Mega-Fusion: MaxLinear und Silicon Motion werden nicht zum Halbleiterriesen

Update 5 Michael Günsch
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Mega-Fusion: MaxLinear und Silicon Motion werden nicht zum Halbleiterriesen
Bild: MaxLinear

Zusammen sollten sie 8 Milliarden US-Dollar wert sein: Der US-amerikanische Hersteller von Breitband-Chips MaxLinear wollte den SSD-Controller-Hersteller Silicon Motion mit Wurzeln in den USA und Taiwan übernehmen. Aus der Fusion wird nun doch nichts (siehe Update).

In Bargeld und Aktien zahlt MaxLinear rund 3,8 Milliarden US-Dollar für Silicon Motion (SMI), also einen satten Aufpreis von 48 Prozent gegenüber dem Aktienwert vom 22. April. Inzwischen ist der Aktienkurs von SMI aber deutlich gestiegen.

Vereint über 2 Milliarden USD Umsatz pro Jahr

Das aus der Fusion beider entstehende Unternehmen wird mit 8 Milliarden US-Dollar bewertet und soll vereint einen Umsatz von mehr als 2 Milliarden US-Dollar pro Jahr erwirtschaften. Der Total addressable market (TAM) wird auf 15 Milliarden US-Dollar beziffert. Die Fusion soll einen „hochprofitablen Cash generierenden Halbleiterführer“ schaffen, heißt es in der Pressemitteilung.

Das sind MaxLinear und Silicon Motion

Das im Jahr 2003 in Kalifornien gegründete MaxLinear ist für Hochfrequenz-Halbleiter bekannt und hatte vor rund fünf Jahren bereits die SSD-Controller-Sparte von Marvell übernommen. Sobald die Transaktion genehmigt und abgeschlossen ist, gehört mit Silicon Motion ein großer Entwickler von Steuerungsprozessoren (Controller) für NAND-Flash-Produkte wie SSDs, Speicherkarten und USB-Sticks dazu.

Zu den weiteren Akquisitionen von MaxLinear der jüngsten Vergangenheit zählt zum Beispiel auch der Kauf von Intels Home Gateway Platform Division (ehemals Lantiq) im Jahr 2020.

Silicon Motion hatte sich wiederum zuletzt mehr auf sein Kerngeschäft mit Controller-Chips konzentriert und 2019 seine Mobile-Communications-Tochter FCI verkauft. In der Berichterstattung auf ComputerBase ist Silicon Motion ein oft gesehener Gast, schließlich zählt das Unternehmen neben Phison zu den größten Anbietern „schlüsselfertiger“ Controller-Lösungen für Client-SSDs. Seit der PCIe-4.0-Generation hat Phison allerdings deutlich die Oberhand gewonnen.

Gemeinsam schneller und günstiger wirtschaften

Durch die Vereinigung von Technik und Ressourcen sollen die Weiterentwicklung der bisherigen Produkte beschleunigt, die betriebliche Effizienz verbessert und die Herstellungskosten gesenkt werden, heißt es weiter in der Ankündigung.

Silicon Motion erhofft sich dadurch unter anderem eine schnellere Expansion in den Enterprise-Storage-Sektor.

Die Unternehmen erwarten den Abschluss der Transaktion innerhalb des ersten Halbjahres 2023.

Update

Im Rahmen einer außerordentlichen Hauptversammlung haben die Aktionäre von Silicon Motion der Fusion mit MaxLinear zugestimmt. Jetzt stehen allerdings noch Genehmigungen durch die State Administration for Market Regulation (SAMR) sowie die Volksrepublik China aus.

Update

Obwohl die chinesischen Regulierungsbehörden dem Deal zugestimmt hatten, hat MaxLinear am Ende doch die Reißleine gezogen und die Übernahme abgesagt. Das Unternehmen mache von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch, da vereinbarte Bedingungen von Silicon Motion nicht erfüllt worden seien respektive gegen diese verstoßen habe. Wie Reuters berichtet, hatte die Aktie von MaxLinear nach Bekanntgabe des Rückzugs um 12 Prozent nachgegeben, jene von Silicon Motion sei sogar um 25 Prozent im Wert gefallen.

