Europäischer Gerichtshof: Ab wann Links gegen das Urheberrecht verstoßen

Andreas Frischholz
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Europäischer Gerichtshof: Ab wann Links gegen das Urheberrecht verstoßen
Bild: Olga Berrios | CC BY 2.0

Prinzipiell ist es nicht illegal, wenn Webseiten verlinkt werden, die urheberrechtlich geschützte Inhalte ohne Erlaubnis bereitstellen. Eine Ausnahme besteht allerdings bei kommerziellen Angeboten, die entsprechende Inhalte bewusst verlinken.

Das hat heute der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Der Hintergrund des Urteils ist ein Streit zwischen dem Playboy und der niederländischen Medienseite GeenStijl, die von der GS Media betrieben wird.

Playboy gegen GeenStijl

Laut des EuGH-Urteils hatte GeenStijl in einem Bericht aus dem Jahr 2011 eine australische Webseite verlinkt, die Playboy-Fotos illegal hochgeladen hatte. Nun weigerte sich GeenStijl trotz Aufforderung, den Link zu entfernen. Als der Playboy aber erreichte, dass die australische Webseite die Bilder löschte, veröffentlichte GeenStijl einen neuen Artikel mit einem Link zu einem anderen Angebot, das die Playboy-Bilder ebenfalls ohne Erlaubnis zeigte. Nachdem auch diese Bilder aus dem Netz entfernt wurden, verlinkten die Nutzer des GeenStijl-Forums noch weitere Links zu anderen Angeboten.

Nun weisen die Richter zunächst darauf hin, dass das Internet für die Meinungs- und Informationsfreiheit von zentraler Bedeutung ist. Und Hyperlinks sind eine zentrale Funktion, um diese Freiheiten zu gewährleisten. Demgegenüber stehe allerdings die EU-Richtlinie zum Urheberrecht, die besagt: Nur der Urheber darf entscheiden, ob eines seiner Werke öffentlich verbreitet wird – im Juristen-Slang nennt sich das „öffentliche Wiedergabe“.

Deswegen musste der Europäische Gerichtshof in dem aktuellen Fall nun entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein Hyperlink bereits eine öffentliche Wiedergabe ist. Die Richter nennen nun drei Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit ein Hyperlink eine Urheberrechtsverletzung darstellen kann. Dazu zählen:

  • Vorsätzliches Handeln: Ein Nutzer muss wissen, dass er auf urheberrechtlich geschützte Inhalte verlinkt.
  • Öffentlichkeit: Der Link muss für eine „unbestimmte Anzahl potentieller Leistungsempfänger“ – also recht viele Personen – bereitgestellt werden.
  • Kommerzielles Interesse: Die Verlinkung muss Erwerbszwecken dienen.

Im Kern bedeutet das: Für Einzelpersonen gilt weiterhin die Linkfreiheit. Von einem normalen Nutzer könne nicht erwartet werden, bei jedem Link zu prüfen, ob eine Webseite urheberrechtlich geschützte Inhalte rechtswidrig darstellt. Kommerzielle Angebote können hingegen belangt werden, wenn sie bewusst auf solche Inhalte verlinken. Dazu zählen neben urheberrechtlich geschützten Werken auch Anleitungen, um etwa Paywalls – wie sie einige Medien nutzen – zu umgehen.

GeenStijl hätte es besser wissen müssen

Im Fall von GeenStijl heißt das nun: Spätestens nach dem Hinweis der Playboy-Verleger hätte das Medienportal wissen müssen, dass die Bilder rechtswidrig hochgeladen wurden. Dementsprechend handelt es sich bei der Verlinkung um eine öffentliche Wiedergabe.

Das Urteil ist, wie beim Europäischen Gerichtshof üblich, ein Vorabentscheidungsgesuch. Das bedeutet: Die Richter entscheiden nicht direkt über den Fall, vielmehr hat ein nationales Höchstgericht beim Europäischen Gerichtshof angefragt, wie bestimmte Richtlinien auszulegen sind. Diese Entscheidung ist aber auch für andere nationale Gerichte bindend, die mit ähnlichen Fällen zu tun haben – insofern gilt es also auch für deutsche Gerichte.

Urteil mit womöglich weitreichenden Konsequenzen

In einer ersten Reaktion bewertet der Jurist und Urheberrechtsexperte Leonard Dornbusch das Urteil in einem Beitrag für Netzpolitik.org als „weitreichend“. Denn in früheren Urteilen hatte der Europäische Gerichtshof noch entschieden, dass Webseitenbetreiber nicht gegen das Urheberrecht verstoßen, wenn sie Videos von einer Online-Plattform wie YouTube einbetten. Dabei ging es aber um Videos, die mit Zustimmung der Rechteinhaber veröffentlicht wurden.

Nun ändere sich aber die Lage. „Im Lichte der neuerlichen Entscheidung müssen sich also zumindest kommerzielle Nutzer beim Einbinden von Videos und Bildern von Drittplattformen wie YouTube oder Flickr die Frage stellen, ob die Werke dort mit Zustimmung der Rechteinhaber zugänglich gemacht wurden“, so Dornbusch.

Ein weiterer interessanter Aspekt des Urteils ist seiner Ansicht nach: Früher wurde in erster Linie zwischen privater und öffentlicher Nutzung unterschieden. Nun gehe es aber zunehmend um die Frage, ob ein Inhalt im kommerziellen oder nicht-kommerziellen Sinne verwendet wird. Dieser Paradigmenwechsel können mittelfristig zahlreiche Probleme beeinflussen, die derzeit beim Urheberrecht bestehen. Das betrifft etwa Memes, Remixes und Mashups – also Werke, die auf urheberrechtlich geschützten Inhalten basieren, um etwas Neues zu erschaffen.

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