Huawei MatePad Paper im Test: Augenschonendes Display

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Michael Schäfer
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Der 10,3 Zoll große und in Formfaktor 4:3 gehaltene Bildschirm besitzt eine Auflösung von 1.404 × 1.872 Bildpunkten, was in einer Pixeldichte von 227 ppi mündet. Bei diesem greift Huawei, anders als bei seinen bisherigen Tablets, auf die Dienste des auf digitale Tinte spezialisierten Unternehmens E-Ink zurück, dessen Technologie sich bereits bei E-Book-Readern etabliert hat.

Die Technik besitzt dabei Vor- wie auch Nachteile: Ganz oben auf der Habenseite stehen die bessere Augenverträglichkeit und die Unabhängigkeit von zusätzlichen Lichtquellen bei heller Umgebung. E-Ink-Panels zeichnen sich aber auch durch ihren gegenüber herkömmlichen LC-Displays deutlich geringeren Stromverbrauch aus. Dies liegt daran, dass sie, von der Beleuchtung einmal abgesehen, durch ihre Bistabilität keine konstante Stromversorgung benötigen, sondern nur dann Energie verbraucht wird, wenn sich die Bildschirminhalte ändern. Dann werden die in den Pixeln liegenden Pigmente (im vorliegenden Fall Schwarz und Weiß) neu ausgerichtet und somit die Darstellung geändert. Herkömmliche Panels im Tablet-Bereich müssen dagegen ihr Bild für gewöhnlich 60-mal pro Sekunde oder öfter aufbauen.

Die beiliegende Hülle schützt das MatePad Paper nur bedingt
Die beiliegende Hülle schützt das MatePad Paper nur bedingt

Viele Vorteile

Dadurch, dass das Bild vor allem bei Dokumenten im Grunde nur einmal aufgebaut werden muss und sich erst dann ändert, wenn eine neue Seite aufgerufen wird, besitzen solche Panels in dem Sinne auch keine permanente Bildwiederholungsfrequenz – was wieder die Augen schont.

Darüber hinaus benötigt die E-Ink-Technologie bei normal heller Umgebung keine zusätzliche Beleuchtung, was ebenfalls wieder Strom spart. Lediglich bei weniger optimalen Lichtverhältnissen wird die integrierte Beleuchtung dann aktiviert. Aber auch hier gibt es große Unterschiede zu herkömmlichen Tablets: So benötigen letztere eine permanente Lichtquelle, welche die Inhalte auf der LCD-Schicht im Grunde überhaupt erst sichtbar macht. Das bedeutet nicht nur einen höheren Stromverbrauch, sondern die Lichtquelle muss zudem in ihrer Leuchtkraft heller als das Umgebungslicht sein, sonst können die dargestellten Inhalte nur schwer erkannt werden. Diese Probleme besitzen Displays mit digitaler Tinte nicht – „Je höher das Umgebungslicht, desto besser das Lesen“ ist die einfache Formel. Hinzu kommt, dass Bildschirme mit E-Ink eine matte Oberfläche besitzen, die Spiegelungen minimiert, und auch deswegen besser ablesbar sind.

Besser für die Augen

Aber auch die Position der Beleuchtung im Aufbau des Panels ist entscheidend: So besitzen LC-Displays eine Lichtquelle, die hinter der LCD-Einheit angebracht ist, also eine Hintergrundbeleuchtung und somit eine direkte Beleuchtung. Sie scheint durch die LCD-Schicht hindurch direkt auf das Auge des Nutzers, was im Grunde weniger optimal ist: Auf der einen Seite will sich die Pupille des Auges aufgrund der hohen Leuchtkraft schließen, muss sich aber öffnen, damit die nahen Inhalte scharf dargestellt werden. Das bedeutet im Extremfall für das Auge ein ständiges Hin und Her zwischen den beiden Zuständen, womit auf Dauer (also über Jahre hinweg) die Akkomodationsfähigkeit des Sehorgans nachlässt und mit einer Brille nachgebessert werden muss. Beim E-Ink-Panel besteht diese Gefahr nicht, denn es besitzt eine Vordergrundbeleuchtung, bei der von seitlichen LED-Quellen das Licht mittels einer Folie gleichmäßig über das Display verteilt wird. Hierbei handelt es sich somit um eine indirekte Beleuchtung, die im Grunde mit dem Lesen eines Buches vergleichbar ist: Das Licht wird von der Quelle ausgestrahlt, von der Oberfläche reflektiert und trifft dann erst auf das Auge. Das ist der Grund, warum das Lesen auf einem E-Book-Reader deutlich angenehmer und weniger anstrengend als auf einem normalen Tablet ist.

