Apple Fitness+ im Test: Gruppen-Workouts, Vergleichsanzeige und Fazit

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Frank Hüber
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Verzahnung der Apple-Dienste

Wie bereits mehrfach erwähnt, verwendet Fitness+ die Messwerte der Apple Watch, die dem Nutzer direkt auf dem Bildschirm angezeigt werden. Sobald ein Video-Workout in der Fitness-App ausgewählt wird, kann es auf der Apple Watch oder dem iPhone, iPad oder Apple TV gestartet werden. Es wird dann auch automatisch als Aktivität von der Apple Watch aufgezeichnet. Das Training lässt sich jederzeit pausieren, auch nach dem vorzeitigen Beenden kann es an der alten Stelle fortgesetzt werden.

Die Workouts werden von professionellen Trainern durchgeführt und von Apple Music mit passenden Playlisten begleitet. Kunden von Apple Music können Playlisten aus einem Training auch für eine spätere Wiedergabe speichern. Zudem wird während des Workouts nicht nur der aktuelle Musiktitel angezeigt, sondern zu jedem Workout ist obendrein im Vorfeld hinterlegt, welche Musik im Hintergrund läuft, so dass man sein Workout auch nach der Musikrichtung wählen kann. Während des Workouts werden die Trainer zudem nicht müde, Bezug auf die Musik zu nehmen – nicht immer nur, um ihre Erinnerungen an ein Stück zu teilen, sondern durchaus auch, um den Takt für das Training zu nutzen.

Die Verzahnung der eigenen Dienste ist Apple bei Fitness+ sehr gut gelungen und setzt sich auch zwischen Soft- und Hardware während der Video-Workouts fort. Denn immer dann, wenn ein Trainer vom Schließen der Ringe spricht, wird der aktuelle Tagesstand des Nutzers eingeblendet. Geht es um die Herzfrequenz, wird der Bereich, in dem sich die Herzfrequenz des Nutzers während des Trainings bewegt, eingeblendet. Ist das Training in unterschiedliche Abschnitte unterteilt, etwa Sprints beim Radfahren, wird passend zu den Ansagen der Trainerin oder des Trainers ein Timer eingeblendet, der herunterzählt.

Apple Fitness+: Das Workout kann über die Apple Watch gestartet werden
Apple Fitness+: Das Workout kann über die Apple Watch gestartet werden

Gruppen-Workouts und die „Burn Bar“

Ein Workout kann auf einem Gerät immer nur von einer Person absolviert werden. Partner können so nicht gemeinsam vor einem Apple TV trainieren und sich beide Vitaldaten live auf dem Bildschirm anzeigen lassen. Fitness+ unterstützt jedoch Gruppen-Workouts mit SharePlay, so dass mit bis zu 32 Freunden gemeinsam auf unterschiedlichen Geräten trainiert werden kann, die zudem per FaceTime-Video hinzugeschaltet werden können. Hierfür benötigt jeder Teilnehmer ein Fitness+-Abo und ein Gerät mit iOS 15.1 oder iPadOS 15.1. Sobald der FaceTime-Anruf gestartet ist, kann das Training über den SharePlay-Knopf in FaceTime geteilt werden.

Im Gruppentraining wird dann nicht nur angezeigt, wenn die Trainingspartner ihre Aktivitätsringe schließen, sondern bei den Kategorien HIIT, Laufband, Radfahren und Rudern auch, wer in der Vergleichsanzeige („Burn Bar“) führt. Zudem lassen sich weiterhin die Aktivitätsringe und Aktivitäten mit Freunden und Familie teilen.

Die Vergleichsanzeige dient in diesen Kategorien auch dann als Bezugspunkt, wenn man alleine trainiert, denn sie ist ein Vergleich der verbrannten Kalorien zu allen anderen Nutzern, die dieses Workout bereits absolviert haben. Während des Trainings wird dieser Bezugspunkt auch immer wieder kurz hervorgehoben, so dass man sieht, wie man sich einordnet.

