Bundesinnenminister ist Netzsperren zugeneigt

Jirko Alex
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Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat sich in einem Interview mit der Tagesschau zahlreichen Zuschauerfragen gestellt. Darunter fanden sich auch Äußerungen zu Themen wie der Vorratsdatenspeicherung und Netzsperren zur Bekämpfung von Kinderpornografie.

Zum Thema Vorratsdatenspeicherung demonstrierte der Bundesinnenminister Unterstützung für einen erneuten Anlauf, die Bestrebungen in verfassungskonformen Gesetzestext zu überführen. Das ursprüngliche „Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG“ wurde mitsamt der einhergehenden Änderungen des Telekommunikationsgesetzes Anfang März dieses Jahres vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) als verfassungswidrig bezeichnet und außer Kraft gesetzt. De Maizière verwies allerdings darauf, dass die Vorratsdatenspeicherung nicht als unmöglich identifiziert wurde, sondern nur der bis dato beschrittene Weg nicht mit dem Grundgesetz vereinbar gewesen sei. Eine Neuausarbeitung sei daher möglich und notwendig: „Die Vorratsdatenspeicherung halte ich deswegen für nötig, weil es bei bestimmten Fällen schwerster Kriminalität - insbesondere solcher, die nur im Internet begangen werden, sonst nicht möglich wäre, die entsprechenden Straftaten aufzuklären. Das nennen wir eine Schutz- oder Sicherheitslücke und die muss nach meiner Auffassung geschlossen werden“, so der Bundesinnenminister in dem Interview.

Auch beim Thema Netzsperren unterstützt de Maizière weitere Anstrengungen, die Sachlage neu zu bewerten. Er kritisierte vor allem die sehr einseitige Diskussion zum Thema „Löschen statt Sperren“. Nachdem das Zugangserschwerungsgesetz zwar verabschiedet, von den Regierungs- sowie Oppositionsparteien allerdings nicht mehr in der Form unterstützt wird, kreiste die Diskussion nach Meinung des Ministers um die „entweder oder“-Frage. Es sei aber zu bedenken, ob nicht das Löschen und Sperren gleichermaßen praktiziert werden sollte. „Das Löschen der Seiten ist keine Lösung - sondern nur temporäres Verbannen von der Seite“, so de Maizière weiter. Er betonte darüber hinaus, dass es keine Frage der Netzfreiheit oder der Zugangssperren sei, sondern dass es einen Weg gäbe, „Kinderpornographie zu bekämpfen ohne die Freiheit des Internets aufzugeben“.

Ob ihm aber wirklich an einer ausgeglichenen Diskussion um das Thema der Netzsperren liegt, vermittelte de Maizière kaum. Auch er hantierte mit den bekannten Totschlagargumenten der Netzsperrenbefürworter, indem er etwa auf andere europäische Länder verwies, die entsprechende Sperrlisten bereits einsetzten. Diese funktionierten gut, so der Bundesinnenminister, ohne dabei aber zu spezifizieren, was „gut“ ist. Dass beispielsweise die überwältigende Mehrheit der Webseiten mit kinderpornografischen Inhalten auf europäischen und US-amerikanischen Servern liegt, die für die hiesige Justiz erreichbar und damit löschbar sein sollten, wird in diesem Kontext gerne verschwiegen. Auch sprach de Maizière einmal mehr vom „rechtsfreien Raum“, den das Internet nicht darstelle und den es nicht geben dürfe. Gerade das fordern aber auch viele Netzsperrengegner, indem sie zur Löschung der rechtswidrigen Inhalte aufrufen.