Projektmanagement: Aufstieg oder Show-Stopper

te one

Lt. Commander
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Apr. 2009
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Hallo,

ich habe mich im IT-Bereich ziemlich hochgekämpft: Ausbildung, Fachwirt (Schwerpunkt Projektmanagement), Studium (Master, Uni, Informatik). Alles mit Bestnoten und nebenbei Berufserfahrung (IT im öffentlichen Dienst + später Nebenjob an der Uni).

Nun ist das Studium frisch abgeschlossen und es stehen zwei Bereiche zu Auswahl (ich will unbedingt in die Industrie - weg vom öffentlichen Dienst):
  • Embedded Softwareentwicklung
  • Projektmanagement (muss man hier noch zwischen internen Projekten wie zB Fertigungsumstellung in eigenen Werken und externen Projekten für Kunden wie im Automotive-Bereich unterscheiden?)

Ist das Projektmanagement sowieso die nächste Stufe, die ich als ambitionierter embedded Softwareentwickler erreichen würde? Oder ist das wirklich eine parallele Laufbahn und ich würde mein tiefes IT-KnowHow wegwerfen und hätte nach einem Projektmanager-Job in ein paar Jahren das Problem, dass ich nicht mehr als up-to-date in der Informatik gelte?

Bin über alle Meinungen dankbar. Ich möchte ungerne in 5 Jahren merken, dass ich einen Weg eingeschlagen habe, der mich in eine Sackgasse führt aus der ich nicht mehr heraus komme.
 
Ist das Projektmanagement sowieso die nächste Stufe, die ich als ambitionierter embedded Softwareentwickler erreichen würde? Oder ist das wirklich eine parallele Laufbahn und ich würde mein tiefes IT-KnowHow wegwerfen und hätte nach einem Projektmanager-Job in ein paar Jahren das Problem, dass ich nicht mehr als up-to-date in der Informatik gelte?

Denke das kommt auf das Unternehmen an. Bei uns (6k Mitarbeiter) ist es so, dass die Projektleiter sehr wenig praktisch mit der IT arbeiten. Die kriegen natürlich mit, mit welcher Technologie gearbeitet wird, was gemacht wird usw - aber die arbeiten nicht an der Technik. Entscheidungen werden auch getroffen im Bezug auf die Technik, aber mit der praktischen Umsetzung haben die wenig zu tun.

Was die Wahl angeht: Was willst du denn langfristig? Erfolg + gutes Gehalt, dabei ggf. aber einige Überstunden, Personalverantwortung usw? Oder willst du bei der Technik bleiben?
Die Frage stelle ich mir zurzeit auch noch, da ich "ungewollt" immer mehr in die Organisatorische Schiene rutsche - das macht mir zwar auch spaß, aber eigentlich will ich bei der Technik bleiben.
 
"Leider" muss ich sagen, dass mir ziemlich ALLES Freude bereitet - einzige Ausnahme sind vielleicht vollkommen theoretische Arbeiten oder 0815-Aufgaben. Ich programmiere mal ganz gerne - will das aber nicht ständig tun. Ich grüble gerne über verschiedenen Lösungsvarianten und nutze etwas Mathematik - wenn danach wieder praktische Arbeit kommt. Ich kommuniziere gerne mit Stakeholdern und kläre mal einen Konflikt - muss aber auch nicht ganztägig sein.
Daher suche ich einen Job mit möglichst großer Abwechslung. Dabei stelle ich mir ein gutes Gehalt und mittelfristig auch gerne Personalverantwortung vor.

Im konkreten Fall geht es bei der Projektmanagement-Stelle um ein internationales Unternehmen mit ca. 5k Mitarbeitern (hätte dann auch den Vorteil von Tarifvertrag). Hierbei würde ich wohl die Eröffnung neuer Standorte IT-technisch koordinieren, mit externen Beratern zusammenarbeiten, Softwareentwicklungsprojekte agil betreuen, ...
Ich denke mir halt, dass ich nach diesem Schritt kaum wieder zurück zu den Embedded Systems komme. Andersherum wäre der Wechsel von Embedded Systems in eine Projektmanagement-Stelle wohl problemfrei möglich.

