MWC 2016

ISOCELL-Bildsensor: Galaxy-S7-Kamera wohl aus Samsung-Sony-Kooperation

Update Nicolas La Rocco
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ISOCELL-Bildsensor: Galaxy-S7-Kamera wohl aus Samsung-Sony-Kooperation
Bild: Samsung

Samsung hat einen neuen ISOCELL-Bildsensor mit 12 Megapixel und 100 Prozent Phase-Detection-Autofokus vorgestellt. Das klingt eigentlich sehr stark nach dem Sensor des Galaxy S7. In dem steckt aber Sonys IMX260. Gibt es also wieder zwei Sensoren für das Galaxy S7 oder ist der Sensor sogar in Kooperation mit Sony entstanden?

Der neue ISOCELL-Sensor hat 1,4 Mikrometer große Pixel mit der aus dem DSLR-Segment stammenden Dual-Pixel-Technologie. Hinter diesem Begriff steckt ein 100 Prozent Phase-Detection-Autofokus, bei dem für jedes Pixel zwei Photodioden zum Einsatz kommen, die jeweils die Hälfte eines Pixels für den Autofokus nutzen. Das sorgt für einen extrem schnellen Autofokus, wie es auch der Test des Galaxy S7 bestätigt. In der Pressemitteilung zum neuen ISOCELL-Sensor wird das neue Flaggschiff-Smartphone kurioserweise allerdings kein einziges Mal erwähnt.

Schon im Galaxy S6 steckten Samsung- und Sony-Sensoren

Der Begriff ISOCELL wiederum bezeichnet Samsungs Technologie, die einzelnen Photodioden zu isolieren und durch winzige Trennwände physisch voneinander abzuschirmen, um die Überlagerung, den sogenannten Crosstalk, der sehr eng beieinander liegenden Dioden zu verringern. ISOCELL-Sensoren hatte Samsung erstmals im September 2013 angekündigt, auch im letztjährigen Galaxy S6 steckt ein solcher ISOCELL-Sensor von Samsung – allerdings nicht in jedem Galaxy S6.

Samsungs neuer ISOCELL-Sensor mit 12 Megapixel und 100 Prozent PDAF
Samsungs neuer ISOCELL-Sensor mit 12 Megapixel und 100 Prozent PDAF (Bild: Samsung)

Im Galaxy S6 und seinen Schwestermodellen steckt entweder ein ISOCELL-Sensor von Samsung oder der IMX240 von Sony. Üblicherweise werden Komponenten von verschiedenen Lieferanten nur dann verbaut, wenn die Nachfrage hoch ist und die Produktionsmenge eines Lieferanten nicht ausreichend wäre. So macht es zum Beispiel auch Apple bei der Fertigung des A9-Chips von Samsung und TSMC, die sogar in unterschiedlichen Verfahren mit 14 und 16 Nanometer hergestellt werden.

Arbeiten Samsung und Sony zusammen?

Kurios bei der Vorstellung des neuen ISOCELL-Sensors ist, dass seine technischen Daten genau denen des im Galaxy S7 (edge) verbauten Sensors entsprechen. Im Galaxy S7 steckt aber der bisher nicht offiziell von Sony angekündigte IMX260, das kann ComputerBase anhand beider Testgeräte bestätigen. Also verbaut Samsung im Galaxy S7 entweder wieder Bildsensoren aus eigenem Haus und Sensoren von Sony, oder der neue ISOCELL-Sensor ist gar in Partnerschaft mit Sony entstanden.

Neuartiger Stacked-Aufbau spricht für Sony

Für letztere Theorie spricht auch der Stacked-Aufbau des neuen ISOCELL-Sensors. Bei einem Stacked-Aufbau liegt das Logic-Board nicht neben dem Sensor, was die Baugröße beziehungsweise Fläche erhöhen würden, sondern unter dem Bildsensor, was zwar in einem höheren Sensor resultiert, aber insgesamt dennoch platzsparender ist. Laut Samsung besteht der neue ISOCELL-Sensor aus einem 65-nm-Sensor und einem 28-nm-Logic-Board. Sony kommt dabei ins Spiel, weil die Japaner der erste Hersteller eines CMOS-Sensors mit Stacked-Aufbau waren. Ende 2014 wurde mit dem IMX230 der erste Sensor aus der Exmor-RS-Baureihe mit Stacked-Aufbau vorgestellt.

