Project Treble: Qualcomm unterstützt jetzt immer vier Android-Versionen

Nicolas La Rocco
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Project Treble: Qualcomm unterstützt jetzt immer vier Android-Versionen

Google nimmt Veränderungen am Project Treble vor, damit Qualcomm weniger Versionen gerätespezifischer Low-Level-Software pflegen muss. Qualcomm will immer vier Android-Versionen und vier Jahre Sicherheitsupdates unterstützen. Die Update-Verantwortung geht damit an die OEMs und für Flaggschiffe ändert sich kaum etwas.

Das Project Treble teilt die Architektur von Android in gerätespezifische Low-Level-Software, die sogenannten Vendor Implementation nahe der Hardware, und das OS-Framework auf, sodass letzteres unabhängig davon und damit schneller aktualisiert werden kann. Das OS-Framework ist dabei so ausgelegt, dass über die Vendor Test Suite (VTS) eine Abwärtskompatibilität zur Low-Level-Software geprüft wird. Mit jedem neuen Android-Release werden über das Project Treble sogenannte Generic System Images (GSIs) auf Basis des Android Open Source Projects (AOSP) veröffentlicht, für die Google sicherstellt, dass sie abwärtskompatibel zu den letzten drei Versionen der Low-Level-Software sind, sodass insgesamt vier Android-Versionen unterstützt werden.

Steigende Komplexität für SoC-Anbieter

Während dieses Verfahren den OEMs, also den Smartphone-Herstellern das Leben bei der Entwicklung und Verteilung neuer Android-Updates einfacher machen sollte, indem das Betriebssystem weitgehend unabhängig von der Low-Level-Software aktualisiert werden konnte, sorgte Project Treble aufseiten von Qualcomm für eine stetig steigende Komplexität, wie Google auf dem Blog für Android-Entwickler erklärt.

Für jedes SoC-Modell habe Qualcomm, aber auch jeder andere SoC-Anbieter, multiple Versionen der Low-Level-Software für den jeweiligen OEM schreiben müssen, der einen Chip für den Launch eines neuen Smartphones nutzen und für dieses SoC auch Upgrades auf einem bestehenden Modell anbieten wollte. Drei Jahre nach der Markteinführung eines SoCs habe der Chip-Anbieter bis zu sechs Kombinationen aus OS-Framework und Low-Level-Software unterstützen müssen. Und da Unternehmen wie Qualcomm zahlreiche Chipsätze anbieten, habe sich der Entwicklungsaufwand um ein Vielfaches vergrößert.

Komplexität an Vendor Implementations aufseiten des SoC-Anbieters
Komplexität an Vendor Implementations aufseiten des SoC-Anbieters (Bild: Google)

Auslöser der Misere war, dass die Low-Level-Software betreffende Veränderungen einer neuen Android-Version, also zum Beispiel neue Anforderungen für die Hardwareabstraktionsschicht (HAL) oder ein neuer Linux-Kernel, zwar für den Smartphone-Hersteller nie rückwirkende Anpassungen notwendig machten, da diese Änderungen nur für neu auf den Markt gebrachte Geräte mit der neuen Android-Version umgesetzt werden mussten, doch aufseiten der SoC-Anbieter war diese Abwärtskompatibilität bislang stets notwendig. Wie Google an einem Beispiel erklärt, mussten SoC-Anbieter mit dem vor zwei Jahren eingeführten Android 9.0 „Pie“ zwei Versionen der Kamera-HAL-API auf einem Chipsatz unterstützen, wenn dieser in einem neuen Gerät und in Smartphones, die Updates erhalten sollen, genutzt wird.