Wo würdest du eine solche Projektmanagement-Stelle bei euch im Unternehmen denn ansiedeln? Steht die (was Ansehen und Gehalt angeht) eindeutig über einem IT-Spezialisten? Oder ist ein Projektmanager eher auf gleicher Ebene - nur eben Management statt IT?
 
te one schrieb:
"Leider" muss ich sagen, dass mir ziemlich ALLES Freude bereitet - einzige Ausnahme sind vielleicht vollkommen theoretische Arbeiten oder 0815-Aufgaben. Ich programmiere mal ganz gerne - will das aber nicht ständig tun. Ich grüble gerne über verschiedenen Lösungsvarianten und nutze etwas Mathematik - wenn danach wieder praktische Arbeit kommt. Ich kommuniziere gerne mit Stakeholdern und kläre mal einen Konflikt - muss aber auch nicht ganztägig sein.
Daher suche ich einen Job mit möglichst großer Abwechslung. Dabei stelle ich mir ein gutes Gehalt und mittelfristig auch gerne Personalverantwortung vor.

Im konkreten Fall geht es bei der Projektmanagement-Stelle um ein internationales Unternehmen mit ca. 5k Mitarbeitern (hätte dann auch den Vorteil von Tarifvertrag). Hierbei würde ich wohl die Eröffnung neuer Standorte IT-technisch koordinieren, mit externen Beratern zusammenarbeiten, Softwareentwicklungsprojekte agil betreuen, ...
Ich denke mir halt, dass ich nach diesem Schritt kaum wieder zurück zu den Embedded Systems komme. Andersherum wäre der Wechsel von Embedded Systems in eine Projektmanagement-Stelle wohl problemfrei möglich.

Wo würdest du eine solche Projektmanagement-Stelle bei euch im Unternehmen denn ansiedeln? Steht die (was Ansehen und Gehalt angeht) eindeutig über einem IT-Spezialisten? Oder ist ein Projektmanager eher auf gleicher Ebene - nur eben Management statt IT?

Hm, das machts natürlich nicht so einfach, wenn dir quasi alles Spaß macht... Kenn ich irgendwie :D Dazu kann ich aber dann auch nicht so viel sagen, da a) selbe Situation, und b) relativ jung, also kann ich da wenig aus erfahrung sprechen.

Was die Stellung der Projektleiter angeht: Ziemlich klar über den IT-Spezialisten. Nicht so wie die direkten Gruppenleiter usw - aber die Projektleiter haben i.d.R. den höheren Stellenwert, und meines Wissens nach auch meist das etwas höhere Gehalt. Da das ganze bei uns aber auch Tarifgebunden ist, sind die Unterschiede im Gehalt in der Praxis nicht so extrem.
Kommt natürlich aber auch auf die Stelle an, Junior-Projektleiter vs Senior-Mainframe-Spezialist usw.
 
Okay, vielleicht findet sich ja noch "ein alter Hase", der uns da aufklären kann ;)

Welchen beruflichen Background haben denn die Gruppenleiter? Ich würde vermuten, dass diese eher aus IT-Spezialisten entstehen, die weitere Verantwortung übernehmen möchten?! Mit meinem reinen Informatikstudium-Hintergrund könnte ich mir eben auch langfristig die Führung von IT-Spezialisten vorstellen. Ich weiß aber nicht wie realistisch das ist, wenn ich nun ins Projektmanagement gehe.

Alles nicht so einfach, wenn man keinen geraden Lebenslauf (Gymnasium, Studium, Arbeit) hat. Viele Jobs scheinen mir einfach kaum verantwortungsvoll und/oder monoton.
 
Snowi schrieb:
Was die Stellung der Projektleiter angeht: Ziemlich klar über den IT-Spezialisten. Nicht so wie die direkten Gruppenleiter usw - aber die Projektleiter haben i.d.R. den höheren Stellenwert, und meines Wissens nach auch meist das etwas höhere Gehalt.

Ist auch meiner Erfahrung nach so. Aber: Wenn du ins Projektmanagement willst ist es aus meiner Sicht sehr von Vorteil vorher im technischen Umfeld gearbeitet zu haben - jedenfalls wenn es um Positionen im Projektmanagement geht, die noch mit technischem Personal besetzt werden (CEOs z.B. sind in der Regel kaum Techniker, wobei es auch da Ausnahmen gibt. Oft in der Autoindustrie z.B. mit Dieter Zetsche oder Martin Winterkorn). Es ist nicht nur für das Selbstbewusstsein bei Projektentscheidungen besser, wenn man Ahnung von der Materie hat oder hatte, es sorgt im Allgemeinen auch für eine höhere Akzeptanz deiner Person bei den Menschen, die du lenken sollst.

