CCC veröffentlicht Fingerabdruck von Schäuble

Jirko Alex
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Demnächst könnte Wolfgang Schäuble im Supermarkt nebenan bezahlen oder in den USA einchecken, ohne wirklich dort zu sein: Sein Fingerabdruck kursiert in der Fachzeitschrift „Datenschleuder“, herausgegeben vom Chaos Computer Club und eine Anleitung zum Übertragen des Abdrucks auf den eigenen Finger liegt auch bei.

Die außergewöhnliche Aktion des Chaos Computer Club (CCC) klingt nicht nur spektakulär, sie hat auch Sinn und vielleicht auch Folgen. Der Club beteuert in jedem Fall, dass es sich um einen echten Fingerabdruck des Bundesinnenministers handelt. Der Abdruck stamme von einem Wasserglas, das Wolfgang Schäuble während einer Podiumsdiskussion benutzt habe und welches dem CCC zugespielt worden sei. In tagelanger Kleinarbeit sei der Abdruck dann konserviert und zu Papier gebracht worden. In dem Magazin, das bereits auf dem Weg zu rund 2.000 CCC-Mitgliedern ist, befinde sich sogar eine Folie, mit der es möglich sein soll, den kopierten Fingerabdruck auf die eigene Fingerkuppe zu übertragen – eine Anleitung liegt bei.

Der Wunsch, dies auch wirklich zu tun, ist dabei nicht nur als Jux zu verstehen: Seit Jahren kämpft der Computerclub gegen die Aufnahme biometrischer Daten in den Reisepass oder den Personalausweis. Mit dem Fingerabdruck könnte nun belegt werden, dass die vermeintlich sichereren Pässe gar nicht so sicher sind. Der Club empfiehlt seinen Mitgliedern jedenfalls, die Attrappe bei möglichst vielen erkennungsdienstlichen Behandlungen einzusetzen. So zum Beispiel „bei der Einreise in die USA, bei der Zwischenlandung in Heathrow, aber auch im örtlichen Supermarkt und – prophylaktisch – beim Berühren möglichst vieler Glasflächen [...].“

In Zukunft sollen weitere Fingerabdrücke folgen. Auf der Wunschliste des CCC steht dabei neben Bundeskanzlerin Angela Merkel auch Günther Beckstein, Ministerpräsident von Bayern. Damit das Poesiealbum nicht leer bleibt, publizierte der Club auch eine Anleitung, wie die entsprechenden Fingerabdrücke konserviert und der Redaktion zugespielt werden können.

Unklar ist bisher, ob die Aktion auch rechtliche Folgen für den Chaos Computer Club haben wird. So habe man sich zwar vorher rechtlich beraten lassen, juristisch bedenklich könnte die Veröffentlichung des Abdrucks dennoch sein. So erklärt Ulrich Wehner von der Berliner Anwaltskanzlei Buchheim und Partner: "Beim Einsammeln der Fingerabdrücke und deren Verwendung bis hin zur Herstellung einer Fingerabdruckattrappe besteht die Gefahr, eine Ordnungswidrigkeit oder sogar eine Straftat zu begehen."

Dem sieht der CCC bisher jedoch recht gelassen entgegen. Zum einen werden die Exemplare der Datenschleuder bereits ausgeliefert und könnten nicht mehr gestoppt werden, zum anderen wäre eine rechtliche Auseinandersetzung auch eine Art von Aufmerksamkeit, die der Club eben gerade auf das Thema lenken will.

In einer ersten Reaktion des Bundesinnenministeriums zeigte man sich ohnehin unbeeindruckt. „Dass man Fingerabdrücke von einem Glas abnehmen kann, ist seit Jahren bekannt“, heißt es dort. Den E-Pass sehe man dadurch jedoch nicht gefährdet. Ob es sich tatsächlich um Wolfgang Schäubles Fingerabdruck handelt, konnte man seitens des Ministeriums noch nicht bestätigen.