Publisher nimmt Stellung zu Raubkopien & Innovationsarmut

Max Doll
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Publisher, besonders die Branchengrößen, gelten unter Spielern gemeinhin als das Böse schlechthin. Gegenüber Kotaku hat ein zumindest echt wirkender Insider aus einem nicht näher genannten großen Konzern sich den Fragen der dortigen Community gestellt und so einen Einblick in die dunkle Seite der Macht gegeben.

Wie der als AnonPublisher auftretende Mitarbeiter grundsätzlich erklärte, sehen sich die großen Firmen nicht als Promoter von Ideen oder kleinen Studios, sondern immer als Investoren. Demnach steht also ein Gewinn an erster Stelle. Dabei handle man aber nicht nur nach wirtschaftlichen Kriterien, die manche Nutzer in ihrer Kritik nicht berücksichtigen würden, sondern könne tatsächlich „auch gerade heraus böse sein“. Das Handeln der Publisher sei ansonsten geprägt von Risikomanagement und Profitdenken, wobei Bauchentscheidungen immer zu schlechten Resultaten geführt hätten. Entsprechend würden unbekannte Entwickler weitaus mehr Überzeugungsarbeit leisten müssen – und unvorteilhafte Bedingungen diktiert bekommen.

Die Einstellung gegenüber Entwicklern hänge überdies von deren genereller Position ab. Wenn ein Spiel durch den Publisher komplett finanziert werden soll, werden die Rechte daran immer als Teil des Deals eingefordert. Die einzige Chance sich als Studio dem zu erwehren ist demnach, die Entwicklung zumindest zum größten Teil selbst zu bezahlen. Nichtsdestotrotz werde der Publisher dennoch versuchen, sich die lukrativen Rechte an der Marke zu sichern. Je nach Menge an investierten Mitteln wird die Firma laut AnonPublisher außerdem versuchen, Einfluss auf das Produkt zu nehmen, wobei hier unter anderem die Herkunft des Konzeptes, die Fähigkeiten des Entwicklers sowie der Status des Projektes eine Rolle spielen würden.

Auf die Rückfrage eines Nutzers nach dem „Diktat des oberen Managementes“ entgegnete der Insider, dass Forderungen des Publishers, die sich auf Marktforschungen gründen, wohl kaum „diktiert“ seien, sondern eher wohl begründet. Call of Duty etwa würde sich speziell an solchen Erkenntnissen orientieren und deshalb nicht weniger Spieler ansprechen, trotz lautstarker Kritik der Core-Gamer, sondern eine viel breitere Zielgruppe.

Schwierigkeiten mit Innovationen

Auf die Innovationsarmut und die Rolle der Publisher angesprochen, erklärte der Unbekannte, auch er habe im Rahmen seiner Tätigkeit schon vielversprechende Ideen fallen gelassen, weil man, ginge es um eigenes Geld, Dinge mit anderen Augen sehe. Neue Marken und Konzepte sind deshalb für diese Konsolengeneration nicht mehr zu erwarten, da mit Beginn der nächsten Generation die Chance steige, dass Kunden sich diesen auch annehmen würden. Mit Verweis auf interne Analysen erklärte AnonPublisher außerdem, dass sich normalerweise von wenigen Ausnahmen abgesehen diese neuen Marken eben nicht verkaufen würden, weil Spieler auf bewährtem beharren würden.

Beispielsweise seien weder Mirrors Edge noch Dead Space aus EAs „Innovationsoffensive“ kommerziell erfolgreich genug gewesen. Entsprechend wird angeboten, was sich auch verkauft. Entwickler wie Peter Molyneux sehen das Problem hingegen weniger auf Kunden- als vielmehr auf Publisherseite oder wie DICE bei den Studios selbst.

Für die viel kritisierten Day-One-DLCs gilt demnach daselbe: Solange die Einnahmen aus diesen höher liegen als die Entwicklungskosten, wird kein Publisher darauf verzichten – auch hier hat der Kunde die Zügel in der Geldbörse. Dies spielt insbesondere eine Rolle, weil gute Spiele sowohl kompliziert zu erstellen als auch sehr teuer sind, wie der Insider erklärt. Denn Kunden würden logischerweise nur Spiele kaufen, die „das Beste vom Besten“ sind. Genau solche zu programmieren verursacht jedoch entsprechende Kosten und könne dennoch fehlschlagen. Publisher leben aufgrund dieser nicht zu vermeidenden Reinfälle von ihren Hits, wobei nach Ansicht des redefreudigen Mr. X für langfristig gute Aussichten mindestens zwei bis drei dieser Serien vorhanden sein müssen.

Unklare Zukunft

Hinsichtlich des in Bewegung geratenen Marktes scheint auch in den Schaltzentralen der großen Konzerne kein klares Bild vorzuherrschen. Sicher scheint nur, dass der Retail-Markt nicht mehr funktioniert. Ob sich aber MMO, Free-to-Play oder andere Konzepte durchsetzen, ist nicht einmal ansatzweise abzusehen. Lediglich Kickstarter wird keine große Rolle eingeräumt, da sich hier keine großen Summen mobilisieren lassen, also keine Triple-A-Titel finanziert werden können. Die Plattform schien abgesehen davon aber eher ein rotes Tuch für den auskunftsfreudigen Insider zu sein. Auch kursieren aus Entwicklerseite allerdings gegenteilige Einschätzungen.

Klassische, 50 Euro teure und PC-exklusive Spiele werden in Zukunft aber ebenso wenig wie derzeit zu sehen sein. Zwar erklärt der Unbekannte, dass die Profitmargen auf dem PC weit größer als auf anderen Plattformen seien, Spiele aber nicht in ausreichenden Zahlen verkauft werden. Als Problem sieht er auch Raubkopien, denen man auf jeden Fall entgegentreten müsse. Ziel hier ist aus Sicht eines Publishers allerdings nicht das komplette Unterbinden der illegalen Kopien, was ohnehin unrealistisch wäre, sondern lediglich das Aufbauen von möglichst großen Hindernissen. Zwar könne jemand mit Fachkenntnissen das Spiel dann zwar immer noch gratis spielen, der normale Nutzer werde hingegen durch den dafür nötigen Aufwand abgeschreckt.

Der deshalb stattfindende „Rüstungswettlauf“ zwischen Publishern und den sogenannte Releasegruppen werde deshalb zu Lasten des Nutzers noch eine Weile weitergehen, auch wenn DRM definitiv als Problem wahrgenommen wird. Preissenkungen hingegen würden dem Problem nicht abhelfen. Diese könne sich lediglich Valve mit Erfolg erlauben, die dank der Monopolstellung von Steam bei digitalen Verkäufen aber ohnehin „machen können, was immer sie möchten“, ohne in die Verlustzone zu rutschen.

Wie immer bei Aussagen anonymer Quellen lässt sich die Echtheit der Angaben natürlich nicht bestätigen. Allerdings scheint die hinter AnonPublisher steckende Person zumindest sehr gut über die Branche informiert zu sein, was für die Authentizität der gemachten Angaben spricht.