S-Klasse mit MBUX 2 im Test: Park-Assistent und Remote Park-Assistent

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Nicolas La Rocco
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Gänzlich ohne Hände am Lenkrad funktioniert hingegen der aktive Park-Assistent, beim Leihwagen mit 360-Grad-Kamera in erweiterter Form mit mehr Fähigkeiten verbaut (1.130,50 Euro). Der Assistent bietet das automatische Einparken in Parklücken längs der Fahrbahn, quer zur Fahrbahn (vorwärts und rückwärts), in Parklücken, die nur durch Markierungslinien als solche zu erkennen sind (Straßenrand), sowie das Ausparken aus Parklücken längs und quer zur Fahrbahn (nach links und rechts) an. Ob der Park-Assistent aktiv ist, lässt sich für den Fahrer im Fahrer-Display über ein quadratisch eingerahmtes Symbol „P“ (nicht zu Verwechseln mit Fahrstufe „P“, die aber ganz unten rechts angezeigt wird) erkennen. Wird dieses Symbol um Pfeile nach links und rechts erweitert dargestellt, steht dies für eine vom Assistenzsystem gefundene Parklücke.

Der Scanvorgang nach Parklücken erfolgt automatisch bei Geschwindigkeiten bis 35 km/h. Der automatisierte Parkvorgang lässt sich nach Erkennen einer Lücke über die Park-Taste mit Kamerasymbol auf der Leiste physischer Bedienelemente unterhalb des Zentral-Displays initiieren. Bei mehreren Versuchen auf einer Parkfläche am Flughafen Berlin Brandenburg (BER) wollte das Auto allerdings Parklücken zwischen quer zur Fahrtrichtung stehenden Fahrzeugen, die jedoch nicht in markierten Parkflächen standen, nicht erkennen. Erst auf einem weiteren Abschnitt des Parkplatzes mit Markierungslinien ist der S-Klasse dieses Vorhaben gelungen. In einem Wohngebiet wiederum wurden Parklücken längs zur Fahrbahn meistens sofort erkannt.

Wenn die Lücke dann korrekt erkannt wurde, hat der weitere Ablauf schon etwas Magisches. Gas, Bremse und das Lenken übernimmt das Auto vollständig selbst und manövriert das 5,29 m lange Schiff sicher, aber nicht gerade schnell in die Parklücke. Hier lassen sich eindeutig Parallelen zu den anderen Fahrerassistenzsystemen ziehen, die stets auf Sicherheit statt Geschwindigkeit getrimmt sind. Parkt man das Auto also über den Park-Assistenten in einer engen Straße und blockiert man dabei den Verkehr, zieht man eher die Blicke und vielleicht auch ein Hupen auf sich, als würde man den Parkvorgang einfach selbst manuell ausführen. Sicher und gut positioniert kommt man aber definitiv in der Parklücke an. Positiv anzumerken ist, dass sich das 5.289 × 2.109 × 1.503 mm große Auto dank der 360-Grad-Kamera und der Allradlenkung (1.547,00 Euro) auch manuell außergewöhnlich gut parken lässt. In den engen Parklücken eines Berliner Wohngebietes kam nie das Gefühl auf, den Wagen nicht korrekt abstellen zu können, auch wenn die Schnauze der Langversion manchmal ein paar Zentimeter herausragt.

Auto mit Smartphone fernsteuern

Ist die Parklücke wirklich extrem eng oder soll das Auto in einer Garage abgestellt werden, die das Ein- und Aussteigen verhindert, lässt sich alternativ zum „Remote Park-Assistent“ wechseln, der das ferngesteuerte Einparken über eine Smartphone-App erlaubt, die den Wow-Faktor noch eine Stufe höher bringt – meistens allerdings erst nach mehreren Versuchen. Denn der „Remote Park-Assistent“ ist weiterhin einer der fehleranfälligsten Dienste, die Mercedes-Benz anbietet.

Größte Einschränkung ist zunächst einmal, dass CarPlay für die Nutzung jedes Mal im Smartphone deaktiviert werden muss, weil der „Remote Park-Assistent“ die drahtlose Schnittstelle zum Auto alleine für sich beansprucht. Das erfährt man allerdings erst dann, wenn man den Wagen schon verlassen hat und den ferngesteuerten Parkvorgang initiieren will. Auch in den weiteren Schritten kann es immer wieder zu Abbrüchen kommen, deren unmittelbarer Grund meistens nicht erkennbar ist. Die Entfernung zum Auto sollte zum Beispiel 3 m nicht überschreiten.

Der „Remote Park-Assistent“ kostet 1.844,50 Euro und ersetzt das serienmäßige Park-Paket nur mit Rückfahrkamera. Das zuvor erwähnte Park-Paket mit 360-Grad-Kamera ist in diesem teureren Bundle bereits enthalten. Die tatsächlichen Kosten fallen allerdings höher aus, da für den „Remote Park-Assistent“ auch die Sonderausstattung Keyless Go für 1.428,00 Euro vorausgesetzt wird. In Summe sind es demnach 3.272,50 Euro.

