X299 für Core X: „Alle Boards sind im OC‑Test komplett durchgefallen.“

Update Jan-Frederik Timm
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X299 für Core X: „Alle Boards sind im OC‑Test komplett durchgefallen.“
Bild: Roman „der8auer“ Hartung

Der deutsche Übertakter Roman „der8auer“ Hartung hat scharfe Kritik an den zurzeit für Intels Core-X-Prozessoren angebotenen Mainboards mit X299-Chipsatz geäußert. Vom Übertakten rät er kategorisch ab, weil weder die Stromversorgung der CPU noch die Kühlung der VRMs dafür ausgelegt sind. Enorm hohe Temperaturen sind die Folge.

Viele Platinen versorgen die CPU nur über 8 Pin

Sein erster Kritikpunkt betrifft die separate Stromversorgung der CPU, die bei vielen Platinen nur über einen 8-Pin-Anschluss mit 12 Volt erfolgt. Schon ohne Übertaktung überschreitet der Stromverbrauch einer Skylake-X-CPU allerdings spielend die 200 Watt, wie der Test des Core i9-7900X gezeigt hat, mit Übertaktung auf 4,5 GHz auf allen Kernen ließen sich auch über 300 Watt erreichen. Bei 12 Volt entspricht das einem Strom von 25 Ampere.

Diese Leistung über einen Anschluss mit acht statt acht plus vier Pins zuzuführen, habe im offenen Aufbau zu Temperaturen am Stecker auf der Netzteilseite von 65 °C geführt, direkt am Kabel und im geschlossenen Aufbau sind damit noch höhere Temperaturen zu erwarten. Für den Betrieb des Prozessors innerhalb seiner Spezifikationen sieht Hartung kein Problem, vom Übertakten der CPU auf einem solchen Mainboard rät er aber dringend ab.

Die Kühlung der VRM dient nur der Optik

Doch auch die Platinen mit doppeltem Anschluss für die CPU-Versorgung sieht Hartung als nicht geeignet zum Übertakten an. Hintergrund ist die Kühlung der Spannungsversorgung der CPU, speziell der VRM. Bei einem Takt von 4,5 GHz habe der darauf verbaute Kühlkörper im offenen Aufbau trotz leichtem Luftzug durch die All-in-One-Wasserkühlung bei den drei von Asus, Gigabyte und MSI getesteten Mainboards 85, 85 und 75 °C erreicht. Auf der Rückseite der Platine habe die Temperatur sogar zwischen 106 und 96 Grad Celsius gelegen.

Bei allen drei Mainboards führt das unter Last dazu, dass die CPU periodisch auf 1,2 GHz herunter getaktet wird, um die VRM zu entlasten. Bei MSI geschieht das früher, weshalb die Temperaturen niedriger ausfallen. Die CPU hätte hingegen keine Probleme mit dem Takt gehabt. Ein Gegentest, bei dem der VRM-Kühlkörper durch einen langsam drehenden 120-mm-Lüfter ersetzt (800 U/Min) wurde, resultiert zudem in niedrigeren Temperaturen. Dies zeigt laut Hartung, dass die Kühler nur der Optik dienen.

In Anbetracht des offenen Aufbaus bei seinen Tests zieht Hartung derzeit ein hartes Fazit: „Alle Boards, die hier liegen, sind im Overclocking-Tests komplett durchgefallen. Ich kann keins dieser Boards empfehlen.“ Vorerst sieht er den Einsatz einer Fullcover-Wasserkühlung für die Spannungsversorgung auf Mainboards mit 8- und 4-Pin-Anschluss für die CPU als einzige Möglichkeit, Systeme mit übertakteten Skylake-X-CPUs in den Handel zu bringen, und rät Privatanwendern vom Übertakten ohne Modifikation der Kühlung ab.

Update

In einem Update zu seinem Video aus der letzten Woche hat sich Roman Hartung der zum Teil harschen Kritik an seinem harten Urteil zu den X299-Mainboards angenommen, bleibt in seinem Urteil aber unbeirrt. Die von ihm genutzten Testmethoden inklusive der in Prime95 gewählten Einstellungen stellten zwar einen absoluten Extremfall dar, wurden für andere Plattformen aber ebenfalls so gewählt. Nicht zuletzt, weil ab Werk übertaktete Systeme seines Arbeitgebers Caseking zur Sicherheit mit diesem Extremszenario getestet werden.

Dauerhaft hohe Taktraten bei Skylake-X nur mit hohem Verbrauch

Hartung erläutert auch, welche im BIOS gesetzten Hürden für CPU und VRM er gelöst hat, um die erwünschten Taktraten von 4,5 GHz wirklich dauerhaft zu erreichen. Der CPU mehr Temperaturspielraum und den VRM mehr maximale Leistungsaufnahme zu gewährleisten, hat allerdings einen großen Effekt auf den Verbrauch und damit auch die Temperatur der VRM. Vielerorts hatten Anwender vom selben Erfolg bei deutlich niedrigerem Verbrauch und niedrigeren Temperaturen berichtet. Laut Hartung sind die hohen Taktraten dann allerdings nicht dauerhaft umsetzbar, VRM oder CPU würden immer wieder drosseln. Nicht in allen Programmen sei das aber feststellbar. In Benchmarks wie Cinebench (Download) zeige sich dann aber schnell eine deutlich niedrigere Leistung.

Bestätigen kann Hartung wiederum, dass die Temperatur der Kabel am Netzteil für den CPU-Anschluss nicht bei allen Netzteilen so hoch liegt wie bei seinem Modell von Super Flower, das 65 °C erreichte. Andere Modelle lagen 20 °C darunter. Im Kern bleibt aber auch hier seine Kritik an Mainboards mit nur einem 8-Pin-Anschluss für die 12 Volt der CPU bestehen.

Hersteller unbeirrt in der Kritik

Nicht nur Käufer, sondern auch die Hersteller selbst scheinen Hartung hart ins Gericht genommen zu haben. Doch auch hier bleibt der Übertakter bei seinem Standpunkt und fordert die Industrie abermals dazu auf, beim Design der Kühler wieder weniger auf Optik und mehr auf Funktion zu setzen. Zur Verdeutlichung zieht er ein Z97-Mainboard mit deutlich größeren Kühlkörpern heran, obwohl dafür zertifizierte CPUs weniger als 100 Watt aufgewiesen haben.

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