Netzteil-Tests: Methodik, Aufbau und Equipment

Nico Schleippmann
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Netzteil-Tests: Methodik, Aufbau und Equipment

tl;dr: Wie testet ComputerBase die elektrische Performance und die Lautstärke von Netzteilen? Dieser Artikel gibt Aufschluss über die seit März 2020 eingesetzte Testmethodik und die verwendeten Messgeräte und erläutert die Lastkalkulation und Wirkung von Schutzschaltungen.

Mit diesem Equipment wird getestet

Um über PC-Netzteile qualifizierte Aussagen treffen zu können, wird eine sehr aufwendige und teure Testumgebung benötigt. ComputerBase setzt für die Testberichte daher professionelle Messgeräte der Firmen Chroma, Flir, Pico, Rigol, SunMoon und Yokogawa ein.

Um alle relevanten Testkriterien in einem Messaufbau abdecken zu können, werden auf die jeweilige Anwendung spezialisierte Messgeräte eingesetzt. Der Messplatz wurde aus eigenen und geliehenen Messgeräten eingerichtet.

Der Messplatz der elektrischen Messungen setzt sich aus folgenden Messgeräten zusammen:

  • Eine Labor-Wechselstromversorgung mit einem Ausgangsstrom von bis zu 8 Ampere ermöglicht die Bereitstellung von Netzspannungen zwischen 115 und 230 Volt.
  • Ein Yokogawa WT1806E kann jeweils den RMS-Strom und die RMS-Spannung auf sechs Kanälen messen. Der Netzteileingang sowie die Ausgänge werden diesen Kanälen zugeordnet, um Eingangs- und Ausgangsleistung, den Leistungsfaktor und die Ausgangsspannungen zu erfassen.
  • Eine SunMoon SM-5500ATE besitzt insgesamt zehn Kanäle, um die Ausgangsschienen des Netzteils statisch zu belasten. Außerdem werden mit einem automatisierten Testprogramm die Auslöseschwellen des Überstromschutzes ermittelt.
  • Eine Chroma 63640-80-80 verfügt über ein Lastmodul mit hoher Strom-Flankensteilheit von bis zu 8 Ampere je Mikrosekunde und wird für die dynamischen Lasttests eingesetzt.
  • Die Stromzange Pico TA189 ermöglicht eine rückwirkungsfreie Messung des Netzstroms, um die Stützzeit messen zu können.
  • Das Oszilloskop Rigol DS1054Z erlaubt die Messung der Restwelligkeit in den statischen und dynamischen Lasttests sowie die Messung der Stützzeit.

Für die Akustikmessungen wird folgende Hardware genutzt:

  • Das Kondensator-Mikrofon Behringer ECM-8000 mit Frequenzgang-Kalibrierung auf ± 0,2 dB.
  • Das USB-Audio-Interface Steinberg UR12.

Anliegende Lasten nach 80Plus und reale Systemen

Lastkalkulation nach 80Plus

Die Lastszenarios bei 230 Volt Eingangsspannung sind von allen Netzteilen unabhängig von ihrer Nennleistung zu absolvieren und sollen alltägliche Systemkonfigurationen simulieren. Für die Auslastungen mit 10, 20, 50, 100 und 110 Prozent der Gesamtausgangsleistung wurde die Lastverteilung exakt nach den Vorgaben der 80Plus-Organisation berechnet. Die seit April 2012 gültige Testmethodik wird im offiziellen Testprotokoll beschrieben. Nach diesem Verfahren gibt es eine gleichmäßige Lastverteilung über alle Spannungsschienen für alle Auslastungen.

Crossload-Szenarien

Eine stark ungleichmäßige Lastverteilung stellen die beiden Crossload-Szenarien dar. „Crossload 12 V“ bedeutet eine maximale Belastung der 12-Volt-Schiene bei gleichzeitig sehr geringer Belastung der Minor-Rails (3,3 und 5 Volt). „Crossload Minor“ simuliert den genau umgekehrten Fall einer maximalen Belastung der Minor-Rails bei sehr geringer Belastung der 12-Volt-Schiene. Während der zweite Fall in der Praxis kaum noch relevant ist, ist das erste Crossload-Szenario von höherer Bedeutung, da moderne Systeme die meiste Leistung auf der 12-Volt-Schiene verbrauchen. Die Kalkulation der Lastverteilung ist in jedem Artikel angegeben.