Die Bedienung fällt umständlich aus

Hat das Auto über den normalen Park-Assistenten eine Lücke erkannt, kann der weitere Vorgang über das Zentral-Display an den „Remote Park-Assistenten“ übergeben werden. Das Fahrzeug muss in Stufe „P“ versetzt, kann daraufhin verlassen werden und verschließt sich dann aus Sicherheitsgründen. Auf dem Smartphone muss das Parken nach erfolgreichem Verbindungsaufbau mit einem Muster ähnlich des Android-Sperrbildschirms bestätigt, die Park-Taste dauerhaft gedrückt und das Smartphone zudem zur Seite gekippt werden. Schon am Nachziehen des Musters scheitert man aber immer wieder, weil sich die Punkte häufig einfach nicht miteinander verbinden lassen wollen. Auch Warnungen für geringe Abstände sind immer wieder an der Tagesordnung, obwohl man ja genau deswegen zum „Remote Park-Assistenten“ gegriffen hat. All diese Dinge scheinen Vorsichtsmaßnahmen von Mercedes-Benz zu sein, damit auch wirklich eine Person aufmerksam das Geschehen verfolgt und gegebenenfalls eingreifen kann. Sobald das Smartphone nicht mehr gekippt oder die Park-Taste gedrückt wird, hält das Auto an.

Bedienung des Remote Park-Assistenten auf dem Smartphone
Bedienung des Remote Park-Assistenten auf dem Smartphone (Bild: Mercedes-Benz)

In die entgegengesetzte Richtung zum Ausparken muss der Wagen lediglich entsperrt sein, woraufhin er sich über das Smartphone mit den gleichen Einschränkungen starten und vorsichtig ausparken lässt. Das Fahrzeug lässt sich so zum Beispiel einige Meter aus einer engen Garage rollen, bis die Türen frei für den Einstieg und das Auto bereit für die manuelle Übernahme ist. Für solche Situationen auf dem eigenen Grundstück ist der „Remote Park-Assistent“ noch am ehesten geeignet, denn Verbindungsprobleme führen hier nicht zur Behinderung des Verkehrs. Im normalen Alltag kommt es aber zu oft zu Fehlern und die Inkompatibilität zu CarPlay stört enorm. So verkommt das eigentlich interessante Feature ein wenig zum Technik-Gimmick.

Automatisiertes Parken in Parkhäusern folgt noch

Vollautomatisiertes, fahrerloses Parken (Level 4) in geeigneten Parkhäusern wird hingegen mit dem „Intelligent Park Pilot“ möglich sein. Zusammen mit der benötigten Sonderausstattung (ohne Aufpreis) und dem entsprechenden Connect-Dienst hat die S-Klasse die Technik an Bord, um vollautomatisiert und fahrerlos in mit AVP-Infrastruktur („Automated Valet Parking“) ausgerüsteten Parkhäusern ein- und auszuparken, sofern die nationalen Gesetze einen solchen Betrieb erlauben. Die Vision: Der Fahrer stellt das Fahrzeug in einer Drop-off-Area ab und startet per Smartphone-App den Parkvorgang, nachdem alle Insassen ausgestiegen sind. Die Sensorik im Parkhaus überprüft, ob ein entsprechender Platz verfügbar ist. Wenn ja, wird dem Fahrer in der App die Übernahme des Fahrzeuges durch die AVP-Infrastruktur bestätigt. Dann kann der Fahrer das Auto und das Parkhaus verlassen. Das Fahrzeug wird automatisch gestartet und fährt mit Hilfe der im Parkhaus verbauten Infrastruktur automatisiert zu seinem Parkplatz. Umgekehrt kann der Fahrer die S-Klasse per Smartphone-Befehl zu einer Pick-up-Area vorfahren lassen.

Das Licht wird zum Assistenzsystem

Bei der neuen S-Klasse können durchaus auch die Scheinwerfer als Assistenzsystem verstanden werden. Neben den serienmäßigen Multibeam-LED-Scheinwerfern bietet Mercedes-Benz für 2.249,10 Euro das sogenannte Digital Light mit Projektionsfunktion an. Erstmals Ende 2016 in einem Versuchsträger präsentiert, zog die Technik 2018 in Serie in die Maybach-Modelle S 560 und S 650 auf Basis der damaligen S-Klasse ein.

Digital Light nutzt pro Scheinwerfer eine Hochleistungs-LED, deren Licht über das DLP-Modul mit jeweils 1,3 Millionen Mikrospiegeln gebrochen und gerichtet wird. Die Scheinwerfer haben in Summe somit eine Auflösung von 2,6 Millionen Lichtpixeln, was mehr als Full-HD-Auflösung entspricht. Zum einen soll dadurch der Fernlichtassistent beim Ausblenden von Gegenverkehr oder Verkehrsschildern über 100-mal genauer als das bisherige 84-Pixel-Licht arbeiten, zum anderen sind damit Projektionen auf der Straße vor dem Fahrzeug möglich. Beispiele dafür sind ein Baggersymbol bei erkannten Baustellen, Warnungen und Markierungen von Fußgängern am Fahrbahnrand, Hinweise auf Ampeln, Stoppschilder oder Einfahrverbote sowie Führungsmarkierungen bei verengten Fahrbahnen. Vor allem letztere Funktion ist nachts bei einer Fahrzeugbreite von 2.109 mm in schlecht beleuchteten Baustellen von Vorteil. Denn schon tagsüber kann es in einer Baustelle mit reduzierter Fahrbahnbreite manchmal äußerst eng neben einem Lkw werden.