News BGH erlaubt Weiterverkauf gebrauchter Software

Ich halte es für sinnvoll für diese Diskussion, wenn zunächst einmal erläutert wird, weshalb man bei geistigem Eigentum nur Lizenzen (= Nutzungsrechte), bei gewöhnlichem (originären) Eigentum jedoch (im Wesentlichen) freies Verfügungsrecht erwirbt:

Geistiges Eigentum beinhaltet die Gefahr der (nahezu kostenlosen) Vervielfältigung (Kopie). Originäres (materielles) Eigentum nicht. Durch die Vervielfältigung können dem Eigentümer (= Rechteinhaber) immense Schäden entstehen.

Würde man beim Kauf geistigen Eigentums (Software, Musik, Filme) selbst das Eigentum daran erwerben, stünde es einem frei, dies zu kopieren und auch die Kopien zu verkaufen. Daher die Unterscheidung, dass man bei geistigem Eigentum nur Nutzungsrechte erwirbt und nicht das Vollrecht des Eigentums.

Bsp:
Würde ich das Eigentum an einem Computerspiel erwerben, so könnte ich die Basisprogrammierung (die andere mit hohen Kosten entwickelt haben) dazu benutzen, auf Grundlage dieser ein eigenes Computerspiel mit geringem Aufwand zu erstellen, welches ich dann gewinnbringend vermarkten könnte. Mein Spiel könnte besser ankommen als das von den Urhebern entwickelte Original, was bedeuten würde: Die anderen haben die Arbeit und die Kosten, ich habe den Gewinn.

Wichtig ist nun zu erkennen, dass allein darin der einzige Unterschied geistigen Eigentums zum originären Eigentum liegt. Ich kann meinen VW Golf nicht beliebig vervielfältigen und dann selbst verkaufen. Geistiges Eigentum braucht einen zusätzlichen Schutz vor unbefugter Nutzung und Vervielfältigung.

Der Vergleich hinsichtlich des Wiederverkaufs mit originärem (materiellem) Eigentum ist also absolut berechtigt; hinsichtlich des Wiederverkaufsrechts gibt es keine einzige sinnvolle Argumentation, weshalb dieser untersagt sein sollte. In diesem Punkt gibt es keine Unterscheidung zwischen den beiden Eigentumsarten. Der zusätzliche Schutz geistigen Eigentums erstreckt sich nur darauf, dass es kopierbar ist und deshalb sehr einfach unberechtigt weiterverteilt werden kann. Das muss verhindert werden. Nicht aber die Situation, in der der bisherige Nutzungsrechteinhaber sein Nutzungsrecht aufgibt und an jemanden anderen überträgt.

Ein Bsp dazu:
Zwei sehr einkommensschwache Personen (sagen wir mal Hartz-4-Empfänger) möchten gerne ein Fahrrad haben, weil sie damit ihre Einkäufe leichter nach Hause transportieren können. Das gewünschte Fahrrad beider Personen kostet EUR 600. Keine der beiden Personen kann 600 EUR aufbringen. Also verabredet man sich und beschließt, dass beide Personen sich die Nutzung des Fahrrades teilen. Jeder hat es einen Tag lang für sich, am nächsten Tag bekommt es der andere. Beide müssen nur 300 EUR aufbringen, was machbar ist.

Wer von Euch (an die Steam / Valve Befürworter) glaubt, dass es berechtigt wäre, wenn nun der Fahrradhersteller daherkommen und argumentieren würde, beide sollen sich gefälligst ein eigenes Fahrrad kaufen (denn so würde man zwei Fahrräder verkaufen können), denn das Nutzungsrecht am Fahrrad würde nur einem der Käufer zustehen und man könne es nicht übertragen?

Und wo ist der Unterschied zu folgender Situation:

Bsp:
Zwei sehr einkommensschwache computerspielebegeisterte Menschen können es sich nicht leisten, sich alle zwei Monate ein neues Spiel zu gönnen. Sie möchten aber gerne zeitnah bei Release die Spiele spielen und teilen ihr Interesse hinsichtlich der gewünschten Spiele. Also verabredet man: Du kaufst Spiel 1, ich Spiel 2, wir beide spielen unser Spiel durch und tauschen danach, wobei das Nutzungsrecht (und die Nutzungsmöglichkeit) eines Spiels natürlich immer nur bei einer Person liegt.

Genau - es gibt keinen Unterschied zwischen den beiden Situationen. Die Industrie hat sich bei geistigem Eigentum nur den Umstand zunutze gemacht, dass - was an sich ja nicht falsch ist - kein Kopierschutz umgangen werden darf. Nur wurde der Kopierschutz eben neuerdings an Accounts gebunden, welche nicht weiterveräußert werden dürfen. Praktisch für die Inhaber der Urheberrechte, jedoch keinesfalls akzeptabel.

Ich bin mir sehr sicher, dass sich die Rechtsprechung und Rechtslage zu dieser Situation auf längere Frist ändern wird. Der Gesetzgeber passt sich leider nur sehr langsam neuen Gegebenheiten an.

Fakt ist aber, dass Steam / Valve und andere ähnlich organisierte Firmen im Grunde Verbrecherorganisationen sind, die eine noch nicht bearbeitete Gesetzeslücke ausnutzen, um die Rechte von Nutzungsinhabern unberechtigterweise einzuschränken um den eigenen Profit zu erhöhen. Wer die eigene Nutzungslizens aufgibt, muss diese verkaufen können. Genauso wie ich mein Fahrrad nicht mehr nutzen kann, wenn ich es verkauft habe.