Lastverteilung realer Systeme

Mit den Messungen bei festen Lasten werden Lastszenarien einer typischen Hardware-Konfiguration nachgebildet. Die Lastverteilung wurde jeweils mit der Stromzange TA189 von Pico Technology an einem Rigol-DS1054Z-Oszilloskop gemessen. Im Folgenden wird die Hardware-Konfiguration der einzelnen Lasten vorgestellt.

Intels ATX-2.4-Spezifikation fordert aufgrund der tieferen Schlafzustände aktueller CPU-Generationen, dass die Ausgangsspannungen auch bei einer Minimalbelastung der 12-Volt-Schiene von nur 0,05 A innerhalb der Spezifikationen bleiben müssen. Die Unterstützung dieser Anforderung wird von Herstellern außerdem mit dem Slogan „Haswell ready“ ausgeschildert, wobei statt der vagen ATX-Spezifikation meist eigene Lastprofile dafür genutzt werden. ComputerBase verwendet ebenso eine eigene Lastverteilung: „Haswell C6/C7“. Indem optionale Peripherie-Controller abgeschaltet werden und Undervolting durchgeführt wird, konnte für das nachfolgende System im Idle der Minimalstrom der einzelnen Schienen gemessen werden.

  • Intel Core i3-4330
  • GeIL 2 GB DDR3-1600, CL9
  • MSI Z97S SLI Krait Edition (Bildschirm, Ethernet und Tastatur angeschlossen)
  • Patriot Ignite SSD 960 GB 2,5"

Für die restlichen Lastszenarien wurden Systeme der vierten und fünften Intel-Core-i-Generation mit unterschiedlichen Grafikkarten vermessen. Die 35-Watt-Last stellt dabei einen typischen Idle-Betriebszustand dar. Die Belastung mit 140 Watt simuliert ein Gaming-Szenario von sparsamer Hardware wie einem Intel Core i3-4330 mit einer Nvidia GeForce GTX 960. Mit 210 Watt Auslastung wird der Gaming-Betrieb mit einem Intel Core i5-3570k und einer GTX 1060 oder einer sparsamen AMD Radeon RX 470 nachgestellt. Die Auslastung bei 290 Watt entspricht der Gaming-Leistungsaufnahme eines Intel Core i5-3570k mit einer AMD Radeon R9 290X. In unten stehender Tabelle ist die Lastverteilung aller Lastzustände aufgelistet.

Lastverteilung der festen Lasten auf die Ausgangsschienen
Szenario 3,3V 5V +12V 5VSB -12V
Haswell C6/C7 0,40 0,30 0,25 0,05 0,00
35 Watt fest 1,44 1,00 2,06 0,10 0,00
80 Watt fest 1,50 1,17 5,72 0,10 0,00
140 Watt fest 1,55 1,37 10,62 0,10 0,00
210 Watt fest 1,95 1,43 16,32 0,10 0,00
290 Watt fest 2,50 1,50 22,81 0,10 0,00
400 Watt fest 3,00 1,50 31,83 0,10 0,00
550 Watt fest 3,00 1,50 44,29 0,20 0,00
Angaben in Ampere

Transparenz-Erklärung

ComputerBase wird die SunMoon SM-5500ATE leihweise von Caseking unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Im Gegenzug nimmt die Redaktion zwei Netzteile pro Kalenderjahr in das Test-Portfolio auf, die zu den von Caseking betreuten Marken gehören. Die Modelle kann die Redaktion frei wählen, einen Einfluss auf den Testverlauf hat Caseking nicht. Zu den betreuten Marken zählen Super Flower und Kolink.