EU streitet über Datenaustausch mit US-Behörden

Andreas Frischholz
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Das Ausmaß der NSA-Überwachung stößt insbesondere unter den Abgeordneten des EU-Parlaments auf Kritik. Im Rahmen des parlamentarischen Untersuchungsausschuss erfolgen nun konkrete Vorstöße, um das Swift- und das Safe-Harbor-Abkommen auszusetzen. Beide regeln den Austausch persönlicher Daten zwischen der EU und den USA.

EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström hatte gestern erklärt, es bestehe kein Grund, das Swift-Abkommen zu kündigen. David Cohen, Staatssekretär im US-Finanzministerium, habe ihr am Montag versichert, US-Behörden würden nicht gegen das Abkommen verstoßen. Seit dem Inkrafttreten im August 2010 hätte man keine direkten Anfragen nach Finanztransaktionsdaten an das Swift-Netzwerk gestellt. Die aus anderen Kanälen beschafften Swift-Daten würden ebenfalls nicht gegen das Abkommen mit der EU verstoßen.

Das Swift-Abkommen regelt, wie US-Behörden im Rahmen der Terrorismus-Bekämpfung auf Finanztransaktionsdaten von EU-Bürgern zugreifen können, die innerhalb des Swift-Netzwerkes anfallen. Über das Netzwerk wickeln zehntausende Banken, Brokerhäuser und Börsen aus 212 Ländern ihren Zahlungsverkehr ab, täglich fallen bis zu 15 Millionen Transaktionen an. Nachdem aber der Spiegel im September berichtet hatte, dass die NSA im Rahmen der Finanzdaten-Überwachung heimlich die Swift-Datenströme anzapft, drohte sogar die EU-Kommission mit einem Ende des Abkommens. Das wäre der Fall, wenn US-Behörden die Swift-Daten von EU-Bürgern für andere Zwecke nutzen sollten, als es im Vertrag mit der EU vorgeschrieben ist, hatte Malmström erklärt.

Für die EU-Innenkommissarin sind die Vorwürfe nun mehr oder weniger geklärt. Unterstützt wird sie dabei von konservativen Abgeordneten, die die Bedeutung des Abkommens für den Kampf gegen den Terrorismus betonten. Solange keine Klarheit bestehe, dürfe daher ein so wichtiges Abkommen nicht aufgekündigt werden. EU-Abgeordnete der Grünen, Liberalen, Linken und Sozialdemokraten kritisierten hingegen die mangelnde Aufklärung durch die EU-Kommission, niemand habe Ermittlungsbehörden wie Europol eingeschaltet, um die Vorwürfe zu untersuchen. Bis das geschehen ist, sollte das Abkommen ausgesetzt werden. Ein Ende des Swift-Abkommens wäre nach Ansicht der Kritiker fällig, wenn sich der illegale Zugriff auf Finanzdaten durch die NSA beweisen lasse.

Viele US-Unternehmen missachten Safe-Harbor-Abkommen

Am Anfang der Woche hatte sich der Fokus auf das Safe-Harbor-Abkommen gerichtet, das Marktforschungsinstitut Galaxia Research berichtete über zahlreiche Verstöße gegen die Datenschutz-Regulierung. Prinzipiell ermöglicht das Abkommen US-Unternehmen, persönliche Daten von EU-Bürgern unter bestimmten Auflagen in die USA zu übermitteln und zu verarbeiten – trotz des niedrigeren Datenschutz-Niveaus in den USA. Zu den Auflagen zählt etwa, Privatpersonen zu informieren, zu welchem Zweck personenbezogene Daten erfasst und verarbeitet werden. Allerdings haben die Marktforscher festgestellt, dass die Safe-Harbor-Auflagen von 467 der knapp 3.000 beteiligten Unternehmen nicht eingehalten werden. Darunter sollen sich große Organisationen mit über 100 Millionen Kunden befinden. Namen wurden aber nicht genannt.

Kritisiert wird das Abkommen seit geraumer Zeit. Infolge der NSA-Enthüllungen hatte EU-Justizkommissarin Viviane Reding bereits an dem Nutzen von Safe Harbor gezweifelt, ebenso forderten deutsche Datenschützer, das Abkommen – zumindest vorläufig – aufzuheben. Mit Blick auf den NSA-Skandal ist es aber fraglich, wie viel von einem Ende des Abkommens zu erwarten ist – die Überwachungsprogramme des Geheimdienstes sind letztlich nicht auf solche Datenschutz-Vereinbarungen angewiesen. Betroffen wären in erster Linie US-Unternehmen wie Google, Facebook, Apple oder Microsoft.