PCI Express 4.0: Der „Die-Hersteller-wollen-aber-Intel-kann-nicht“-Start

Volker Rißka
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PCI Express 4.0: Der „Die-Hersteller-wollen-aber-Intel-kann-nicht“-Start
Bild: Asus

Kann Z490 PCI Express 4.0? Und wenn ja, darf er es auch? Zum Start des Chipsatzes für Intels Comet-Lake-S-CPUs im Sockel LGA 1200 ist das Thema ein echtes Kuriosum. Während einige Hersteller direkt alle Mainboards damit bewerben, andere es in Fußnoten erwähnen und der nächste komplett schweigt, sagt Intel: Nein! Ein Überblick.

Für Intel bleibt es bei PCI Express 3.0

Als vor einigen Wochen die ersten Unterlagen für die neuen Z490-Mainboards unter NDA in der Redaktion eintrafen, boten sie eine Überraschung: Nicht überall, aber doch an vielen Stellen wurde mit PCI Express 4.0 geworben. Die ersten CPUs für die neue Plattform auf Basis von Comet Lake-S bieten diesen Standard aber auch weiterhin nicht, das war bereits seit Monaten, eher Jahren bekannt. Hinter den CPUs steckt im Kern der vierte Aufguss von Skylake und der Fortschritt folgt dem bekannten Schema: mehr Kerne, aber keine neuen Features.

Offiziell heißt es dann von Intel auch heute: PCI Express 4.0 gibt es nicht. Kann es ohne die entsprechenden CPUs ja auch nicht geben. Von Intel freigegeben wird PCI Express 4.0 erst mit der nächsten Prozessorgeneration, Codename Rocket Lake-S, so heißt es in der Gerüchteküche. Dass die Infrastruktur des neuen Sockels LGA 1200 und damit die passenden Mainboards schon damit umgehen können, schließt das allerdings nicht aus.

Die Mainboard-Hersteller bringt das in eine schwierige Position, denn Comet Lake-S mit Z490 ist der wichtigste Produktstart in diesem Jahr. Sie wollen unter anderem mit der Langlebigkeit ihrer teuren Flaggschiff-Mainboards werben, wozu auch die Unterstützung noch nicht angekündigter Features zählt. Definitiv ausschließen will PCI Express 4.0 deshalb keiner der OEMs.

Mainboard-Hersteller mit unterschiedlichem Vorgehen

Selbst der am vorsichtigsten agierende Hersteller Asus erklärte gegenüber ComputerBase, offiziell dazu nichts sagen zu wollen, wenngleich sich das kurzfristig noch ändern könne. Das deutet darauf hin, dass der Hersteller es auf gewissen Platinen unterstützt, jedoch damit vorab nicht wirbt.

Bei ASRock geht man einen Schritt weiter. Im Marketing wird das Thema PCI Express 4.0 nicht an die große Glocke gehängt, aber bereits erwähnt. ASRock wird einige der Mainboards zudem als „Hardware ready“ kennzeichnen. Umgesetzt werden soll das über einen entsprechenden Sticker an den PCI-Express-Slots, die auch PCI-Gen4-SSDs fassen können. Gemäß der ComputerBase vorliegenden Informationen wird das jedoch nur für die Modelle ASRock Phantom Gaming Velocita, Z490 Taichi, Steel Legend und Extreme4 sowie das H470 Steel Legend gelten.

MSI setzt sich ebenfalls deutlich für PCI Express 4.0 ein und stellt das Feature im Marketing-Material entsprechend zur Schau. Viele Mainboards werden PCI Express 4.0 unterstützen, das Flaggschiff Z490 Godlike wird zudem mit der aktualisierten Version des M.2 XPanders ausgestattet, der ebenfalls bereits PCI Express 4.0 unterstützt.

