Flutopfer im Ahrtal werden bis zu 80% entschädigt. Wie gerecht ist das?

Derbysieger1995 schrieb:
Was ist mit den Leuten die ebenfalls ihr Haus verloren haben, aber nicht im Ahrtal wohnen?
Die kriegen nichts.
Was hälst du davon?
Wenig bis gar nichts. Ich kenne die Sachlage wenig bis gar nicht. Ganz generell gilt für mich, der Staat ist nicht dafür da die Lebensrisiken abzusichern, aber es gibt Vorfälle, die staatliche Intervention erforderlich machen. In welcher Höhe und an wen Geld dafür ausgegeben wird, maße ich mir nicht an eine Meinung dazu zu haben. Dafür gibt es sicher Profis.

Welche Leute meinste Du eigentlich? Die, die ihr Haus bei einem anderen Unglücksfall verloren haben oder auch bei der Flut.
 
T.N. schrieb:
Welche Leute meinste Du eigentlich? Die, die ihr Haus bei einem anderen Unglücksfall verloren haben oder auch bei der Flut.

Ich frage mich einmal mehr ob bei diesem Thema eventuell doch persönliche Erfahrungen eine Rolle spielen..
 
pitu schrieb:
Eine interessante Frage.

Ich nehme an, weil der Steuerzahler kein Versicherungsunternehmen ist und sehr viele Leute irgendwelche Versicherungen haben, die unterschiedlich stark für individuelle Schäden einstehen. Es soll so geregelt werden, das niemand über 100% reguliert wird. Wer also 80% seiner Schäden über die Versicherung bekommt, hat nur noch Anspruch auf 20%. Und wer nur 20% bekommt, bekommt den Rest über staatliche Hilfen. Wer gar nicht versichert ist, bekommt nur 80% Prozent und in Härtefällen sogar 100%. Alle anderen bleiben auf 20% Schaden sitzen.

Link
Link
 
T.N. schrieb:
Welche Leute meinste Du eigentlich? Die, die ihr Haus bei einem anderen Unglücksfall verloren haben oder auch bei der Flut.

Genau darum gehts mir.
Wo ist da für einen persönlich der Unterschied?

Der im Ahrtal hat 500.000 Euro Schaden durch eine Flut.
Derjenige, dem sein Haus abbrennt, hat 500.000 Euro Schaden.

Dem im Ahrtal wird von staatlicher Seite geholfen.
Dem mit dem Feuerschaden nicht.

Da stellt sich für mich jetzt die Eingangsfrage von diesem Thread.

DekWizArt schrieb:
Ich frage mich einmal mehr ob bei diesem Thema eventuell doch persönliche Erfahrungen eine Rolle spielen..

Persönlich ist das Thema nur insoweit für mich interessant, als das ich in der Versicherungsbranche arbeite und ich mir über solche Regelungen deshalb Gedanken mache.
 
Für mich stellt sich nicht die Frage ob die Entschädigungen gerecht sind oder nicht.

Eher sollte man die Frage stellen, ob endlich etwas zum Hochwasserschutz gemacht wird. Was im Ahrtal passiert ist, ist nichts ausergewöhnliches. Das ist ein übliches 100 Jahres ereignis (siehe historische Aufzeichnungen von 1804, 1910). Mit der immer stärkeren Veränderung des Klimas würde ich nicht darauf setzten, dass es bei dem 100 Jahres zyklus bleibt, sondern das Intervall kleiner wird.

Die Gemeinden geiern nur aufs Geld und veräußern fast die gesamte Uferzone um Flüsse/Bäche. Das Bauamt macht auch keine Auflagen, wenn die Eigentümer dann ihr Haus mit Keller anmelden. Die Gemeinden geben nicht (oder vielleicht nur seltenst) einen Bebauungsplan für die Bereiche vor, welche den Eignern vorschreibt wie Gebaut werden muss (z.B. Grundstück darf nicht aufgefüllt werden und Gebäude muss Flusseitig auf Stelzen stehen).

Unsere Gemeinde hat auch komplett einseitig und zum großteil auch beidseitig die Gesamte Uferzone im innerstädtischen Bereich als Bauland veräußert.
Ein Gebäude, das älteste, steht auf Stelzen. Und welch ein Wunder, die Besitzer hatten bisher nur einmal einen Hochwasserschaden und das war bei einem Jahrhundertereignis in den 60er.
Die anderen Eigentümer, welche nach und nach dazu kamen, haben ihre Grundstücke auf Straßenniveau aufgefüllt und mit einer Einfriedung aus Beton versehen. Die Stadt hatte dann die Querstraßen und Brücken bei Sanierungen entsprechend angepasst.
Es kam seit dem immer wieder zu Überschwemmungen mit vollgelaufenen Kellergeschossen und das einzige was die Gemeinde gemacht har war ein paar mal das Flussbett tiefer zu stechen (natürlich kompensiert ein paar m tieferes Flussbett eines 3m breiten Flusses einige hundert m² Uferzone, nicht).
Eine Familie wollte sogar schon die Gemeinde verklagen. Diese hätte denen ja vorher sagen können, dass es am Fluss auch mal Hochwasser geben kann.
 
