Lobby-Gruppe für Wertschätzung von „geistiges Eigentum“

Andreas Frischholz
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Mit dem „Gesprächs- und Arbeitskreis Geistiges Eigentum e.V.“ (enGAGE) formiert sich eine neue Lobby-Gruppe in der Urheberrechtsdebatte, die für den Schutz von „geistigen Eigentum“ werben will. Der Verein soll ein Gegengewicht zu Google und der Netzgemeinde bilden.

Die Urheberrechtsdebatte köchelt derzeit eher auf einem lauwarmen Niveau, nachdem noch im Frühjahr dieses Jahres diverse Kampagnen für eine hitzige Auseinandersetzung sorgten. Mit enGAGE könnte sich die Debatte wieder zuspitzen. Der Verein will Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft miteinander ins Gespräch bringen, um das Bewusstsein für den Wert geistigen Eigentums zu stärken, indem etwa auf Studien und Gesetzentwürfe hingewiesen wird. Laut des Vereinsvorsitzenden Prof. Dr. Rolf Schwartmann erhalte das Urheberrecht derzeit keine ausreichende Würdigung, vor allem durch Internetunternehmen wie Google, die Netzgemeinde und die Piratenpartei.

Deswegen sollen Themen wie die Kulturflatrate oder das Wissenschaftsurheberrecht „bei vier Veranstaltungen im Jahr aus einer wissenschaftlichen Perspektive“ beleuchtet werden. Bei der ersten Podiumsdiskussion waren mit Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) und dem Bundestagsabgeordneten Ansgar Heveling (CDU) zwei Verfechter für ein schärferes Urheberrecht anwesend. Beide diskutierten zusammen mit der ehemaligen Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) und dem Geschäftsführer des Kulturrats; Teilnehmer mit einer kritischen Haltung zum Urheberrecht wurden aber noch nicht eingeladen. Kontroverse Diskussionen sollen erst später folgen, erklärte Schwartmann in einem Interview mit dem Handelsblatt.

Dort gibt Schwartmann sich unabhängig, da man „eine Alternative zu den von Unternehmen finanzierten Forschungseinrichtungen“ sei – womit er auf das Berliner Humboldt-Institut anspielt, das von Google finanziell unterstützt wird. Schwartmann ist in der Urheberrechtsdebatte allerdings selbst kein unbeschriebenes Blatt, sondern war Autor der Studie über das Two-Strikes-Warnhinweismodell für das Bundeswirtschaftsministerium, berichtet Markus Beckedahl auf netzpolitik.org. Vertreter aus dem Wirtschaftsministerium argumentierten mit der Studie für die Einführung des Warnhinweismodells, scheiterten bislang aber am Widerstand aus dem Bundesjustizministerium und den Protesten von Bürgerrechtlern.

Wesentlich kritischer bewertet Beckedahl indes die Unabhängig von enGAGE-Mitarbeiter Dr. Christian-Henner Hentsch, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter für den CDU-Fraktionsvize Günter Krings arbeitet. Krings zählt ebenfalls zu den Unterstützern der Initiative und ist zeitgleich einer der netzpolitischen Hardliner im Bundestag, der beispielsweise als einziger gegen die Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes gestimmt hat. Durch diese personellen Verflechtungen bewertet Beckedahl enGAGE als „CDU-nahe Lobby-Gruppe“.

Krings hat anlässlich der Gründung von enGAGE einen Meinungsbeitrag für das politische Magazin Cicero verfasst, in dem er den Vorwurf wiederholt, Unternehmen wie Google sowie die Piratenpartei, Teile der Grüne und der Bürgerrechtsverein Digitale Gesellschaft würden „geistiges Eigentum“ als überholt betrachten. Dem widerspricht Beckedahl, einer der Vorsitzenden von Digitale Gesellschaft:

Fakt ist, dass wir den Kampf-Begriff “Geistiges Eigentum” ablehnen und stattdessen den Begriff Immaterialgüter verwenden. Soweit ich das nachvollziehen kann, sagen das Piraten und Grüne auch. Niemand will das Urheberrecht abschaffen, sehr wohl wollen es viele reformieren und an das digitale Zeitalter anpassen.

Darüber hinaus spricht Krings sich erneut gegen die „Anonymität des Internets“ aus, die „nicht nur in eigentumsrechtlicher Hinsicht ein Problem“ darstelle. Die Debatte um die Verschärfung des Urheberrechts scheint nach den zuletzt ruhigen Monaten also allmählich wieder Fahrt aufzunehmen.