Ich weiß offen gestanden gar nicht, wo ich anfangen soll... - ... und laufe Gefahr, dass mein Post hier sehr unübersichtlich zu werden droht.
Naja, ich werde mir Mühe geben.
Den Thread habe ich soeben vollständig durchgelesen. Und bin erschüttert, wie grundfalsch einige (oder die meisten) Personen hier die Rechtslage beurteilen. Dies rührt auch daher, dass Gerichtsurteile von Laien interpretiert werden - und das kann nur schiefgehen. Denn in jedes Urteil ist eine Fülle von juristischem Hintergrundwissen einzulesen (also Rechtsnormen heranzuziehen und anzuwenden, die im Urteil selbst nicht erwähnt werden).
So meinen hier viele, Kinderlärm sei hinzunehmen. Kompromisslos, einfach so. Ohne zusätzliche Angaben über Ort, Zeit, Intensität, Ortsüblichkeit.
Das ist natürlich vollkommener Unsinn, und dies werde ich im Folgenden anhand zweier Beispiele belegen:
Beispiel 1:
Ein Kind wirft ununterbrochen mit Holzbausteinen im Zimmer herum. Dies um 16 Uhr, also nicht innerhalb der Ruhezeiten. Es trifft damit die Wände, Heizkörper und den Fußboden. Die Eltern kümmern sich nicht darum, dass das Kind sein Verhalten unterlässt.
--> Wer hier nun glaubt, das gehe in Ordnung und die Nachbarn müssten die (ständige) Lärmbelästigung dulden, der irrt gewaltig: Vielmehr können die Nachbarn die ELTERN (nicht das Kind) auf Unterlassung und auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.
Beispiel 2:
Ein Kind springt ständig im Treppenhaus die Stufen hinab (viele Stufen - lauter Hall durch das Treppenhaus). Nicht nur beim Verlassen des Hauses, sondern ununterbrochen als Spiel. Die Eltern sorgen nicht für ein Unterlassen.
--> Auch hier muss das Verhalten des Kindes nicht von den Nachbarn hingenommen werden und kann zu einer erfolgreichen (teuren) Unterlassungsklage in Verbindung mit Schadensersatzansprüchen gegen die Eltern führen.
Tenor des Ganzen ist: Es gibt gesetzliche Rücksichtspflichten. Diese sind nicht gesetzlich normiert, sondern allgemein anerkannt (sind also geltendes Recht). Jede Mietpartei ist der anderen gegenüber zur Rücksichtnahme verpflichtet. Im Falle eines Kindes wirkt das Gebot der Rücksichtnahme für und gegen die Eltern als Erziehungsberechtigte.
Soviel zum Thema, Kinderlärm müsse geduldet werden. Das gilt also nur und ausschließlich für üblichen Kinderlärm zu üblichen Zeiten. Wird der Kinderlärm zu laut (nicht jeder Geräuschpegel muss akzeptiert werden, nur weil er von Kindern stammt), müssen die Eltern eingreifen.
Hierzu noch ein Beispiel, welches das Gesagte klar belegt:
Eltern könnten, wäre dem nicht so, ihre Kinder als "Waffe" in Nachbarschaftsstreitigkeiten einsetzen, zB "Hau mal ordentlich gegen die Heizung, Du bist ja Kind und wir können deswegen nicht belangt werden" - das glaubt doch niemand, dass das rechtlich in Ordnung wäre, oder?
Eltern können also durchaus belangt werden, wenn sie durch Unterlassen von erzieherischer Einwirkung der Verpflichtung zur Rücksichtnahme gegenüber ihren Nachbarn nicht nachkommen.
Nachbarn wie der hier vorliegend beschriebene können zudem viele Motive für ihr Verhalten haben. Eine Möglichkeit wäre in der Tat (wie hier vielfach behauptet), dass es sich um einen notorischen Querulanten handelt, der gegen alles wettert, was ihm gerade mal nicht passt. Das ist wie gesagt EINE Möglichkeit.
Eine andere wäre zum Beispiel, dass es sich um eine Person handelt, die aus intellektuellen oder auch psychologischen Gründen nicht diskussionsfähig ist. Dies kann bedeuten, dass der besagte Nachbar Angst vor direkten Auseinandersetzungen mit anderen Menschen hat (und deshalb auch die Tür nicht öffnet).
Dies ist eine Ausprägung der Sozialphobie, die deutlich häufiger vertreten ist als wir alle glauben würden. Sozialphobiker verfallen zudem häufig in (wie hier geschilderte) aggressive Verhaltensweisen, weil sie wissen, dass sie nicht in der Lage sind, sich adäquat zu wehren. Hilflosigkeit und Ohnmacht sind hier die zutreffenden Stichworte. Diese Personen sind in ihrer Lage hilflos und fühlen sich chancenlos, dem Problem so zu begegnen, dass das Ergebnis für sie akzeptabel ist.