Zuletzt bearbeitet:
Derbysieger1995 schrieb:
Genau darum gehts mir.
Wo ist da für einen persönlich der Unterschied?
Verstehe.
Also um eine profunde Antwort hierzu zu erhalten, müsste man wahrscheinlich seinen Abgeordneten im Bundestag und/oder im entsprechenden Landesparlament fragen, warum man also diese Hilfe für geboten hielt. Gerecht oder nicht, richtig ist sie allemal. Jedenfalls aus meiner bescheidenen Sicht. Wahrscheinlich auch deshalb, weil sehr viel öffentliche Infrastruktur zerstört wurde.

Und Du machst vielleicht einen Gedankenwirbel zu viel und verbindest zwei unterschiedliche Sachverhalte miteinander. Es ist schon ein Unterschied ob ein Haus für sich allein abbrennt oder eine ganze Region unter Wasser gesetzt, dabei quasi dem Erdboden gleichgemacht wird und infrastrukturell atomisiert wird.

Soweit ich das überblicke, war es bis 1994 sogar Pflicht eine Feuerversicherung für Eigentümer von Gebäuden abzuschließen. Die ist jetzt Teil der Gebäudeversicherung und die wiederum ist keine Pflicht mehr. Völlig gaga und unverständlich aus meiner Sicht. Am Anfang steht also die freie Entscheidung etwas nicht zu tun. Dann kann man hinterher nicht nach Staatsknete rufen. Dann ist Feuer keine Naturkatastrophe, sondern im Regelfall eine Aneinanderreihung von Zufällen, begünstigenden Umständen, manchmal Fahrlässigkeiten und groben Fahrlässigkeiten ergo ein persönliches Versagen. Manchmal auch von Vorsatz, aber den lasse ich jetzt mal weg. Bei einer Naturkatastrophe in diesem Ausmaß kann man sicher einmal über politische und individuelle Verantwortlichkeiten bei der Denaturierung und/oder Versiegelung von Böden und die entstehenden Folgen nachdenken. Ob die Folgen der Vorgänge in RLP und NRW dadurch abgewendet worden wären, wird wohl nie geklärt werden und ist zudem hochspekulativ. Eine Naturkatastrophe war es dennoch.

Man kann es wenden, wie man will. Die Politik hat die Betroffenen der Flut mittels Aufbauhilfeverordnung und dem Fonds "Aufbauhilfe 2021" exakt definiert und adressiert. Ansonsten sollte der deutsche Staat keinesfalls der weiße Ritter aller in Not Geratenen hier oder im Rest der Welt werden. Das ist nämlich auf Dauer unbezahlbar und auch nicht die Aufgabe eines Staates. Seine Aufgabe ist es, Infrastrukturen bereitzustellen, vorzuhalten bzw. wieder aufzubauen, wenn sie bei einer Katastrophe zerstört wurden und den Menschen unter die Arme zu greifen, wenn diese in großer Anzahl davon betroffen sind.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: Gorasuhl
T.N. schrieb:
Es ist nicht subjektiv. Das Kabinett des Landes NRW, also die parlamentarische Exekutive, hat das so beschlossen, weil sie es formell darf und kann und sie auch die Finanzhoheit über den Etat des Landes hat
T.N. schrieb:
In welcher Höhe und an wen Geld dafür ausgegeben wird, maße ich mir nicht an eine Meinung dazu zu haben. Dafür gibt es sicher Profis.
Naja also doch Subjektiv. Es gibt dafür keine vorher festgelegten Abläufe, Bemessungshöhen usw.
Wie du sagst - irgendwer entscheidet dann halt darüber, was angemessen ist und was nicht. Wie bei normalen Gesetzgebungen usw. auch.
Nur das hier nicht im Vorfeld etwas bestimmt wird, sondern im Nachgang.
Das ist ein bisschen so als würde jemand etwas tun, im Nachhinein wird es als Straftat deklariert und dann wird über zulässige Strafmaße diskutiert. Der Täter war aber vorher der Meinung, dass es garnicht strafbar ist.
Völlig subjektiv also.

