Netzsperren: BGH sieht Website-Sperrung als letztes Mittel

Tobias Reuter
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Netzsperren: BGH sieht Website-Sperrung als letztes Mittel
Bild: blickpixel | CC0 1.0

Access-Provider wie T-Online und Vodafone sind nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs dazu verpflichtet, Websites mit illegalen Inhalten zu sperren. Allerdings müssen geschädigte Rechteinhaber zuvor versucht haben, ihr Recht auf anderem Wege durchzusetzen. Netzsperren seien nur die Ultima Ratio, so der BGH.

Bevor sich etwa ein Musiklabel an einen Internetprovider wenden und verlangen kann, eine einschlägige Seite mit raubkopierter Musik vom Netz zu nehmen, sind zuvor diverse Maßnahmen seitens des Rechteinhabers vonnöten, den Konflikt auf andere Art zu lösen. Zunächst muss sich das Label an den Betreiber der Seite und den Host-Provider wenden, da diese näher an der Rechtsverletzung seien als die Internetanbieter.

Konkret ging es im Prozess um die Forderung der Verwertungsgesellschaft GEMA an die Deutsche Telekom, eine in Armenien betriebene Seite zu sperren, da dort raubkopierte Musik angeboten wurde. Der Rechteinhaber müsse sich zuvor aber erst aktiv darum bemühen, die Hintergründe der Rechtsverletzung zu ermitteln und den Seitenbetreiber direkt haftbar zu machen, so die Richter. Zu den zumutbaren Maßnahmen gehören etwa das Einschalten einer Detektei und das Erstatten einer Anzeige bei den zuständigen Behörden vor Ort. Erst wenn all diese Versuche scheitern, können Geschädigte von Access-Providern fordern, entsprechende Seiten zu blockieren.

Die GEMA begründet ihre Klage gegen die Telekom mit dem immensen Aufwand, den das Verfolgen der Urheberrechtsverletzer im Ausland mit sich bringe. Da die Server einschlägiger Webseiten auf der ganzen Welt verteilt seien, sei es meist äußerst schwer bis unmöglich, direkt gegen die Betreiber vorzugehen. Daher gelte es, die genannten Seiten auszusperren; diese Aufgabe obliege den Internetprovidern, da es technisch möglich und auch zumutbar sei. Die Telekom verweigerte sich der Forderung der GEMA mit der Begründung, dass Sperren immer umgangen werden und auch unkritische Inhalte treffen können. Zudem stehen Grundrechte der Kunden auf dem Spiel, so die Telekom.

Das Urteil des BGH zur Access-Provider-Haftung betrifft alle Websites mit illegalen Inhalten; dazu gehören neben Angeboten für raubkopierte Musik und Video-Downloads auch rechtswidrige Glücksspielanbieter. Clemens Rasch, Rechtsanwalt für Internet- und Urheberrecht, sprach von einem großen Erfolg“ für die Rechteinhaber; es sei davon auszugehen, dass diese umgehend gegen einschlägige Websites wie The Pirate Bay und Goldesel vorgehen werden.