Update

Inzwischen hat Silicon Motion Stellung genommen und bezeichnet den Rückzug von MaxLinear seinerseits als „ungültig“. Silicon Motion sei nach eigenen Angaben den Verpflichtungen aus der Vereinbarung nachgekommen und will sein Recht nun „energisch durchsetzen“. Das klingt nach einem kommenden Gerichtsverfahren, sofern sich beide Parteien nicht außergerichtlich einigen.

MaxLinear’s eleventh-hour purported termination of its merger agreement with Silicon Motion is invalid and reflects a repudiation of MaxLinear’s obligations rather than any failure of Silicon Motion’s conditions to closing. In the 15 months since the signing of the merger agreement between the parties, Silicon Motion worked cooperatively with MaxLinear to obtain regulatory approvals for the merger, Silicon Motion complied with its obligations under the agreement and Silicon Motion has not suffered a material adverse effect. Silicon Motion expects MaxLinear to abide by its obligation under the merger agreement and intends to vigorously enforce its rights under the merger agreement.

Silicon Motion
Update

Am Montag hat sich Wallace Kou, der CEO von Silicon Motion, ganz offiziell mit einem öffentlichen Schreiben an Steven G. Litchfield, den Chief Financial & Corporate Strategy Officer bei MaxLinear, gewandt. Darin findet Kou deutliche Worte und bezeichnet die „angeblichen Gründe von MaxLinear für die Kündigung des Vertrags“ als „unbegründet und reine Fiktion“. Kou wirft MaxLinear offensichtliche „Ausreden“ vor, um aus der getroffenen Vereinbarung auszusteigen. Die Vertragskündigung sei „unrechtmäßig“ und stelle ebenso wie das Versäumnis der vereinbarten Frist, bis zum 7. August 2023 die Übernahme abzuschließen, einen „vorsätzlichen Verstoß“ dar, der Silicon Motion „zu erheblichen Schadensersatzansprüchen“ berechtige.

MaxLinear habe außerdem bisher keine Belege für die angeblichen Vertragsverstöße aufseiten von Silicon Motion geliefert: „Darüber hinaus ist die Tatsache, dass MaxLinear Silicon Motion in den fast fünfzehn Monaten seit der Unterzeichnung der Vereinbarung nicht über seine angeblichen Verstöße informiert hat, das deutlichste Eingeständnis, dass es keine gibt, und das wissen Sie“, so Wallace Kou an Litchfield.

Silicon Motion will seine „Rechtsmittel mit Nachdruck verfolgen“ inklusive der Option „MaxLinear für erhebliche Schäden haftbar zu machen“, heißt es abschließend in dem Brief.

MaxLinear hat auf das Schreiben mit einer knappen Pressemitteilung reagiert. Darin wird erneut auf die bereits formulierten Gründe, wörtlich „erhebliche nachteilige Auswirkungen und mehrere weitere Vertragsmängel“, verwiesen und von einer „unbestreitbaren Sachlage“ geschrieben. MaxLinear bleibe „hinsichtlich seiner Entscheidung, die Vereinbarung zu kündigen, völlig zuversichtlich“.

Das Schreiben vom Montag beinhalte „keine relevanten Informationen“ und ändere auch „nichts an der Tatsache, dass die Vereinbarung gemäß ihren Bedingungen ordnungsgemäß gekündigt wurde“, heißt es abschließend.

Mit solch verhärteten Fronten erscheint nun ein Rechtsstreit fast unausweichlich.

Update

Jetzt hat Silicon Motion seinerseits die Fusionsvereinbarung offiziell gekündigt. Vor dem Singapore International Arbitration Centre will Silicon Motion im Rahmen eines Schiedsverfahrens weiterhin Schadensersatzansprüche geltend machen. Deren Höhe soll die laut Reuters zuvor vereinbarten 160 Millionen US-Dollar Kündigungsgebühr noch „bei weitem übersteigen“, heißt es in einer Pressemitteilung vom Mittwoch.