T.N. schrieb:
Seine Aufgabe ist es, Infrastrukturen bereitzustellen, vorzuhalten bzw. wieder aufzubauen, wenn sie bei einer Katastrophe zerstört wurden und den Menschen unter die Arme zu greifen, wenn diese in großer Anzahl davon betroffen sind.
Bin ich völlig bei dir. Aber sind die eben diskutierten 80% denn "Unter die Arme greifen" oder manchmal schon "Sanierung auf Staatskosten"?
Man kann ja auch anders herum argumentieren: Warum überhaupt 80%? Warum nicht nur 50%? Schadensteilung also?
zumindest für all jene, die eine reelle Chance auf eine Versicherung gehabt hätten. Die paar Härtefälle in Kat.4 kann man mMn mal rausnehmen. Aber alle anderen - warum?
Hilfe ja - in der Höhe? Fraglich. Muss ich denen wieder ein Haus als Staat finanzieren oder muss es nur für ein Wohnobjekt, zur Not in Miete, reichen?

Das der Staat die Infrastruktur wieder aufzubauen hat, ist unbestreitbar und völlig richtig. Objektiv gesehen halte ich es nunmal für äußerst fragwürdig und teilweise sogar falsch, jetzt mit dem Giesskannenprinzip die Gelder über den privaten Leuten auszuschütten.

T.N. schrieb:
Alle anderen bleiben NUR auf 20% Schaden sitzen.
Ich habe deinen Satz mal korrigiert. Unversichert zu sein und dann nur 20% Schaden zu haben obwohl es eigentlich 100% wären ist schon ein enormes Glück.
Ich habe beispielsweise an einigen Außenanlagen auch Schäden durch die Regenfälle erlitten (Ausgewaschene Wege, Beschädigte Böschungen durch den Bach usw.). Ich bleibe auf 100% sitzen, da diese Schäden nicht mal versicherbar sind. Aber damit kann ich leben bzw. BIN MIR DEM RISIKO BEWUSST.
 
Khaotik schrieb:
Naja also doch Subjektiv. Es gibt dafür keine vorher festgelegten Abläufe, Bemessungshöhen usw.
Wie du sagst - irgendwer entscheidet dann halt darüber, was angemessen ist und was nicht. Wie bei normalen Gesetzgebungen usw. auch.
Nee, eben nicht. Es gibt parlamentarische Rechtsgrundlagen für die Hilfen. D.h. in den Ministerien im Bund, den betroffenen Ländern und allen jeweils nachgeordneten Behörden, wird ne Menge Papier beschrieben worden sein, um möglichst objektiv die Schäden zu erfassen und an diesen objektiven Fakten wurde dann die Höhe der Hilfe ausgerichtet.

Du hast eine recht subversive Vorstellung von Gesetzgebungsprozessen. Handwerklich, also inhaltlich, gibt es immer mal wieder etwas zu beanstanden, weil man im Berliner Reichstag gefahr läuft, Mitbewohner der Berlin Bubble zu werden. Subjektiv ist da allerdings gar nichts, sondern knallhartes Machtkalkül und das Bewusstsein und Bestrebung, die Republik nach seinen politischen Vorstellungen zu formen.

Hier mal der Gesetzgebungsprozess im Bund.
Link
 
T.N. schrieb:
Du hast eine recht subversive Vorstellung von Gesetzgebungsprozessen.
Mir ist nicht ganz klar, was hier jetzt wiederum Gesetzgebungsprozesse damit zu tun haben?
Wurde für die Hilfen ein extra Gesetz erlassen?
Soweit ich weiß, gibt es ja eben genau das nicht: Ein Gesetz/Richtlinie/Vorgabe dazu, wie und in welcher Höhe zu helfen ist.
T.N. schrieb:
wird ne Menge Papier beschrieben worden sein, um möglichst objektiv die Schäden zu erfassen und an diesen objektiven Fakten wurde dann die Höhe der Hilfe ausgerichtet.
Ja, und welche Schäden werden alle erfasst? Nur die an der Infrastruktur oder etwa doch auch an den des Privateigentums?

Es geht doch darum zu hinterfragen, auf welcher Entscheidungsgrundlage die Hilfen entschieden wurden und werden. Gibt es hier ganz konkrete Vorgaben von staatlicher Seite hinsichtlich Schadenshöhe, -Umfang, etc? Gibt es die nicht ist es eine subjektive Entscheidung von Regierungswegen. Wenngleich auch von vielen Subjekten (=Politikern) gemeinsam. Inwiefern das dann Objektiv wird, darüber lässt sich wohl streiten.

