Breko-Breitbandstudie: Breitbandziele der Bundesregierung in Gefahr

Andreas Frischholz
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Breko-Breitbandstudie: Breitbandziele der Bundesregierung in Gefahr

Der alternative Provider-Verband Breko hat heute die Breitbandstudie 2016 vorgestellt. Zu den zentralen Erkenntnissen zählen: Es sind vor allem die Telekom-Konkurrenten, die den Ausbau von direkten Glasfaseranschlüssen vorantreiben. Und die Breitbandziele der Bundesregierung wären unter den aktuellen Vorgaben nicht zu erreichen.

Grundsätzlich ist der Anteil von direkten Glasfaseranschlüssen immer noch gering. Von insgesamt gut 40 Millionen Haushalten verfügen nur 2,65 Millionen über eine FTTB/H-Anbindung. 81 Prozent dieser Anschlüsse (2,15 Millionen) stammen von den alternativen Providern, die Deutsche Telekom schaltet 19 Prozent (0,5 Millionen).

Dass es mittelfristig keine Alternative zu den hohen Glasfasergeschwindigkeiten gibt, steht für die Breko-Verantwortlichen fest. Und das gelte sowohl für Privatnutzer als auch Unternehmen – vor allem der Mittelstand wäre auf einen flächendeckenden Ausbau angewiesen. Man dürfe sich dabei nicht davon täuschen lassen, dass derzeit noch keine „Killer-Applikation“ für die hohen Bandbreiten existiert. Es ist die Infrastruktur, die die Nachfrage schafft – nicht umgekehrt, so Breko-Präsident Norbert Westfal.

In Zahlen abmessen lässt sich diese Entwicklung anhand der erwarteten Datenvolumen. Im Jahr 2015 betrug das im Festnetz abgewickelte Datenvolumen insgesamt 11,5 Milliarden GB, pro Nutzer wurden dabei monatlich 31,2 GB verbraucht. Für das Jahr 2020 wird allerdings ein Gesamtverbrauch von 55 Milliarden GB prognostiziert, auf den einzelnen Nutzer würden dann 55 GB pro Monat entfallen.

Datenverbrauch
Datenverbrauch (Bild: Breko)

Das macht sich dann auch bei der Nachfrage nach Bandbreiten bemerkbar. Derzeit liege die Downstream-Rate im Schnitt noch zwischen 10 und 30 Mbit/s. Für das Jahr 2025 rechnen die zum Breko zählenden Netzbetreiber allerdings mit einer durchschnittlichen Privatkunden-Nachfrage von 400 Mbit/s im Down- und 200 Mbit/s im Upstream

Breitbandziele werden mit aktuellen Vorgaben nicht erreicht

Um die erforderlichen Bandbreiten zu erreichen, sei nun aber auch ein politischer Richtungswechsel erforderlich. „Wir müssen Schluss machen mit der leidigen Debatte über Technologie-Neutralität“, so Breko-Geschäftsführer Stephan Albers. Statt bestimmte Breitbandgeschwindigkeiten als Vorgabe zu nennen, müsse vielmehr ein Infrastruktur-Ziel formuliert werden – und das wäre dann der direkte Glasfaserausbau.

Angesichts der derzeitigen Lage zweifelt der Breko aber sogar, ob sich überhaupt das Breitbandziel der Bundesregierung erreichen lässt – also Anschlüsse mit 50 Mbit/s für alle Haushalte bis 2018. Mit den aktuellen Rahmenbedingungen könnten „bis zum Jahr 2018 bestenfalls 85 Prozent aller Haushalte“ einen entsprechenden Anschluss erhalten, so das Ergebnis der Breko-Marktanalyse.

Breitband Verfügbarkeit
Breitband Verfügbarkeit (Bild: Breko)

Laut den Zahlen des TÜV-Rheinland lag der bundesweite Durchschnitt Ende 2015 bei knapp 70 Prozent. Anhand der Übersicht wird aber bereits deutlich: Während die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg vorne liegen, sind es vor allem die dünn besiedelten Bundesländer, die sich in der Statistik auf den hinteren Plätzen befinden.

Nächste Runde im Vectoring-Streit eingeläutet

Indem die Bundesnetzagentur nun den Vectoring-II-Antrag der Telekom abgesegnet hat, würde der Breitbandausbau in ländlichen Regionen nach Ansicht des Breko auch nicht vorankommen. Ohnehin wären in den letzten Jahren viele Gelder in den Aufbau einer „parallelen Breitbandkabel-Infrastruktur“ geflossen – es wurden also Gebiete ausgebaut, die zuvor schon über Next-Generation-Access-Netze (NGA) verfügten. „Der Überbau wird sich weiter intensivieren – denn durch die vom Regulierer abgesegnete Ausbauverpflichtung wird die Deutsche Telekom nun in den vielfach gut versorgten Nahbereichen bereits vorhandene NGA-Infrastrukturen überbauen“, so der Telekommunikationsexperte Prof. Nico Grove.

Im Kern lautet also der Vorwurf: Statt bislang nicht erschlossene Gebiete auszubauen, habe sich die Telekom eine Monopolstellung in den lukrativen Gebieten gesichert – selbst wenn Wettbewerber dort bereits direkte Glasfaseranschlüsse anbieten oder den Ausbau planen. Die Telekom ist nun sogar verpflichtet, diese mit Vectoring zu überbauen. Weitere Kritikpunkte am Vectoring-Beschluss sind – neben dem umstrittenen Überbau der bestehenden Infrastruktur – die unterschiedlichen Ausbaufristen sowie das fehlende virtuelle Vorleistungsprodukt (VULA).

Bei der Telekom sieht man die Punkte naturgemäß anders. Demnach sei Vectoring ein Teil des Glasfaserausbaus, weil auf diese Weise die Glasfaserkabel zumindest bis zu den Kabelverzweigern verlegt werden. Der Ausbau bis zu den Häusern erfolge dann später. Und zudem werde auch der Wettbewerb verbessert, weil die Telekom aufgrund der Vectoring-Geschwindigkeiten auch mit den Kabelnetzbetreibern konkurrieren könne.

Vermutlich sind es aber Richter, die letztlich über die Zukunft des Vectoring-Antrags entscheiden. Erneut betonte der Breko, dass man Rechtsmittel gegen den Beschluss einlegen will. Konkrete Details wurden aber noch nicht genannt.

Die Frage nach den Investitionen

Ein weiterer Streitpunkt im Breitbandmarkt ist zudem die Frage: Wer investiert mehr? Zuletzt wiederholte die Telekom den Vorwurf, dass die Konkurrenten vor allem mit meckern beschäftigt wären, während es vor allem der Bonner Konzern sei, der in den flächendeckenden Ausbau der Netze investiere. Die Ergebnisse der Breko-Studio besagen nun: 2015 wurden insgesamt 8,1 Milliarden Euro in den Ausbau der Netze investiert. 4,2 Milliarden Euro (53 Prozent) stammen dabei von den Wettbewerbern, bei der Telekom waren es 3,85 Milliarden Euro (47 Prozent).

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