tödlich (normaler Schwierigkeitsgrad).
8. Blasse Szenarien, was nützt die schönste Grafikengine, wenn man deren Ressourcen für die wirklich hübsch gestalteten, aber spielerisch unnützen Planeten verpulvert. Von den 4-5 Orten der Hauptmission ist nur Ilos so gestaltet, wie ich es bei einem solchen Spiel erwarten würde (fremde Welten, atemberaubende Alienarchitektur etc). Selbst das alte Kotor hatte sehr viel mehr verschieden aussehende Orte und Architekturen zu bieten.
Insgesamt ist Mass Effect ein actionreicheres Kotor, aber ohne dessen Humor, die vielfältigen Fähigkeiten, die Rätsel, die vielseitigen Level und die Charakterentwicklung. Zudem hat Bioware alle RPG Innovationen hinsichtlich von glaubhaften Charakteren und dynamischen Interaktionen mit NPC's, wie sie der Witcher gezeigt hat, verschlafen. Ein gutes Spiel ist es dennoch, aber kein Meilenstein.