Eine Low-Level-Software für alle OS-Frameworks

Über die letzten Jahre habe Google deshalb mit Qualcomm zusammengearbeitet, um diese Hürde des rückwirkenden Einflusses eines neuen OS-Frameworks auf die Low-Level-Software zu entfernen, damit Chip-Anbieter Android auf ihren SoCs mit den gleichen Vendor Implementations für neue Geräte und für Updates unterstützen können. Google wiederum will künftig auf allen Qualcomm-SoCs dasselbe OS-Framework nutzen, sodass sich die Anzahl der insgesamt notwendigen Low-Level-Softwares des Chip-Anbieters und der OS-Frameworks drastisch reduzieren werde. Bei Google gibt es fortan nur noch ein OS-Framework und bei Qualcomm eine Vendor Implementation pro SoC, die für neue Smartphones und auf Geräten, die Updates erhalten, genutzt werden kann.

Neuer Aufbau für OS-Framework und Vendor Implementations
Neuer Aufbau für OS-Framework und Vendor Implementations (Bild: Google)

Konkrete Auswirkung auf den Kunden hat dies insofern, als dass fortan grundsätzlich alle von Qualcomm angebotenen System-on-a-Chips insgesamt vier Android-Generationen und vier Jahre Android-Sicherheitsupdates unterstützen werden. Im Detail unterstützt Qualcomm die mit dem Gerät ausgelieferte Android-Generation sowie zusätzlich drei weitere. Geht man vom jährlichen Rhythmus für neue Android-Versionen aus, sorgen vier Jahre Android-Sicherheitsupdates dann für zusätzlich ein Jahr Sicherheitsupdates nach dem letzten unterstützten Android-Release.

Ab Android 11 und Snapdragon 888

Bei Google werden diese Veränderungen am Project Treble mit allen SoCs, die in einem Gerät mit Android 11 auf den Markt kommen umgesetzt. Qualcomm wiederum setzt die Veränderungen ab dem jüngst vorgestellten Snapdragon 888 um, will dies künftig aber für alle Snapdragons und explizit auch auf den weiter unten angesiedelten SoCs umsetzen.

Keine Ausreden mehr für OEMs

Google und Qualcomm geben mit den Anpassungen die Update-Verantwortung explizit an den OEM weiter. Nachdem beim Anbieter des Betriebssystems und des SoCs keine Hürden mehr für schnelle Updates bestehen, kann sich kein Smartphone-Hersteller mehr mit Ausreden in diese Richtung aus der Verantwortung ziehen. Ab Android 11 und ab dem Snapdragon 888 liegt es fortan nur noch am Smartphone-Hersteller, ob dieser willig ist, zeitnah und für einen langen Zeitraum Android-Updates und Sicherheitsupdates zur Verfügung zu stellen.

Im schlechtesten Fall ein zusätzliches Jahr Sicherheitsupdates

Für Google selbst und mit Samsung einem der größten Anbieter auf dem Markt ändert sich durch die Veränderungen interessanterweise kaum etwas. Denn obwohl Qualcomm bisher lediglich zwei Android-Updates zusätzlich zur Version der Auslieferung unterstützte, konnten Smartphone-Hersteller schon immer eigene Deals für erweiterten Support aushandeln. Google bietet auf Pixel-Smartphones, die allesamt Qualcomm-Prozessoren nutzen, Support für drei Android-Updates an, selbiges sichert Samsung neuerdings zu, wenngleich hierzulande primär Geräte mit Exynos- statt Qualcomm-Prozessoren wie in den USA angeboten werden. Was sich mit Googles und Qualcomms Veränderungen aber potenziell ändern wird, sofern der OEM mitspielt, ist für diese beiden Hersteller die Erweiterung um ein zusätzliches Jahr Sicherheitsupdates.

Abseits von Google und Samsung sowie in den Geräteklassen unterhalb der Flaggschiffe spricht aufseiten des Betriebssystem- und SoC-Anbieters, sofern es sich um Qualcomm handelt, aber ebenfalls nichts mehr dagegen, vier Android-Versionen und vier Jahre Sicherheitsupdates zu unterstützen. Der OEM muss dies nur wollen.