Gigabyte geht im Marketing in die Vollen und vermerkt wie ASRock auf den geeigneten Platinen eine entsprechende Notiz, die bei Gigabyte „Reserved for the Future“ lautet. Die M.2-Slots funktionieren mit Comet Lake-S zum Teil noch gar nicht, sind explizit für Rocket Lake-S ausgelegt. Die bereitgestellten Informationen zeigen die Vorteile von PCIe 4.0 gegenüber bisherigen Lösungen in der Theorie. Und wie stark der Hersteller am Ende darauf setzt, bestätigt Gigabyte auf Nachfrage direkt aus Taiwan: Alle der vorgestellten Z490-Mainboards werden PCI Express 4.0 unterstützen, im geringsten Fall zumindest beim ersten PCIe-x16-Slot.

Gigabyte PCIe 4.0
Gigabyte PCIe 4.0 (Bild: Gigabyte)

Intel garantiert nichts

Das Problem ist, dass Intel bisher nicht garantiert, dass Rocket Lake-S wirklich für PCI Express 4.0 auf den dann „alten“ 400er-Chipsätzen freigegeben werden wird, wie ein OEM gegenüber der Redaktion offen zugibt. Die Hersteller gehen damit das Risiko ein, dass es am Ende doch nicht funktionieren wird. Schließlich sollen im kommenden Jahr auch wieder neue Mainboards und Chipsätze verkauft werden, die 500er-Serie steht bereits in den Startlöchern.

Angesprochen auf die Thematik, reagiert Intel forsch bis fast schon sauer. Der Hersteller erklärt, dass der Z490-Chipsatz nicht für PCI Express 4.0 zertifiziert ist und Mainboard-Hersteller über diese Thematik auch gar nicht sprechen dürften. Mainboard-Hersteller und Intel stehen sich zum Start der Plattform in diesem Punkt im Streit gegenüber, denn in Zukunft wollen sie auch Z590-Mainboards verkaufen, die das Feature dann vermutlich offiziell einführen. Klare Ansagen in alle Richtungen und Offenheit hätten zu deutlich mehr Verständnis geführt, die aktuelle Situation ist das komplette Gegenteil.

Geschichte könnte sich wiederholen

Am Ende könnte es in einem ähnlichen Chaos enden wie bei AMD zum Start der Ryzen 3000 im Juli 2019: Theoretisch (und auch praktisch) konnten viele B450- und X470-Mainboards PCI Express 4.0 problemlos anbieten, doch am Ende schob dem AMD einen Riegel vor. Zu ungleichmäßig waren die Anforderungen, Mainboard A war geeignet, Mainboard B wiederum nicht. Ein Support-Albtraum wäre möglich gewesen, weshalb am Ende per AGESA-Update zentral durch AMD nur die neuen Produkte mit 500er-Chipsatz dafür freigegeben wurden. Zum Start von B450 und X470 mit PCI Express 4.0 geworben hatte keiner der OEMs.

Hinter vorgehaltener Hand heißt es aber aus den Kreisen, dass die Mainboard-Hersteller nicht komplett unglücklich darüber waren, schließlich muss so jeder, der PCIe 4.0 nutzen möchte, ein neues teures X570-Board kaufen. Auch hier könnte sich die Geschichte bei Intel wiederholen.

Vollständig vergleichbar ist die Situation bei den Z490-Boards letztlich nicht. PCIe 4.0 ist keine neue Technologie, sondern seit einem Jahr auf dem Markt. Mainboards, die jetzt damit beworben werden, können es auch. Die einzige Frage, die bleibt, ist: Dürfen sie es auch?

PCI Express 4.0 ist kein Argument für Z490

Für die Kundschaft ist die PCIe-4.0-Thematik bei Intel schwierig bis unmöglich und damit wiederum aber auch mit einer traditionellen Leitlinie leicht zu lösen. Wie üblich gibt es in der Branche keine echte Zukunftssicherheit für ein Produkt. Wer jetzt Hardware kauft, sollte das für das Hier und Jetzt und nicht für das, was kommen mag, tun. Und das heißt: Z490 bietet PCI Express 3.0. Freunde machen sich damit heute allerdings weder Intel noch die Mainboard-Hersteller bei der Kundschaft.

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