VATM-Breitbandstudie: Schwere Zeiten für die Telekom-Konkurrenten

Andreas Frischholz
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VATM-Breitbandstudie: Schwere Zeiten für die Telekom-Konkurrenten

Grundsätzlich steigen die Umsätze, die die Telekommunikationsbranche im Jahr 2016 erwirtschaftet hat. Während aber vor allem die Deutsche Telekom und die Kabelnetzbetreiber profitieren, geraten die Festnetz-Wettbewerber zunehmend unter Druck.

So lautet das Resultat der TK-Marktanalyse 2016, die Prof. Torsten J. Gerpott von Dialog Consult für den alternativen Provider-Verband VATM erstellt hat. Demnach soll die Telekommunikationsbranche in diesem Jahr insgesamt 60,5 Milliarden Euro verdienen, 500 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Die zusätzlichen Einnahmen verdankt die Branche insbesondere dem Privatkundengeschäft im Festnetzbereich. Insgesamt verzeichnet diese Sparte einen Zuwachs um 0,6 Milliarden Euro auf nunmehr 34,1 Milliarden Euro. Die Umsätze im Mobilfunkbereich sind hingegen leicht rückläufig – von 26,5 Milliarden Euro im Jahr 2015 auf 26,4 Milliarden Euro in diesem Jahr.

Für Festnetz-Wettbewerber wird die Luft immer dünner

Im Festnetz-Bereich ist die Telekom nach wie vor der größte Spieler im Markt – und zwar mit deutlichem Abstand. Bei den Umsätzen kommt die Telekom laut der TK-Marktanalyse bis zum Ende 2016 auf einen Marktanteil von 43,4 Prozent. Ebenfalls zulegen können demnach die Breitband-Kabelnetzanbieter, die bis zum Jahresende 15,8 Prozent erreichen. Die übrigen 40,8 Prozent entfallen auf die Festnetz-Wettbewerber der Telekom, die beim Umsatz einen Rückgang verkraften müssen.

Dieses Bild bestätigt sich auch, wenn anstatt der Umsätze die Anzahl der Breitbandanschlüsse betrachtet wird. Ende 2016 wird es der Studie zufolge in Deutschland insgesamt 31,2 Millionen Breitbandanschlüsse geben – ein Plus von 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zulegen können dabei insbesondere die Telekom und die Breitband-Kabelnetzbetreiber, während die Festnetz-Wettbewerber deutlich Federn lassen müssen. Die Anzahl der direkt geschalteten Breitbandanschlüsse sinkt von 7,7 Millionen Anschlüssen im Jahr 2015 auf 6,6 Millionen. Dafür schalten die Wettbewerber aber mehr Anschlüsse über das Netz der Telekom.

Festnetz-Breitbandanschlüsse, Stand 30. Juni 2016
Festnetz-Breitbandanschlüsse, Stand 30. Juni 2016 (Bild: VATM TK-Marktanalyse 2016)

Wenig Neues gibt es derweil im Bereich der direkten Glasfaseranschlüsse (FTTB/H): Sowohl die Anzahl der verfügbaren (2,7 Millionen) als auch der gebuchten Anschlüsse (790.000) ist zwar im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Doch mit einem Anteil von 2,2 Prozent am Gesamtmarkt sind die direkten Glasfaseranschlüsse immer noch ein Nischenprodukt.

Weniger Telefonate im Mobilfunkbereich

Nicht ganz einfach zu beziffern ist, wer der größte Mobilfunk-Anbieter in Deutschland ist. Geht es nach der Anzahl der aktivierten SIM-Karten, führt zwar Telefónica, allerdings nur knapp vor Vodafone und der Deutschen Telekom. Bei den Umsätzen liegt hingegen die Telekom vorne.

Mobilfunkumsätze, inklusive Interconnection, Wholesale und Endgeräte
Mobilfunkumsätze, inklusive Interconnection, Wholesale und Endgeräte (Bild: VATM TK-Marktanalyse 2016)

Eine interessante Entwicklung im Mobilfunk-Bereich ist allerdings: Die Deutschen telefonieren weniger. Im Festnetz besteht dieser Trend seit langem, im Mobilfunk ist es aber ein Novum. So prognostiziert die TK-Marktanalyse für das Jahr 2016 nur noch 302 Millionen Sprachverbindungsminuten pro Tag, im Vorjahr waren es noch 311 Millionen. Verantwortlich dafür sind Internetdienste wie Skype, die weiter an Bedeutung gewinnen.

Bemerkbar macht sich das auch bei den Datenvolumen. Die über das Mobilfunknetz übertragene Gesamtmenge steigt laut Schätzung um 31 Prozent auf 774 Millionen Gigabyte. So werden die Datendienste im Jahr 2016 44,7 Prozent der Mobilfunk-Umsätze ausmachen – ein Plus von 4,7 Prozent.

Wettbewerber kritisieren Regulierung

Die Tendenz für den Markt ist laut der Studie: Neben den Kabelnetzbetreibern profitiert vor allem die Deutsche Telekom – und zwar zulasten der Wettbewerber im Festnetzbereich. Laut Prof. Gerpott liegt diese Entwicklung zum einen daran, dass die Telekom mittlerweile die Produkte besser vermarktet. Zum anderen hänge es aber auch mit den Vorleistungsprodukten zusammen, die Wettbewerber buchen müssen, um einen Anschluss über das Netz der Telekom zu schalten.

So kritisiert auch VATM-Präsident Martin Witt: „Der von der Bundesnetzagentur als Ersatz für die TAL deklarierte Bitstrom-Zugang ist qualitativ bei weitem nicht ausreichend und deutlich zu teuer. Der Ersatz ist in der Praxis kein Ersatz.“ Das erschwere einen fairen Wettbewerb, ebenso würden damit die Vorgaben der EU-Kommission nicht erfüllt.

Hinzu kommt noch der Vectoring-Streit. Witt: „Aktuelle Entwicklungen wie die Vectoring-II-Entscheidung gefährden den Wettbewerb und das Potenzial für alternative Investoren.“ Denn auf der einen Seite sichere sich die Telekom auf diese Weise lukrative Gebiete, die Ausbaupläne der Wettbewerber erschweren. Und auf der anderen Seite werden diese auch immer abhängiger von der Telekom, wie etwa der Streit um die Vorleistungsprodukte zeigt.

Die alternativen Provider hoffen daher auf die Telko-Reformpläne der EU-Kommission, die sich explizit für mehr Wettbewerb ausgesprochen hat. Dieser sei auch nötig, denn die Erfahrung habe gezeigt, die Telekom sei „erst bereit zu investieren, wenn Wettbewerbsdruck sie dazu zwingt“. Mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 fordert VATM-Präsident Witt daher: „Datenmengen und Qualitätsanforderungen für die Breitbandinfrastruktur werden bis 2025 stark anwachsen – wir brauchen FTTB/H, Kabel mit Docsis 3.1 und die nächste Generation Mobilfunk 5G.“ Diese Ziele müsse daher auch die Bundesregierung in der Breitbandpolitik explizit umsetzen.

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