E-Book-Reader sind „der Fuß in der Tür“

Patrick Bellmer
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Während in den USA inzwischen teilweise mehr „elektronische“ als gedruckte Bücher verkauft werden, konnte man den hiesigen Markt bislang durchaus als überschaubar bezeichnen. Spätestens mit der vermehrten Vorstellung eigener Anzeigegeräte will nun aber auch der deutsche Buchhandel stärker das Interesse am E-Book wecken.

Aber nicht nur einzelne Händler wollen auf diesen Zug aufspringen, die gesamte Branche setzt mehr und mehr auf „E“. Maßgeblich mit daran beteiligt ist der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der Interessenverband deutscher Verlage und Buchhändler, sowie der Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels (MVB), eine Tochter des Börsenvereins.

Interview mit Ronald Schild

Auf der Frankfurter Buchmesse hatten wir nun die Gelegenheit, mit Ronald Schild – Geschäftsführer bei MVB – über die Entwicklung des E-Book-Marktes zu sprechen. Nicht zuletzt aufgrund seiner früheren Tätigkeit bei der deutschen Amazon-Niederlassung verfügt Schild über umfangreiche Kenntnisse in diesem Bereich. Seiner Meinung nach steckt der Markt im Vergleich zu den USA noch in den Kinderschuhen, der Anteil der E-Books wird in diesem Jahr voraussichtlich bei nur etwa zwei Prozent liegen.

Zurückzuführen sei dieser niedrige Wert in erster Linie auf die bislang geringe Anzahl an verfügbaren Anzeigegeräten, so Schild. In den USA habe sich gezeigt, dass eine Steigerung der Anzahl an E-Readern auch den Verkauf der E-Books mit sich gebracht hätte. Laut Schild sei der Reader „der Fuß in der Tür“, auf diesem Wege seien neue Kunden am ehesten zu gewinnen. Deshalb sei es gerade für die deutsche Verlage und Buchhändler wichtig, dass insbesondere preiswerte Geräte neu auf den Markt kommen würden. Allein das Anbieten von Apps für die verschiedenen Plattformen wie iOS oder Android reiche als Einstieg in den noch jungen Markt nicht aus. Allerdings heiße das nicht, dass man darauf verzichten will: schließlich will oder könne der Besitzer eines E-Book-Readers nicht immer auf diesem Gerät lesen, in machen Situationen sei die Nutzung von E-Books am PC, Smartphone oder Tablet einfach besser.

Bis zu 4 Millionen Geräte in 2012

Dass hohe Preise für die Technik abschreckend wirken können, dürfte dabei keine ganz neue Erkenntnis sein. Denn auch Amazon hat mittlerweile erkannt, dass neben hochpreisigen auch eher weniger gut ausgestattete Geräte wichtig sind, um den E-Book-Absatz anzukurbeln. Schilds Meinung nach werden Geräte wie der erst in dieser Woche angekündigte eBook Reader 3.0 von Weltbild/Hugendubel für knapp 60 Euro ohne großes vorheriges Überlegen gekauft. In diesem Jahr sollen allein von diesem Modell etwa 100.000 Exemplare über die Ladentheken der dazugehörigen Filialen gehen, insgesamt rechnet Schild mit 500.000 verkauften Reader in diesem Jahr, 2012 sollen es dann deutlich mehr sein: „Für das kommende Jahr kann man diese Zahl sicherlich vervierfachen.“.

Nicht nur auf den geringen Preis sei aber die Wahl der bei den Readern verwendeten Technik zurückzuführen, so Schild. Es zeige sich, dass der Kunde mittlerweile deutlich mehr Wert auf Farbdarstellung und andere Vorteile von LC-Displays lege, Akkulaufzeit sowie Darstellungsqualität wären eher nebensächlich. Durch die Verwendung von LCDs ergeben sich aber noch weitaus mehr Vorteile. So sind gerade Kinderbücher oftmals illustriert, was auf eInk-Anzeigen gar nicht oder nur unbefriedigend darstellbar ist. Probleme haben diese Displays aber auch bei komplexen Layouts wie zum Beispiel bei Reiseführern oder Sachbüchern.

DRM bleibt Thema

Mit steigender Popularität wachsen aber auch die Probleme. Erst in den vergangenen Wochen wurden Stimmen innerhalb der Branche laut, die schärfere Sanktionen für „Raubkopierer“ fordern. Laut Schild sei dies aber nicht die Meinung aller Verlage. Ähnlich wie in der Musik- oder Spieleindustrie gibt es auch dort Anbieter, die komplett auf DRM verzichten. In der Mehrzahl wird aber auf das sogenannte Hard-DRM – beispielsweise via Adobe Digital ID – oder Social-DRM gesetzt. Letzteres besteht meist aus einem Wasserzeichen, welches nur mit viel Aufwand zu entfernen sei.

In Bezug auf kommende Reader-Generationen ist Schild sich sicher, dass diese sicher eher an Amazons Kindle Fire als an reinrassigen eInk-Geräten orientieren werden. Damit könne man ein Gerät für fast alle Medien nutzen. Und auch in Größe und Formfaktor sollen künftige Modelle eher an Tablets erinnern. Wunder erwartet die Branche aber nicht: Auch wenn die Zahl der verkauften E-Book-Reader sich vervielfachen soll, der Anteil der E-Books am gesamten Büchermarkt soll 2015 nur bei circa sieben Prozent liegen.