Interessant ist in dieser Hinsicht ebenfalls, dass Apple bei den Körpertrainings nicht wie viele andere Dienste einen Trainer alleine vor die Kamera stellt, sondern zwei oder auch mal vier weitere Trainer gleichzeitig das Training absolvieren, die jedoch im Hintergrund bleiben. Allein durch diesen Umstand wird schon ein kleines Gruppengefühl erweckt.

Keine Live-Leaderboards

Fitness+ bietet derzeit keine Live-Leaderboards und Live-Sessions, in denen man sich direkt mit anderen Nutzern über das Internet messen kann. Einerseits, da Apple die persönlichen Daten des Nutzers in dieser Form nicht mit anderen teilen möchte. Andererseits, weil beim Training kein Frust aufkommen soll, wenn andere besser sind. Gänzlich für die Zukunft ausgeschlossen ist eine solche Funktion jedoch nicht.

Eigene Fitnessgeräte sind Vor- und Nachteil zugleich

Fitness+ erfordert keine speziellen Sportgeräte eines bestimmten Herstellers. Je nach Kategorie und Workout kann eine Matte, Hanteln, ein Rudergerät, ein Ergometer oder ein Laufband notwendig sein. Welches man dann nutzt, ist jedoch jedem selbst überlassen. Dies hat Vor-, aber auch Nachteile. Denn von den Trainern vorgegebene Einstellungen oder gar die Übertragung vom Workout auf das Trainingsgerät sind so nicht möglich. Beim Radfahren beispielsweise geben die Trainer deshalb immer einen Zielwert für die Umdrehungen pro Minute an, der auf den meisten Ergometern ausgegeben wird, oder verweisen auf ihre Trittgeschwindigkeit. Ein „niedriger Widerstand“ oder ein „hoher Widerstand“ sind dann sehr individuelle Einstellungen, die meistens nicht mit denen der Trainer übereinstimmen werden.

Auffällig war im Praxistest auch, dass die verbrannten Kalorien zwischen Trainingsgerät und Apple Watch sehr unterschiedlich ausfallen können. Beim Radfahren zeigt das genutzte Spinning-Bike einen rund ein Drittel höheren Kalorienverbrauch an als die Trainingsdaten in Fitness+. Dieser Wert sollte generell nur als Vergleichswert dienen, nicht jedoch als absoluter Zielwert für das Training.

Apple Fitness+: Die Übersicht nach dem Training
Apple Fitness+: Die Übersicht nach dem Training

Fazit

Fitness+ bietet zum Start in Deutschland viele Möglichkeiten und funktioniert reibungslos. Die Workouts selbst sind hervorragend umgesetzt und mit Apples Angebot verknüpft, allen voran natürlich der Apple Watch, deren Daten direkt integriert sind. Probleme mit der Übertragung, fehlerhaften Anzeigen oder qualitativ minderwertigen Videos sucht man bei Fitness+ vergebens. Wem die technische Seite wichtig ist und wer Wert auf eine Verknüpfung mit der Apple Watch legt, wird hier rundum zufriedengestellt.

Auch abseits der Apple Watch hat Apple sich die Mühe gemacht, jedes Workout so zu integrieren, dass die jeweilige Szene und die Kommentare des Trainers zu den Anzeigen auf dem Bildschirm passen. Die Inhalte der Video-Workouts sind perfekt auf die Anzeigen abgestimmt. Text und Darstellung der Ringe oder Herzfrequenz passen immer. Hier hat sich das Team von Apple jedes Workout genau angesehen und angehört und die Anzeigen optimiert.

Apple Fitness+ auf der Apple Watch
Apple Fitness+ auf der Apple Watch

Die Verknüpfung mit Apple Music gerät da schon fast in den Hintergrund, denn auch wenn die angezeigten Musikrichtungen durchaus die Wahl des Trainings beeinflussen, wird man den Weg aus Fitness+ zu Apple Music selten wählen, wenn man mit dem Training beschäftigt ist.

