BKA-Chef Münch: Staatstrojaner als Alternative zu Hintertüren

Andreas Frischholz
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BKA-Chef Münch: Staatstrojaner als Alternative zu Hintertüren

Verschlüsselte Messenger-Dienste wie WhatsApp bereiten den Sicherheitsbehörden nach wie vor Kopfzerbrechen. Zu einfach zu bedienen, zu schwer zu überwachen, erklärt BKA-Präsident Holger Münch im Interview mit der Rheinischen Post. Als Lösung nennt er aber nicht Hintertüren, sondern den Staatstrojaner.

Angesprochen auf die Probleme mit verschlüsselten Messenger-Diensten sagt der Präsident vom Bundeskriminalamt (BKA) konkret: „Aber klar ist: WhatsApp zu nutzen ist einfach, WhatsApp zu überwachen ist für uns eine besondere Herausforderung.“ Was die deutschen Polizeibehörden aber schon im Einzelfall können, wollte er nicht sagen.

Dass es bereits heute möglich ist, eigentlich für sichere Kommunikation bekannte Messenger-Dienste abzuhören, zeigt derweil der Fall der rechtsextremen Terrorgruppe „Old School Society". Wie Motherboard berichtete, konnte das BKA einige systematische Schwächen der Chat-App Telegram ausnutzen, um Textnachrichten, Bilder und Videos der Verdächtigen abzufangen. Prinzipiell funktioniert das aber nur, wenn keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aktiviert ist.

Künftig will das BKA aber auch vollverschlüsselte Kommunikation überwachen können. Um die entsprechenden Methoden zu entwickeln, müssten aber Ressourcen bereitgestellt werden, die laut Münch „teuer und personalintensiv“ sind.

Staatstrojaner statt Hintertüren

Hintertüren hält der BKA-Chef dabei aber für den falschen Weg. Es sei wenig zielführend, wenn Anbieter den Ermittlungsbehörden einen speziellen Zugang zu verschlüsselten Inhalten verschaffen, denn „diese könnte dann auch von anderen genutzt und missbraucht werden“. Als Alternative nennt er stattdessen den Staatstrojaner: „Für uns wichtig sind aber die Instrumente der Quellen-TKÜ sowie der Online-Durchsuchung.

Bei der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) wird der Staatstrojaner genutzt, um ausschließlich die Kommunikation eines Verdächtigen abzuhören – betroffen sind also Dienste wie Skype. Bei der Online-Durchsuchung wird hingegen das System vollständig infiltriert. Letzteres ist bislang nur bei der Gefahrenabwehr gestattet, Münch will Online-Durchsuchungen aber auch für die Strafverfolgung. Deswegen sei in diesem Bereich eine „klare Regelung“ erforderlich.

Darüber sollten Telemediendienste – also etwa Messenger wie WhatsApp – künftig genauso behandelt werden wie die klassischen Telekommunikationsanbieter. Das gelte etwa für die Auskunftspflicht und die Speicherung von Bestandsdaten.

Politische Forderungen in der Anti-Terror-Debatte

Einhergehend mit der Auskunftspflicht würde so eine rechtliche Gleichstellung aber auch die Vorratsdatenspeicherung betreffen. Eine solche Ausweitung hatten Vertreter der Unionsparteien bereits anlässlich der Anti-Terror-Debatte im Sommer gefordert. Nun handelt es sich dabei aber immer noch um eine politische Forderungen, konkrete Gesetzentwürfe liegen bis dato nicht vor.

Feststeht hingegen, dass ab 2017 die neue Entschlüsselungsbehörde Zitis ihre Arbeit aufnimmt, um Technologie für Polizei und Geheimdienste zu entwickeln. Auf europäischer Ebene hat sich zudem Innenminister Thomas de Maizière (CDU) gemeinsam mit dem französischen Amtskollegen Bernard Cazeneuve auf ein Anti-Terror-Papier verständigt, dass auch den Zugang von Sicherheitsbehörden zu verschlüsselter Kommunikation beinhaltet.