In größeren Betrieben ist das nach meiner Erfahrung (vor allem Elektroindustrie, >100k Mitarbeiter) der häufigste Karriereweg für technisches Personal: Man fängt als Entwickler an, lernt die Systeme und Produkte kennen und übernimmt immer mehr Verantwortung. Dann kann man irgendwann Verantwortung für ein Teilprojekt oder ein kleineres ganzes Projekt bekommen oder auch die Hoheit über ein Produkt oder System übernehmen. Damit entfernt man sich immer weiter vom technischen Kern, kennt aber noch die Grundlagen. Irgendwann ist das Wissen natürlich veraltet. Das wäre aus meiner Sicht optimal für dich.

Die Frage ist nun: macht die Firma das so? Wenn das Unternehmen dich vor die Wahl stellt (entweder Projektmanager oder Embedded Entwickler), dann scheint die Struktur dort anders zu sein. Dann wird aber auch der Projektmanager vermutlich gar nicht technisch arbeiten.
 
te one schrieb:
Oder ist das wirklich eine parallele Laufbahn und ich würde mein tiefes IT-KnowHow wegwerfen und hätte nach einem Projektmanager-Job in ein paar Jahren das Problem, dass ich nicht mehr als up-to-date in der Informatik gelte?
Ganzheitlich schwierige Frage, daher werde ich nur einzelne Facetten beleuchten die mir spontan einfallen (bin jetzt als PM unterwegs).

  • Ein Teil des Gehaltes eines PM ist definitiv Schmerzensgeld, meistens muss man viel Reisen (zumindest vor Corona), gammelt mehrere Abende die Woche in irgendwelchen Hotels ab (4 Sterne eher selten), hat bei schlecht laufenden Projekten viel Druck abzufedern (Blitzableiterfunktion) etc.
  • Vom Entwickler zum PM geht jederzeit, ist außerdem eh oft der logische Weg (wenn Ambitionen = freiwillig mehr Verantwortung = automatisch mehr Tätigkeiten, irgendwann Teil PL).
  • Vom PM back to Dev ist nach ein paar Jahren echt schwer wenn nicht sogar unmöglich
  • Gute Dev Teams lassen sich leichter führen wenn man selber Entwickler war
  • als full stack Senior Entwickler ist man definitiv wertvoller als ein normaler PM, von denen gibt es mehr als genug

Ich persönlich würde wohl ein paar Jahre als Dev arbeiten, dort schauen das man mehr Verantwortung übernimmt und nebenbei PM Schulungn absolvieren. Dann geht der Schwenk (wenn man ihn dann noch will) irgendwann recht einfach.
 
Okay, also ich glaube ich musste das für mich selbst jetzt auch nochmal eindeutig trennen:
1. Stelle als Developer im Bereich Embedded Systems
2. Stelle als allgemeiner IT-Projektleiter (eher Standorte anbinden, Softwareentwicklung outsourcen, ....). Hier habe ich ca. 5 Jahre Vorerfahrung als Netzwerkadmin - daher traue ich mir das auch zu.
(Die Stellen sind bei unterschiedlichen Unternehmen)
Blöderweise habe ich einige Dev-Stellen schon abgelehnt weil mir das zu befremdlich erschien: Teilweise Großraumbüro mit gerade so Platz für 2 Monitore. Keinerlei Möglichkeit für etwas Individualismus... Womöglich waren das aber auch einfach nicht die richtigen Unternehmen für mich.

@Mextli Vielen Dank für den ausführlichen Erfahrungsbericht. Ich denke mittlerweile auch, ich sollte wohl erstmal als Softwareentwickler Erfahrung sammeln. Und hieraus kann sich dann das Projektmanagement entwickeln. Und wie du auch schön gesagt hast: PM können relativ viele - als studierter Full Stack Developer ist man aber richtig wertvoll. Wobei ich mein restliches Leben nicht größtenteils vor Programmcode verbringen möchte...^^
 
Als Fullstack-Entwickler kann ich dir sagen, dass ich jederzeit Projektmanager bevorzuge, die Ahnung von der Materie haben und selbst schonmal Code geschrieben haben. Das ist die Augenhöhe und Akzeptanz, von der weiter oben die Rede war.
 
