Flut im Ahrtal: Telekom gibt Einblick nach einem Jahr Wiederaufbau

Nicolas La Rocco
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Flut im Ahrtal: Telekom gibt Einblick nach einem Jahr Wiederaufbau
Bild: Deutsche Telekom

Knapp ein Jahr ist es her, dass sich in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz die Wassermassen geradezu durch das Ahrtal frästen und viel menschliches Leid, aber auch massive infrastrukturelle Schäden etwa an der Telekommunikation hinterließen. Die Deutsche Telekom erläutert, wie es ein Jahr später um das Netz bestellt ist.

Das Zwischenfazit der Telekom lautet, dass innerhalb des letzten Jahres über 100.000 Haushalte wieder mit dem Festnetz verbunden und mehr als 300 Mobilfunkstationen wieder zurück ans Netz gebracht werden konnten. Teilweise habe sich beschädigte Infrastruktur instandsetzen lassen, bei vollständig zerstörten Straßenzügen, Brücken und Häusern musste der Netzbetreiber hingegen komplett neue Technik aufbauen. Dabei hatte die Telekom schon früh angekündigt, die neuen Anschlüsse nicht mehr mit Kupfer aufzubauen, sondern gleich auf FTTH setzen zu wollen. Rund 40.000 Haushalte seien zwischenzeitlich mit Glasfaser angebunden worden.

Bei der Telekom ist die PTI, die „Produktion Technische Infrastruktur“ für den Wiederaufbau zuständig, konkret die PTI 24 Aachen, die sich in Gemünd am Nationalpark Eifel um den Wiederaufbau kümmert und über den Leiter Gregor Vincentz einen Einblick in die Arbeiten gibt. Drei Phasen des Wiederaufbaus habe es gegeben, wobei man sich aktuell in der letzten Phase befinde. Zunächst habe es eine Bestandsaufnahme gegeben, anschließend ging es um die Entstörung, damit viele Kunden schnell wieder ans Netz kommen. Die aktuelle letzte Phase dreht sich um den Neuanschluss der Häuser in den vollständig zerstörten Gebieten.

Erst Strom, Gas und Wasser, dann Glasfaser

Dass der Netzbetreiber nicht immer sein eigenes Tempo fahren kann, zeigen die Herausforderungen bei der Versorgung der betroffenen Gebiete mit Strom, Gas und Wasser. Wo die komplette Infrastruktur zerstört wurde, müsse man zusammen mit den Kommunen und den anderen Versorgungsträgern so vorgehen, so dass nicht jeder nach seinem eigenen Plan baut und man einzelne Gebiete oder Straßen mehrfach aufreißen muss, erklärt Vincentz. Ein Tiefbauunternehmen müsse zunächst die Baugrube für alle Leitungen ausheben, in der zunächst Gas, Wasser und Strom in tieferer Tiefe als die Telekommunikation verlegt werden. „Was hilft, ist die Tatsache, dass wir in vielen Kommunen einen gemeinsamen Auftragnehmer für den Tiefbau haben, für alle Versorger – so dass wir da nicht verschiedene Firmen koordinieren müssen.

Menschen von FTTH überzeugen

Obwohl ein FTTH-Anschluss unter normalen Umständen verlockend klingen mag, hat die Telekom vor Ort auch mit menschlichen Herausforderungen zu kämpfen. Denn wo um das Notwendigste gekämpft werden musste, um das Haus wieder aufzubauen oder Strom und Gas zu erhalten, habe schnelles Internet nicht immer die höchste Priorität, heißt es. In Gesprächen versuchen Mitarbeiter zu erklären, wie wichtig und nützlich ein FTTH-Anschluss langfristig sei. „Das Verständnis der Anwohner zu bekommen, dass wir quasi ganz neu das Haus anbohren müssen, um die Glasfaser reinzulegen – das ist eine Herkulesaufgabe, weil viele im Moment verständlicherweise anderes im Sinn haben.

Neue Technik in sicheren Gebieten

50 km südöstlich von Gemünd wird auch in Ahrbrück viel neu gebaut, nachdem die Flut massive Schäden an der Infrastruktur hinterließ. Die ehemaligen Betriebsstellen für Ahrbrück und Altenahr werden zu einer zusammengeführt, die in einem hochwasserfreien Gebiet 600 Meter entfernt neu errichtet wird, was dank kompakterer Netztechnik möglich sei. Bis zur Fertigstellung werde die Versorgung der Kunden über einen Container in Ahrbrück gesteuert, dessen Technik für FTTH vorbereitet sei. „Wenn wir nur auf die neue Betriebsstelle gewartet hätten, wäre hier noch gar nichts passiert, und die Kunden würden noch länger warten“, sagte Michael Guthart, Projektleiter der Technik.

Künftig sollen noch sichtbare Interimslösungen wie oberirdisch verlegte Leitungen nach und nach aus dem Stadtbild verschwinden, der unterirdische Glasfaserausbau laufe auf Hochtouren. Auf einer Website können sich betroffene Kunden informieren und für einen neuen Glasfaseranschluss registrieren. Beim Neuaufbau sollten Interessenten darauf achten, dass sie dort, wo der Glasfaseranschluss ins Haus kommen soll, Leerrohre vorsehen, etwa auch im Garten, damit die Telekom diesen nicht neu aufgraben muss. Leerrohr gebe es von den Telekom-Mitarbeitern vor Ort, es könne aber auch jedes andere handelsübliche Leerrohr verwendet werden, am besten jedoch ein glattes Leerrohr.