Aus meiner Sicht ist es so, dass ein Gremium letztlich entschieden hat, das hier geholfen wird. Und es ist dabei primär das OB entscheidend, das wie kommt dann danach.
Es gibt aber meines Wissens nach kein Gesetz, auf dass sich ein jeder Bürger berufen könnte, dass er die Hilfe ,unabhängig der Schadenshöhe im Gesamten, beantragen könnte.

Und aus den Gründen komme ich eben zu dem Schluss, dass diese Hilfen im großen und ganzen Subjektiv entschieden wurden.
Beispiel: Nächstes Jahr passiert das gleiche: Gibt es dann eine Pflicht von Staatswegen, hier wieder im gleichen Maße zu helfen. Und die Betonung liegt auf PFLICHT, nicht auf Freiwilligkeit.
 
Khaotik schrieb:
Wurde für die Hilfen ein extra Gesetz erlassen?
Ja natürlich. Ohne Gesetz ist staatliches Handeln gar nicht legitimiert. Ein Land, der Bund haben ohne Gesetz gar nicht die Ermächtigung Steuergeld aufzuwenden oder neue Schulden zu machen, denn der Staat darf nur all das, was ihm ausdrücklich per Gesetz erlaubt ist. Und der Bürger darf all jenes nicht, was ihm ausdrücklich per Gesetz verboten ist.
Link
Link
Link
Khaotik schrieb:
Es geht doch darum zu hinterfragen, auf welcher Entscheidungsgrundlage die Hilfen entschieden wurden und werden.
Und Du meinst, das wird nicht gemacht?
Link
Khaotik schrieb:
Es gibt aber meines Wissens nach kein Gesetz, auf dass sich ein jeder Bürger berufen könnte, dass er die Hilfe ,unabhängig der Schadenshöhe im Gesamten, beantragen könnte.
Doch, gibt es. Jeder betroffene Bürger kann das tun und zwar qua Gesetz.
Link
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: Idon
Ehrlich ? Hausbau und die Versicherung dieses Hauses ist Privatvergnügen und sollte jetzt im Nachgang nicht vom Steuerzahler ausgeglichen werden.

Ist das Flutrisiko so hoch das keine Versicherung bereit ist das Objekt zu versichern hätte man es nicht kaufen solle .

Ja meine ich durchaus ernst. Klar ist es ein Drama für die Leute aber ich wiederhole gerne: prive Versicherung !?!?!?

Anders sehe es aus wenn der Staat die Versicherung retten muss das wäre ok, da die Leute unverschuldet in Not sind.
 
Heelix schrieb:
Ist das Flutrisiko so hoch das keine Versicherung bereit ist das Objekt zu versichern hätte man es nicht kaufen solle .

So pauschal würde ich das nicht sagen.

Man müsste in solchen Fällen prüfen, wie das Hochwasserrisiko zum Zeitpunkt des Erwerbes war.
Manche Häuser sind ja schon jahrzehnte in Besitz.
 
https://geoportal.bafg.de/karten/HWRM/

Das Schema ist praktisch immer das selbe, ("großer") Fluss und Bebauung im natürlichen Überflutungsgebiet.
Täler mit kleinen Flüssen die je nach Niederschlag / Schneeschmelze zur Überschwemmung führen können.

Das sind natürliche Risikofaktoren mag nur 1 mal in 100 Jahren passieren, wer der Meinung ist das müsse man nicht Versichern ... warum genau soll jetzt der Steuerzahler dieses Zahlen ?

Wir reden hier ja nicht von plötzlich anderen Geografischen gegebenheiten massive regelfälle und daraus resultierende schlimme Überflutungen können schlicht jederzeit jedes Tal treffen ....

Es ist einfach falsch das der Steuerzahler jetzt pauschal in den Bresche springen soll private Schäden der Anwohner zu puffern. (macht er eh zu recht eh bei der Wiederherstellung der Infrastruktur die Milliarden kostet)
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: NedFlanders
Wäre ja sinnvoll wenn bürgerliche Hilfe in den Fokus rücken würde, aber im Ahrtal wurde sie ausgewiesen.
 
Die Hilfen für NRW sind noch nicht geflossen. War mir eigentlich schon klar als ich das Gequatsche der Politik damals gehört habe.
 
downforze schrieb:
Die Hilfen für NRW sind noch nicht geflossen. War mir eigentlich schon klar als ich das Gequatsche der Politik damals gehört habe.

Absolute Frechheit, von was für unfähigen Leuten wir regiert werden.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: Snowi
das war doch nicht anders zu erwarten, wie immer wenns heißt "schnell und unbürokratisch."
 

Ähnliche Themen

Antworten
18
Aufrufe
15.590
  • Gesperrt
2
Antworten
23
Aufrufe
6.655
O
Antworten
305
Aufrufe
49.628
Onkelhitman
O
Zurück
Oben