Von Windows Longhorn, der Beta und dem "Big Bang"

Thomas Hübner
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Mehr als 60 Prozent der ComputerBase-Leser nutzen es - Microsofts Windows 2000 und Windows Me Nachfolger Windows XP, welches seit fast zwei Jahren (Ende August 2001) am Markt vertreten ist. Der Erfolg kommt dabei nicht von ungefähr: Es ist stabil und schnell.

Nicht nur das. Auch die Hardware-Hersteller unterstützen es auf ganzer Linie. Für Microsoft ist Windows XP ein klarer Erfolg und entsprechend gering ist der Druck auf den Softwareriesen, ein neues Betriebssystem auf den Markt zu bringen. Man hat quasi alle Zeit der Welt, um den Windows XP-Nachfolger mit mehr Neuerungen als in den vergangenen Jahren wie bei Windows 95, 98 oder Me gesehen, an den Start gehen zu lassen. Wird Windows Codename Longhorn so revolutionär wie zu seiner Zeit Windows 95? Viel wurde in den vergangenen Wochen und Monaten über das neue Betriebssystem geschrieben, welches sich derzeit in der frühen Alpha-Phase befindet. Die letzte Version, von der man weiß, war Milestone 6 (M6), welche bereits erste Ansätze der neuen graphischen Oberfläche Avalon zeigte. Als Grafikkarte peilt Microsoft aktuell Modelle mit 128 MB Grafikspeicher und DirectX 9.0 Features an, um Longhorn in voller Pracht genießen zu können. Schon in dieser Hinsicht ist das nächste Windows etwas Besonderes - die weiter gestiegenen Hardware-Anforderungen.

Allerdings gibt es hierfür auch gute Gründe, denn unter der Haube von Longhorn wird sich bis zur Fertigstellung irgendwann im Jahre 2005 einiges getan haben. Bereits jetzt scheint klar zu sein, dass es mit Longhorn ein neues Datenbank basierendes Dateisystem geben wird. Grundlage hierfür wird die neue SQL-Version von Microsoft sein, welche sich derzeit unter dem Codenamen Yukon in der Entwicklung befindet. Dieses scheint übrigens auch für einige Kompatibilitätsprobleme mit aktuellen Anwendungen zu sorgen. Insbesondere trifft dies auf Anti-Viren-Programme zu, die bei Longhorn voraussichtlich auf eigene APIs (Application-Program Interfaces) zurückgreifen werden können.

Außerdem möchte Microsoft mit Windows Longhorn dem aktuellen Nebeneinander verschiedener Windows-Versionen wie bei Windows XP mit Windows XP Home, XP Professional, Tablet PC und Media Center ein Ende bereiten: Die neue Windows-Version soll aus diesem Grund modular aufgebaut sein.

Auch Bill Gates, Microsoft Chairman und Chief Software Architect, hat sich auf dem kürzlich abgehaltenen Analysten-Meetings zu Longhorn geäußert. "Longhorn is a bit scary. [...] We have been willing to change things" übersetzt etwa "Longhorn macht ein bisschen Angst. [...] Wir waren bereit, Dinge zu ändern" so Gates. Longhorn, das Schreckgespenst? Jedenfalls rechnet Micrsoft, dass gut zwei Jahre nach dem Erscheinen von Longhorn vergehen werden, bis es von der breiten Masse akzeptiert werden wird. Generell ist es wohl noch ein weiter Weg bis zum fertigen Windows. So steht man noch vor der Entscheidung, welche Features letztendlich im neuen Betriebssystem einen Platz finden werden: "Longhorn is innovative [...] there is a lot of work to be done in terms of what has to go in and what has not". Für Gates kommt darüber hinaus das Ausklammern spezieller für Longhorn geplanter Funktionen, um eine frühere Fertigstellung gewährleisten zu können, nicht in Frage: "If you split it up, then you delay one of the really great pieces".

Laut Microsoft sei eine Beta von Longhorn für Entwickler für Oktober vorgesehen, für Beta-Tester wird eine entsprechende Version frühestens zum Jahreswechsel zur Verfügung stehen. Parallel zur Entwicklung von Longhorn möchte man bis zur Fertigstellung übrigens auch eine neue Office Version (eventuell Office 11 bzw. Office 2005) und eine neue Server-Version zur Produktionsreife geführt haben. Auch bei weiteren Anwendungen stehen neue Versionen an: Ein "Big Bang" wie bei Windows 95, welches zusammen mit vielen neuen Anwendungen an den Start ging, sei auch für Longhorn geplant, so Gates.