Conroe und Woodcrest zum Start mit über 3 GHz?

Thomas Hübner
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Intel hat im Rahmen seines diesjährigen Entwicklerforums erstmalig Details zu seiner Prozessorarchitektur der nächsten Generation bekannt gegeben. Das Beste aus der Welt des Pentium 4 (Netburst) und der des Pentium M (Banias) soll die neue, noch namenlose Architektur dabei in sich vereinen.

Von der Netburst-Architektur, die im Pentium 4 oder dem Pentium D zum Einsatz kommt, fließen der Frontside-Bus (Quad-Pumped-Bus), die 64-Bit-Erweiterung (EM64T) und weitere *T wie die Virtualisierungstechnologie Vanderpool (VT) oder LaGrande (LT) ein, um nur einige Vertreter zu nennen. Von der Pentium-M-Architektur – erster Vertreter war hier der Banias – sollen dagegen „nur“ die Stromsparoptimierungen Einzug halten. Da Stromsparen jedoch schon mit den Transistoren oder dem Layout der Logik-Schaltungen beginnt, verbirgt sich dahinter ungleich mehr.

Und mal ehrlich: Features wie der Quad-Pumped-Bus sind auch dem Pentium M nicht fremd – der im Januar 2006 kommende und in 65 nm gefertigte Dual-Core-Pentium-M „Yonah“ wird darüber hinaus auch „Vanderpool“ bieten. Kritisch betrachtet wird in der neuen Architektur, abgesehen von der 64-Bit-Erweiterung, nur wenig vorhanden sein, was nur NetBurst bot. Nicht grundlos hat Intel bisher Abstand von Hyper-Threading genommen, denn das – so scheint es – war nur mit NetBurst wirklich einfach zu realisieren. Doch wen soll das großartig stören, denn schließlich sind zwei reale Kerne zweifelsohne zwei virtuellen vorzuziehen.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass alle bislang angekündigten Prozessoren auf Basis der neuen Architektur mit mindestens zwei realen Prozessorkernen aufwarten können. Sei es nun Merom (Mobile), Conroe (Desktop), Woodcrest (DP-Workstation) oder Whitefield (MP-Workstation), der sogar mit vier Prozessorkernen glänzt.

Auf dem Intel Developer Forum Fall 2005 gab der Halbleiterriese nicht nur erste Details bekannt, vielmehr konnte er seine Entwicklungsergebnisse bereits in Form von lauffähigen A0-Samples unter Beweis stellen. Vom Conroe gab es sogar den Chip selbst zu sehen – selbst Woodcrest mit seinem Sockel 771 lag eine Zeit lang auf den Tischen herum.

Das Silizium ist also lauffähig, doch mit welchem Takt, das wollte Intel nicht verraten – und schon wurde wieder spekuliert. Wo wir wieder beim Erbe des Pentium M wären. Denn mal ehrlich, eine 14 Stufen lange Pipeline hat nur noch wenig mit der des aktuellen 31-stufigen „Prescott“- oder „Smithfield“-Kerns im Pentium 4 und Pentium D zu tun. Mit dem (angeblich) 12-stufigen Pentium M dagegen schon eher. Ein weiteres Indiz ist der gemeinsam genutzte L2-Cache, der auch beim Yonah anzutreffen sein wird. Und wem das noch nicht reicht, dem sei gesagt, dass der Merom im israelischen Haifa entwickelt wurde – also dort, wo auch der Pentium M entsprungen ist. Auf der Basis dieses Mobil-Chips der nächsten Generation wurde auch die neue Architektur für das Desktop- und Workstation/Serversegment entwickelt.

Die neue Architektur ist „fast“ ein Pentium M und damit einhergehend wurde erwartet, dass auch im Takt ein deutlicher Gang zurückgeschaltet wird. Der schnellste Pentium M taktet derzeit mit 2,26 GHz (Modell 780); mit dem Dual-Core-Yonah wird Intel in der zweiten Hälfte des nächstes Jahres mit 2,33 GHz aufwarten können. Dass der Pentium M bereits jetzt wesentlich mehr kann, mussten wir selbst mit Erstaunen feststellen – bis 2,8 GHz waren mit Luftkühlung möglich. Dabei konnte er selbst mit 2,6 GHz die Konkurrenz deutlich hinter sich lassen.

Wie nun aus entsprechenden Unterlagen hervorgeht, wird Intel seinen Workstation-Prozessor auf Basis der neuen Architektur, Codename „Woodcrest“, wie alle seine bisherigen Produkte auch, ins Embedded-Programm aufnehmen. Im Rahmen dieses Programms garantiert Intel eine besonders lange Verfügbarkeit dieser CPU, indem einfach ein größeres Lager angelegt wird. Dementsprechend wenig Auswahl hat der Kunde hier beim Takt.

Vom Pentium 4 ist beispielsweise nur der Pentium 4 mit 3,4 (551) und 3,0 GHz (531) als Sockel-775-Version im Embedded-Programm, obwohl dieser inzwischen bereits mit bis zu 3,8 GHz und oder auch mehr L2-Cache (600er-Serie) angeboten wird.

Ein weiteres Beispiel: Der kommende Dual-Core-Pentium-M „Yonah“ wird zum Start mit 2,16 GHz verfügbar sein, ins Embedded-Programm wird nur das 2,0 GHz-Modell aufgenommen. Auch bei den Workstation-Prozessoren ist das kaum anderes.

Vom Woodcrest wird ein Modell mit 4 MB Cache, einem wahrscheinlichen 1066 MHz (real 266 MHz) schnellen Frontside-Bus und einem Prozessortakt von 2,93 GHz als Embedded-Version angeboten. Auch wenn Intel mit dieser Aussage nicht übermäßig viel verraten hat, so ist doch überraschend, dass die neue Architektur bereits vom Start weg so schnell taktet. Insbesondere dann, wenn man bedenkt, was ein Single-Core-Pentium-M mit 2,6 GHz bereits jetzt zu leisten im Stande ist.

Rein rechnerisch müssten Prozessoren auf Basis der neuen Architektur, unter der Annahme, dass die Pipeline des Pentium M tatsächlich 12 Stages lang ist, ungefähr 17 Prozent höher takten, um die gleiche Datenmenge durch die Pipeline zu schicken – bei 2,6 GHz also etwas über 3 GHz, ohne dabei den zweiten Prozessorkern zu berücksichtigen. Mit zweitem Kern würde man bei synthetischen Messungen mit 1,5 GHz hinkommen. (Bei dieser Rechnung wurden selbstverständlich Besonderheiten, wie die nun vierfache skalare Pipeline, vernachlässigt).

Was sagt das nun über Conroe und Woodcrest aus? Nun, in der Vergangenheit hatten Desktop- und Workstation-Prozessor bis auf den Sockel immer recht viel miteinander gemein. In Sachen Takt war die Desktop-Version in der Regel jedoch überlegen. Während der mit 3,8 GHz taktende Pentium 4 670 bereits seit Mai am Markt verfügbar ist, steht die Vorstellung der entsprechenden Xeon-Variante erst am 25. September auf dem Plan.

Die Workstation-Version taktet in der Regel also langsamer. Darüber hinaus werden in das Embedded-Programm üblicherweise nicht die schnellsten Modelle aufgenommen – sieht ganz danach aus, als würde Intel gleich zum Start seiner neuen Prozessorarchitektur die 3-GHz-Schwelle nehmen und obendrein noch den Stromverbrauch von aktuell 130 auf 65 Watt (Desktop) senken. Na das klingt doch gut!

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