Auch beim Angebot muss sich Apple nicht verstecken. Rund 600 Workouts stehen zur Verfügung und auch wenn man nicht alle Kategorien nutzt, was nur die Wenigsten tun werden, stehen in jeder Kategorie genügend Trainings zur Wahl. Dabei lohnt es sich durchaus, auch persönlich bislang unbeachteten Kategorien eine Chance zu geben, denn jede ist auf ihre Art sehr gut umgesetzt. Die meisten Workouts sind auch für Einsteiger geeignet, da sich Fitness+ an die breite Masse richtet. In einigen Workouts machen die Neben-Trainer die Übungen extra in einer etwas einfacheren und schwereren Variante, um eine Hilfe für weniger trainierte und erfahrenere Nutzer zu sein. Ambitionierte Sportler müssen die Messlatte aber für sich etwa durch die Wahl schwererer Hanteln oder höherer Widerstände bei den Sportgeräten selbst höher legen, um nicht unterfordert zu sein.

Ob Fitness+ eine sinnvolle Ergänzung des eigenen Trainings ist, hängt deshalb auch davon ab, welche Kategorien man tatsächlich nutzen möchte. Wer ins Fitnessstudio geht, profitiert davon, dass Fitness+ problemlos auch mit den Spinning-Bikes, Laufbändern und Rudergeräten dort genutzt werden kann, wenn man sein iPhone oder iPad dabei hat. Fitness+ ist eben nicht nur ein Trainingsprogramm für zuhause. Wer im Apple-Ökosystem verankert ist und eine Apple Watch besitzt, sollte Fitness+ zumindest im Rahmen des kostenlosen Probemonats eine Chance geben und es einfach selbst ausprobieren.

Wer die Workouts zuhause absolvieren möchte, sollte den Platzbedarf allerdings nicht unterschätzen. Beispielsweise beim Krafttraining, das bei Weitem kein reines Hanteltraining ist, müssen häufig Ausfallschritte und Streckungen in alle Richtungen gemacht werden. Man sollte somit mindestens 2 × 2 m um sich herum zur Verfügung haben, um alle Übungen gut ausführen zu können.

Zuhause gilt hingegen wie bei allen On-Demand-Fitness-Diensten, dass der Trainer nicht korrigierend eingreifen kann – es gibt keine Rückmeldung, ob man die Übungen korrekt ausführt. Dass man die richtige Haltung hat, darauf muss und sollte man selbst achten. Hier kann auch ein Spiegel hilfreich sein. Bei den ersten Workouts ist es zudem schwierig, sofort das Beobachten der Trainer und die eigene Ausführung parallel sauber umzusetzen. Wahlweise bietet es sich an, einfach sein eigenes Tempo zu wählen oder zunächst zu beobachten, bevor man das Training falsch ausführt.

Auch die Möglichkeit, sich selbst einen Trainingsplan zusammenzustellen, wäre wünschenswert. Dass Apple neben der Apple Watch keine anderen Sensoren zur Erfassung der Herzfrequenz unterstützt, ist zwar nachvollziehbar, dürfte aber all denjenigen aufstoßen, die ein gutes Equipment besitzen und es auch für Fitness+ nutzen möchten.

Das auf Diversität ausgelegte Trainerteam ist für deutsche Standards mitunter etwas zu US-amerikanisch, also mit seiner Motivation, seinen Anfeuerungsrufen, seinem Teamgeist und seiner Euphorie etwas „drüber“. Auch wenn das nicht aufgesetzt wirkt, sagt das nicht jedem zu. Die fehlende deutsche Synchronisation ist in der Praxis kein Problem. Wer dem Englischen halbwegs mächtig ist, braucht keine Untertitel.

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