Der Verkauf erworbener Nutzungslizenzen bezüglich gebrauchter Software sollte eine absolute Selbstverständlichkeit sein, denn diese Nutzungslizenzen unterscheiden sich - mit Ausnahme der oben angeführten Punkte - in nichts mit originärem Eigentum.


Deshalb ist eine Beteiligung der Rechteinhaber an Wiederverkäufen (wie häufig hier im Thread vorgeschlagen) auch absolut kein Thema. Die Rechteinhaber haben diesbezüglich absolut keinen Anspruch.


Wer anders denkt (dies sei ihm gerne belassen), der möge der Gerechtigkeit wegen bitte auch dafür plädieren, dass auch materielles Eigentum an nur eine Person gebunden sei. Als Fahrradhersteller würde ich mich ungerecht behandelt fühlen, wenn mein Produkt an jeden verliehen, verkauft oder überlassen werden dürfte, wogegen ein Hersteller von Software den Anspruch hat, dass sich jeder, der mein Produkt nutzen möchte, es sich gefälligst selbst kaufen muss.


MfG,
Dominion.
 
Schön geschrieben und kann da voll zustimmen, nur in einem Punkt kann man sich noch streiten:
Deshalb ist eine Beteiligung der Rechteinhaber an Wiederverkäufen (wie häufig hier im Thread vorgeschlagen) auch absolut kein Thema. Die Rechteinhaber haben diesbezüglich absolut keinen Anspruch.
Nehmen wir jetzt bspw Steam, dann wäre es meiner Meinung nach legitim wenn die eine Verkaufsplattform (wie bspw Ebay) anbieten und dafür Gebühren nehmen. Die Gebühr wäre dann für die Verkaufsplattform an sich und nicht für das Spiel.
Wenn man ein Spiel allerdings privat verkauft/verschenkt, so dürften keine Gebühren verlangt werden.
Auch eine Bearbeitungsgebühr für diesen Vorgang sehe ich nicht als gerechtfertigt an. Die Funktion ein Spiel an einen anderen Account zu übertragen muss nur einmalig entwickelt werden, der Rest ist eine simple Datenbank-Anweisung.
 
@ WhiteShark:

Da kann ich Dir nur zustimmen.

Wenn eine bestimmte Plattform dazu benutzt wird, um den Wiederverkauf zu fördern, darf diese dafür auch eine Gebühr verlangen (sofern diese Plattform diese Regelung bereits vorab offenlegt). Es ist ja Sache des Nutzers, ob er das Spiel (bzw. seine Lizens) über diese Plattform feilbieten möchte oder nicht.

Wichtig wäre nur, dass ein bspw. über Steam erworbenes Spiel auch über andere Kanäle als Steam gebührenfrei weiterverkauft werden könnte. Über eine anderweitige Regelung bei besonders vergünstigten Produkten (bspw: 32 € statt 38 € wenn nur über Steam zu dessen Bedingungen weiterverkauft werden kann) könnte man ebenfalls diskutieren. All das wäre legitim.

MfG,
Dominion.
 
omega™ schrieb:
Das ist auch wieder ein weitverbreiteter Irrglaube.
Wenn ich z.B den neusten Hollywood Blockbuster hochlade ...

Ich habe explizit von herunterladen geschrieben und das p2p eh kaum einer macht der sich damit auskennt. Reines Herunterladen ist nicht illegal.
 
Auch reines runterladen ist bereits eine Urheberrechtsverletztung. Es lohnt sich nur nicht das zu verfolgen, weil ein zu geringer Schaden entsteht.
Lediglich Streams sind noch eine rechtliche Grauzone.
 
Naja, es ist schon schwammig und kommt auf den Richter an. Wurde ja so ausgelegt, dass wenn es offensichtlich ist, dass die Dateien illegal beschafft wurden, dann ist das herunterladen auch illegal. Finde ist schon zu schwammig und Auslegungssache um zu sagen es ist illegal. Wird ja kaum in der Datei stehen "illegale Kopie" und der Herunterladende weiß nicht was da drin ist...
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ist doch völlig wurscht, wenn man irgendwo z.B ein Film oder Spiel herunterlädt, kann man sich ja die Frage stellen, ob es dem Uploader erlaubt war oder nicht, diese Kopie hochzuladen.
Zu 90% kann man davon ausgehen, dass er es nicht durfte.
Ergo: Wenn man dann den Film oder das Spiel etc. herunterlädt, macht man sich strafbar.
 
wunschiwunsch schrieb:
Naja, es ist schon schwammig und kommt auf den Richter an. Wurde ja so ausgelegt, dass wenn es offensichtlich ist, dass die Dateien illegal beschafft wurden, dann ist das herunterladen auch illegal. Finde ist schon zu schwammig und Auslegungssache um zu sagen es ist illegal. Wird ja kaum in der Datei stehen "illegale Kopie" und der Herunterladende weiß nicht was da drin ist...
Ob es illegal ist, ist keine Auslegungssache. Der Download von urheberrechtlich geschützten Sachen ist illegal.
Wird ein aktueller Kinofilm angeboten, so ist das natürlich offensichtlich immer illegal.
Schaut man einen älteren Kinofilm auf Youtube, so könnte es unter Umständen so ausgelegt werden, das es nicht offensichtlich war.
 
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