Gleichzeitig düfen nicht die Nachteile verschwiegen werden. Aktuell ist es noch so, dass E-Ink-Panels deutlich träger agieren als ihre LCD-Pendanten. Dadurch eignen sich entsprechende Bildschirme nicht sonderlich für Inhalte, die sich schnell ändern – also Filme, Spiele und Ähnliches. Darüber hinaus gibt es zwar mittlerweile auch E-Ink-Panels mit einer nativen Farbdarstellung, doch die ist, was die Farbbrillanz angeht, ebenso weit hinter den bekannten Display-Technologien zu verorten – von der noch einmal höheren Reaktionszeit ganz zu schweigen. Zudem müssen bei der aktuell verwendeten Kaleido-Technologie noch Einschränkungen in der Auflösung bei Farbdarstellungen hingenommen werden. Somit besitzen E-Ink-Panels auch in naher Zuknuft ein doch sehr eng umrissenes Nutzungsszenario.

So weit die Theorie, doch wie äußern sich die dargestellten Punkte in der Praxis? Die bereits genannte Auflösung sorgt für eine scharfe Darstellung der Inhalte und kann besonders bei Texten ihre Vorteile ausspielen, auch wenn Huawei lediglich die ältere Carta-Technologie und nicht das neue Carta 1200 verwendet, das bereits bei E-Book-Readern von Amazon und PocketBook Verwendung findet und für schnellere Umschaltzeiten und einen höheren Kontrast sorgen soll.

Huawei MatePad Paper im Test
Huawei MatePad Paper im Test

Auflösung ist nicht alles

Für Tablets mag die Auflösung ungewöhnlich erscheinen, vor allem wenn E-Book-Reader der Klasse 6 bis 8 Zoll zudem eine höhere Pixeldichte aufweisen. Dies ist bei der beschriebenen Technologie aber nicht so sehr maßgebend wie bei herkömmlichen Display-Typen: Auch wenn die Auflösung des MatePad Paper im Grunde Full HD entspricht und bereits Tablets im mittleren Preissegment sie deutlich übersteigen, wirken Texte im direkten Vergleich schärfer. Eine Farbdarstellung besitzt das MatePad Paper nicht, es dürfte auch noch einige Zeit dauern, bis entsprechende Geräte in dieser Größe bezahlbar werden. So werden Inhalte weiterhin in 16 Graustufen angezeigt. Die farblose Darstellung betrifft aber nur die Ausgabe auf dem Tablet selbst. Werden die Inhalte an externe Displays weitergegeben oder Screenshots angefertigt, erscheinen sie in Farbe.

Wenig helles Display

Die integrierte Beleuchtung fällt mit durchschnittlich 64 cd/m² recht gering aus. Auch wenn sie üblicherweise lediglich zur Unterstützung bei ungünstigen Lichtverhältnissen genutzt wird und die Verteilung des Lichtes über eine größere Fläche nach wie vor eine gewisse technische Herausforderung darstellt, realisieren andere Hersteller bei 6 bis 8 Zoll großen Readern bereits Helligkeiten von deutlich über 100 cd/m². Die Ausleuchtung selbst erfolgt dabei zudem recht ungleichmäßig, bei den Messungen reichte die Bandbreite von 59 bis hin zu 69 cd/m². Darüber hinaus neigt das Display auf der linken Seite zu einer Schattenbildung in Form eines deutlich erkennbaren vertikalen Strichs.