Mein Werdegang: Studium (Wirtschaftsinformatik) --> Softwareentwickler (Java) --> Klassischer Projektleiter (nach rund 4 Jahren Erfahrung in der Entwicklung) --> Scrum Master (nach weiteren 4 Jahren Erfahrung als Projektleiter). Mein Background als Entwickler bringt mir enormen Vertrauensvorschuss bei meinen Teammitgliedern. Dazu kommt, dass ich verstehe, was mein Team erzählt und ich nicht lange eingearbeitet werden musste.
 
Schwere Kiste, wenn dir beides wirklich Spaß macht. Du kannst natürlich in einen kleineren Unternehmen als Mädchen für alles anheuern. Da gibt es durchaus viele Stellen, wo der Entwickler dann ebenso Projektleitung macht. Ist dann i.d.R. aber der kleinere Anteil.

Kleines Unternehmen ist aber auch häufiger verbunden mit Überstunden und niedrigeren Gehalt bzw. generell schlechteren Benefits. Dafür hast du dann Abwechslung und kannst hinter die Kulissen schauen und kriegst im Zweifel von der Angebotserstellung bis hin zur Betreuung am Ende und natürlich alles dazwischen mit.

Und ja, ansonsten denke ich ist der Sprung von Entwicklung zu Projektleitung meist einfacher als wieder zurück.
 
te one schrieb:
Ist das Projektmanagement sowieso die nächste Stufe, die ich als ambitionierter embedded Softwareentwickler erreichen würde? Oder ist das wirklich eine parallele Laufbahn und ich würde mein tiefes IT-KnowHow wegwerfen und hätte nach einem Projektmanager-Job in ein paar Jahren das Problem, dass ich nicht mehr als up-to-date in der Informatik gelte?

Bin über alle Meinungen dankbar. Ich möchte ungerne in 5 Jahren merken, dass ich einen Weg eingeschlagen habe, der mich in eine Sackgasse führt aus der ich nicht mehr heraus komme.


Ich würde hier nicht so hierarchisch denken. Bei den meisten Unternehmen macht es keinen Unterschied, ob du PL/PM/IT-Applikationsmanager/Productmanager oder Entwickler bist. Einerseits ist nur der Teamleiter mit Budgetverantwortung und Zeichnungsrechten die nächste Stufe und anderseits gibt es inzwischen auch viele Entwicklungsprogramme für Fachspezialisten in den meisten Unternehmen. Die nächste fachliche Stufe vom Entwickler wäre dann der Domänenarchitekt/Solutionarchitekt.

Bedenke hier, dass es einfacher ist aus der rein technischen Schiene in das PM zu wechseln als andersherum wieder zurück!

mental.dIseASe schrieb:
Als Fullstack-Entwickler kann ich dir sagen, dass ich jederzeit Projektmanager bevorzuge, die Ahnung von der Materie haben und selbst schonmal Code geschrieben haben. Das ist die Augenhöhe und Akzeptanz, von der weiter oben die Rede war.

Das kann ich so bestätigen. Ich bin quasi beides. Also IT-Manager, der den ganzen Spaß mit Requirementsengineering, Management des Betriebs, Suppliersteuerung und KAM zum Kunden macht, jedoch entwickle ich parallel dazu auch. Das ist bei uns im Unternehmen eher unüblich. IdR sind die meisten IT-Manager von uns früher mal Entwickler gewesen, jedoch merkt man recht schnell, dass manche es nie gelernt haben wie man selbst Software entwickelt oder technologisch nicht mehr folgen können, weil sie zu lange raus sind.
Das macht, wenn ich ehrlich sein soll, den ganzen Entwicklungsprozess manchmal sehr schwergängig, weil das Verständnis für eine gewisse Vorgehenweisen dann nicht da ist.

Mal ein kleines Beispiel:

Auf Managementseite wird nur auf die "Productionreadiness" geschaut und dabei nicht bedacht, dass Qualitätssicherungsmaßnahmen deutlich früher anfangen. Code wird nicht als eigentliches Produkt wahrgenommen, sondern als Werkzeug, was ein fundamentaler Fehler ist. Das endet dann oft darin, dass Anforderungen in Projekten falsch priorisiert werden und dem Entwickler kein Raum/Zeit für Refactoringmaßnahmen und das Schreiben von Test eingeräumt werden. Am Ende wundert man sich dann warum die Software so mäßig ist und bügelt RPA-Tests drüber, die 10mal teuer/aufwendiger sind um die Funktionalität sicherzustellen. In Summe hat man aber immer noch eine schlecht wartbare Codebasis und vermutlich auch einen langen Entwicklungszyklus. Da helfen dann auch agile Frameworks nichts.
 
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