Das wäre nur eine Möglichkeit. Eine andere wäre, dass der besagte Nachbar einfach Angst vor dem TO hat und deshalb ein Gespräch scheut. Dem steht auch nicht entgegen, dass er sich einmal schreiend an seiner Haustür gegenüber dem TO geäußert hatte, denn er befand sich in seiner Wohnung, was ein Gefühl des Geschützt-Seins vermittelt. Angesichts der Dramatik der Fälle, die in den letzten Jahren durch die Medien kursierten, ist eine solche Angst auch niemandem übel zu nehmen, denn man weiß wirklich nicht was passiert, wenn man eine fremde Person mit Anschuldigungen konfrontiert. Hier im Thread hat jemand einen Videoausschnitt von "Frauentausch" gepostet (was ich von dieser Sendung halte, behalte ich lieber für mich...) - den dort gezeigten Menschen dürfte man zB nicht mit Anschuldigungen konfrontieren, denn er ist ein Lehrbuchbeispiel an vollkommener Kritikunfähigkeit (und damit jemand, dem man umgehend das Sorgerecht für seine Kinder entziehen sollte, doch dies ist eine andere Baustelle).
Diese hier dargestellten Möglichkeiten sind nur ein Bruchteil derer, die tatsächlich existieren. Man sollte also mit Vorverurteilungen sehr vorsichtig sein - selbst dann, wenn es einem selbst als offensichtlich erscheint, dass jemand einfach nur ein Querulant ist.
So, nun aber endlich zum eigentlichen Ausgangsfall und der damit verbundenen Fragestellung:
@ TO:
Bitte missinterpretiere nicht meine Absichten. Ich möchte mich keinesfalls auf die Seite Deines Nachbarn schlagen - und eben auch nicht auf die Deine. Das kann ich auch gar nicht - niemand kann das - da niemand hier die wirkliche Lage kennt.
Wichtig ist zum einen, dass Du das Anliegen Deines Nachbarn Ernst nimmst:
Dort ist ein Mensch, der sich ständig gestört fühlt und sich wahrscheinlich hilflos fühlt. So interpretiere ich zumindest das Klopfen gegen die Heizung, das sehr wahrscheinlich nicht mehr bezwecken soll als Dir (und Deiner Frau) aufzuzeigen, dass er sich gerade gestört fühlt und von Euch ein Abstellen der Störung erwartet. Nicht mehr und nicht weniger.
Kann das so sein? Wie gesagt, ich kann das nicht hinreichend beurteilen, deshalb die Frage.
Die Belange Deines Nachbarn Ernst zu nehmen ist der erste Schritt. Sodann solltest Du Dir überlegen, was Du dagegen unternehmen kannst. Gute Hinweise sind hier im Thread ja bereits gekommen. Und natürlich kann man mit dem nötigen Nachdruck auch dafür sorgen, dass ein Kind zB auf der Kinderdecke bleibt beim Spielen. Das erfordert natürlich Deine ständige Aufmerksamkeit, aber genau das ist ja die Aufgabe von Eltern.
Sodann würde ich Dir raten, einen Brief aufzusetzen.
Beginnen sollte der Brief eben genau mit dem o.g. Ernst nehmen. Du schilderst also, dass Du die Belange Deines Nachbarn Ernst nimmst und für Abhilfe sorgen möchtest. Danach schilderst Du, was Du Dir darunter konkret vorgestellt hast, also welche Maßnahmen Du konkret ergreifen möchtest.
Dann lädtst Du ihn und seine Frau zu einem konkreten Termin zum Kaffeetrinken ein, damit auch er seine Wünsche an Dich artikulieren kann (will er das nicht, soll er seine Wünsche schriftlich schildern; beachte hierzu die obigen Aussagen zu Sozialphobikern).
Versucht also, gemeinsam auf diese Weise an einer Lösung zu arbeiten.
Und mache nicht den Fehler zu glauben, der würde sowieso nicht darauf eingehen. Frage Dich stattdessen, ob Du ihm denn überhaupt den Eindruck vermittelt hast, dass Du Dich um seine Sorgen kümmern würdest und auch tatsächlich an einem Abstellen der Störungen interessiert bist. Solange er nämlich glaubt, Du würdest nur Deinen Standpunkt vertreten wollen, wird er nicht gesprächsbereit sein. Er muss sich in seinem Anliegen von Dir verstanden fühlen. Und genau das muss der Brief vermitteln, um ihn an den Tisch für eine Klärung der Problematik zu bekommen.
Und nur auf diese Weise kann gewährleistet werden, dass man friedlich und adäquat in einem Haus zusammenleben kann.
Das Klopfen gegen die Heizung stellt im Übrigen, dies als abschließendes Wort, sehr wahrscheinlich keine Nötigung und schon gar keine Körperverletzung dar, wobei es hier entscheidend auf die Intensität des Klopfens ankommt.
MfG,
Dominion.