E-Books: Hartes DRM verliert weiter an Zuspruch

Michael Schäfer
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E-Books: Hartes DRM verliert weiter an Zuspruch
Bild: Zhao ! | CC BY 2.0

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels benennt das harte DRM als größtes Hindernis im Bereich der digitalen Bücher, das vor allem Unternehmen wie Apple oder Amazon in die Hände spiele. Mittlerweile mehren sich auch bei den Händlern Stimmen, die eine Abkehr vom bisherigen System fordern.

In einer aktuellen, nicht repräsentativen Umfrage des Fachblattes Buchreport vertreten 87 Prozent der Befragten die Meinung, dass der jetzige Kopierschutz dem Buchhandel mehr schadet als nützt. Fast genauso viele Befragte fordern darüber hinaus dessen Abschaffung.

Dies ist weniger überraschend, weil der Beratungsaufwand für Händler bei Problemen mit dem verwendeten Rechtemanagement zuletzt immer weiter anstieg. Dies bestätigt gegenüber Buchreportauch der Vorsteher des Börsenvereins Heinrich Riethmüller. Laut Riethmüller, gleichzeitig Geschäftsführer der Sortimentsbuchhandlung Osiander, seien in seinem Unternehmen zwei bis drei Mitarbeiter alleinig damit beschäftigt, Kunden telefonisch bei Problemen mit Download- oder DRM-Problemen zu helfen. Seiner Meinung nach sieht es bei anderen Händlern ähnlich aus.

Einen ungewöhnlichen Weg geht dabei sein Bruder Michael Riethmüller, Geschäftsführer der Buchhandlung RavensBuch und Mitgründer der Initiative „Buylocal“. Sein Vorschlag könnte durchaus Schule machen und Verlage vor ein Problem stellen: Riethmüller will diese ab sofort in die Pflicht nehmen und entstandene Beratungskosten zurück fordern. Einer gewissen Zustimmung kann er sich dabei sicher sein; in der erwähnten Befragung sprach sich mehr als jeder dritte Teilnehmer für diese Vorgehensweise aus.

Aber auch bei den Verlagen findet seit geraumer Zeit ein Umdenken statt: Lediglich noch 44 Prozent setzen bei ihren E-Book-Veröffentlichungen auf hartes DRM, das eine Autorisierung des Lesegerätes über ein Adobe-Konto voraussetzt. Große Verlage wie unter anderem Bastei Lübbe haben mittlerweile erkannt, dass die bisherige Lösung den Kunden eher davon abschreckt, digitale Bücher zu kaufen.

Der Versandhändler Amazon überlässt die Entscheidung über einen Kopierschutz bei Kindle-Büchern den Publishern, was laut Aussage gegenüber ComputerBase sowohl für die traditionellen Verlage als auch das Kindle Direct Publishing gelte. Vorteile beim geschützten Kindle-Format sieht das Unternehmen in Funktionen wie Whispersync für das Weiterlesen an gleicher Stelle auf verschiedenen Geräten. Im Gegensatz zu anderen Online-Händlern wie Thalia ist bei Amazon im Vorfeld jedoch nicht erkennbar, welches Buch mit einem Kopierschutz versehen ist. Die Erkenntnis, dass die jetzigen Schutzmaßnahmen nicht zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen taugen, dürfte mittlerweile in den Chefetagen angekommen sein. Im anhaltenden Jubel über die Schließung der Plattform boerse.bz wurde übersehen, dass diese binnen kürzester Zeit bereits drei Nachfolger erhalten hatte und ähnlich große Plattformen für E-Books noch aktiv waren und sind.

Die Abkehr vom bisherigen Rechtemanagement könnte dabei dennoch zwei Verlierer hervorbringen: Zum einen wäre Adobe zu nennen, das noch zur Frankfurter Buchmesse im letzten Oktober wortstark verlauten ließen, dass hartes DRM auch in Deutschland nach wie vor bei den Verlagen eine hohe Akzeptanz genießen würde. Vorausgegangen war die Einführung des neuen Kopierschutzes ADE 3.0 samt Content Server Version 5.0 Anfang 2014 und die Ankündigung einer für alle Händler verbindlichen Einführung im darauf folgenden Juli. Dieses Vorhaben wurde jedoch nach zahlreichen Protesten der Händler zurück genommen. Auch das Bekanntwerden der Sammelwut von Adobes Digital Editions dürfte das Vertrauen der Nutzer nicht gesteigert haben. Somit könnte Adobe hierzulande ein ähnliches Schicksal erleiden wie in den Niederlanden, wo außerhalb vom Kindle-Universum lediglich zwei Prozent aller E-Books mit hartem DRM veröffentlicht werden.

Der zweite Verlierer in diesem Szenario wäre Amazon. Sollten weitere Verlage vom aktuellen Schutzverfahren Abstand nehmen, würden Kindle-Nutzer dadurch eine größere Auswahl an Bezugsquellen für E-Books erhalten: Durch die einfache Portierung von digitalen Büchern, die lediglich mit einem Wasserzeichen geschützt sind, in andere Formate, könnten diese auch auf Kindle-Readern gelesen werden. Der entgegengesetzte Weg ist aktuell erheblich schwieriger, da Amazon nach wie vor entsprechende Informationen darüber, ob ein E-Book mit oder ohne Kopierschutz ausgeliefert wird, vermissen lässt.

Hinzu kommt, dass die von Adobe und Amazon aktuell eingesetzten DRM-Maßnahmen schon seit geraumer Zeit als nicht mehr sicher gelten und mittlerweile auch von unbedarften Nutzern binnen kürzester Zeit außer Kraft gesetzt werden können.