Samsung spricht von einem Sensor mit „cutting-edge chip-stacking technology“, übersetzt also mit topaktueller Stacking-Technologie, jedoch ohne dabei ins Detail zu gehen, was daran nun topaktuell sein soll. Hier wiederum ist eine Analyse des Bildsensors von Relevanz, die Chipworks durchgeführt hat. Dabei wurde eine neue Hybrid-Waferbonding-Technologie erkannt, die erstmals Anfang 2015 von Ziptronix lizenziert wurde. Diese ermöglicht besonders geringe Höhen beim Stacking der Schichten. Laut Chipworks hat der CMOS-Sensor fünf Kupfer-Waferschichten und der Bildprozessor (ISP) sieben Waferschichten aus 6 × Kupfer (Cu) und 1 × Aluminium (AI). Die Durchkontaktierung der Cu-Cu-Schichten ist 3 Mikrometer breit und 14 Mikrometer hoch, im aktiven Pixelbereich aber nur 6 Mikrometer hoch. Ziptronix' Hybrid-Waferbonding-Technologie verspricht eine Durchkontaktierung von unter 10 Mikrometer, diese Angaben würden demnach genau zum technischen Aufbau des IMX260 passen und außerdem zur Cutting-Edge-Angabe von Samsung.

Vieles spricht für eine Zusammenarbeit

All diese zueinander passenden Eigenschaften und die Tatsache, dass Sony den IMX260 bisher nicht offiziell angekündigt hat, obwohl er bereits im Galaxy S7 verbaut wird und mit einer neuartigen Technologie hergestellt wird, die eigentliche eine Pressemitteilung rechtfertigen würde, und außerdem die jetzt von Samsung veröffentlichte Pressemitteilung, sprechen für eine Kooperation beider Unternehmen bei der Entwicklung des Sensors. Andererseits könnte der neue Samsung-Sensor auch einfach nur ein Sony IMX260 mit nachträglichem ISOCELL-Branding sein und im Auftrag für Samsung gefertigt werden – eventuell sogar exklusiv für Samsung.

Antworten stehen noch aus

ComputerBase hat bei Samsung Mobile und bei Samsung Semiconductor nachgefragt, was genau im neuen ISOCELL-Sensor steckt, welche Unternehmen an der Entwicklung beteiligt waren oder aktuell sind und in welchen Geräten der Sensor zum Einsatz kommt oder kommen wird. Antworten stehen zum aktuellen Zeitpunkt noch aus.

Update

Samsung hat zwischenzeitlich eine Seite zum technischen Aufbau des Galaxy S7 online gestellt. Dort ist auch ein Bild des Kameramoduls zu finden. Dessen Aussehen weicht allerdings vom Design des von Chipworks veröffentlichten Bildes des Kameramoduls ab, das von Sony stammt. Deswegen muss es sich hierbei um das Kameramodul von Samsung mit ISOCELL-Sensor handeln. Beim Sony-Sensor fehlt zudem die Abschirmung einiger Komponenten, außerdem ist ein Sony-Schriftzug auf dem Kabel erkennbar und das Verbindungsstück ist anders aufgebaut.

Kameramodul mit Samsung-Sensor (links) und Sony-Sensor (rechts)
Kameramodul mit Samsung-Sensor (links) und Sony-Sensor (rechts) (Bild: Samsung/Chipworks)

Das wiederum belegt auch, dass nach dem Galaxy S6 auch für das Galaxy S7 wieder zwei Fertiger für die Kamera zuständig sind: Sony mit dem IMX260 und Samsung mit dem neuen ISOCELL-Sensor. Dass das verbaute SoC keinen Einfluss auf die Wahl des Sensors hat, zeigen Einträge im Forum von XDA-Developers, wonach beide Sensoren in den Geräten mit Exynos- und Snapdragon-Chip zum Einsatz kommen. Der Sony-Sensor scheint laut den Kommentaren aber häufiger verbaut zu sein.

Samsung Semiconductor Deutschland hat mittlerweile auf die Anfrage von ComputerBase reagiert und bestätigt, dass der ISOCELL-Sensor grundsätzlich nicht nur von Samsung Mobile verwendet, sondern auch von anderen Herstellern gekauft werden könnte. Als Komponenten-Hersteller sei Samsung Semiconductor kundenneutral und somit nicht auf nur einen Abnehmer beschränkt. Kundenverträge würden es aber nicht ermöglichen, über die Abnehmer des neuen Bildsensors zu sprechen.

Zur möglichen Kooperation mit Sony wurde sich nicht geäußert. Der Einsatz von zwei Bildsensoren von verschiedenen Herstellern schließt nämlich nicht aus, dass der ISOCELL-Sensor von Samsung Technologien von Sony verwendet.

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