Helligkeitsverteilung des MatePad Paper in cd/m²
62 59 64
68 68 64
69 59 63
Durchschnittshelligkeit: 64 cd/m²
Farbtemperatur: 6.050 Kelvin

Die Farbtemperatur der verbauten LED belief sich im Test auf 6.050 K, was ein sehr bläuliches Weiß darstellt. Über einen Blaulichtfilter verfügt das MatePad Paper nicht, hier hat sich Huawei die Leuchtdioden für ein wärmeres Licht einfach gespart.

Nur wenig Optimierung für schnelle Bilder

Während Onyx bei seinem Note Air 2 dem Nutzer vier Modi zur Darstellung von Inhalten in Bezug auf Refresh-Rate und geringer Reaktionszeit bietet, beschränkt sich Huawei beim MatePad Paper auf lediglich zwei Einstellungen: einen normalen Modus, bei dem die Qualität der Anzeige im Vordergrund steht, und einen intelligenten Modus, der für flüssigere Bewegungen sorgen soll, mit dem aber ebenso eine Verringerung der Details einhergeht. Weitere Einflussmöglichkeiten bietet der Hersteller nicht, was sich vor allem auf das Lesen von Texten auswirken kann: Während bei E-Book-Readern der Nutzer zumindest wählen kann, ob bei jedem Seitenwechsel ein kompletter Refresh, also die komplette Neuausrichtung der Pixel, vorgenommen soll, was die generelle Darstellungsqualität erhöht, oder ob dieser in bestimmten Abständen erfolgen soll, was wiederum einen schnelleren Seitenaufbau zur Folge hat. Ein manueller Refresh ist nur umständlich über die Schnellstartleiste möglich, eine Belegung der drei Taster mit einer entsprechenden Funktion wäre dabei die deutlich nutzerfreundlichere Variante gewesen.

Für Texte eignen sich im Grunde beide Modi, die Inhalte werden scharf dargestellt und weisen keine sichtbaren Probleme bezüglich Ghosting, also des Durchscheinens vorangegangener Inhalte, auf. Bei Websites sollte dagegen bereits gezielt in den intelligenten Modus gewechselt werden, damit das Scrollen flüssiger und schneller von der Hand geht. Gerade die Navigation gestaltet sich dadurch einfacher. Mit bewegten Bildern gelangt das MatePad Paper derweil sehr schnell an seine Grenzen. Im normalen Modus wird die Darstellung schnell zum Daumenkino. Im intelligenten Modus werden bewegte Bilder zwar flüssiger angezeigt, dennoch ist die Darstellung in keinster Weise mit der von gewöhnlichen Tablets zu vergleichen. Alleine durch die lediglich 16 Graustufen umfassende Darstellung lassen sich gerade bei dunklen Bildern Konturen nur schwer erkennen und das Dargebotene wird zu einem einzigen Brei. Bei Videoclips kann dabei zumindest noch grob erkannt werden, worum es überhaupt geht. Vor allem bei Actionspielen dürfte der Spieler jedoch bereits „gestorben“ sein, bevor er überhaupt die Möglichkeit für eine Reaktion hatte. Diese Beispiele zeigen somit deutlich, für welche eng umrissene Art von Inhalten sich das MatePad Paper lediglich eignet.

Im Vergleich zum Boox Note Air 2 von Onyx besitzt der Testkandidat somit eindeutig das Nachsehen. Zwar konnte es ebenso wenig an die Qualität „normaler“ Tablets heranreichen, die verschiedenen Modi lassen aber einen gezielteren Umgang mit den jeweiligen Inhalten zu, was in einer qualitativ hochwertigeren Anzeige mündet.