Wahl des Unternehmens für den Berufseinstieg - Tipps & Erfahrungen?

FAN4TIC

Lt. Commander
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Nov. 2007
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1.738
Hallo zusammen.

ich wollte mal nach euren Tipps / Erfahrungen rund im den Einstieg in die IT-Berufswelt fragen.
Konkret geht es darum, dass ich in einigen Wochen mit dem Master (Inf.) durch bin und mich jetzt schon nach Jobs umschaue. Mich interessiert thematisch in erster Linie das "Data-Science" Umfeld. Ob nun inhouse oder beim Kunden ist erstmal weniger wichtig. Auch für andere IT Jobs bin ich tendenziell offen. Genauer spezifizieren will ich hin nicht. Das soll jetzt hier vorerst nicht das Hauptthema werden.

Ich bin auf eine Menge ansprechender Stellen gestoßen, bei kleinen bis großen Unternehmen. Um mal ein paar Beispiele zu nennen:
Dt. Post
Adesso (Trainee Stelle)
Check24

Dazu kommen noch die bekannten Namen, Telekom, Vodafone, Big 4, usw....

Mein eigentliches Problem ist die Wahl des Unternehmens. Wie würdet ihr da vorgehen bzw. wozu ratet ihr mir? Lieber Großkonzern oder kleines / mittelständiges Unternehmen? Oder ist es egal und ich sollte nach den Konditionen schauen?



Ich höre allerlei Argumente. Um mal ein paar zu nennen:
Große Unternehmen wie Telekom (Pro):
- (theoretisch) viel Kapazitäten für mögliche Fortbildungen bzw. gibt es feste Schulungen
- meist International und/oder mit anderen Big Playern tätig -> Arbeit mit großen Unternehmen
- Je nach Branche gute Arbeitsbedingungen (Chemie, IGM, ... )

Kleine Unternehmen (Pro)
- man ist bedeutender Teil des (ggf. kleinen) Teams -> "wichtigere" Rolle und kein kleines Zahnrad in der großen Maschinerie.
- oft kollegial besser
- keine 0815 Standardmethoden / Technologien
- dynamischer

Diese Aussagen sind natürlich nicht immer gültig.
Über einzelne Unternehmen bekomme ich auch mehr oder weniger viel mit durch meinen Bekanntenkreis, Nachrichten usw.. Ich weiß bspw. dass ich für keine der Big 4 arbeiten möchte. Spricht mich absolut nicht an. Ähnlich sieht es vereinzelt bei Unternehmen wie Axel Springer, RTL Mediengruppe usw. aus. Darüber hinaus bin ich eigentlich offen für alles.

Ich kann natürlich immer den Bewerbungsprozess durchmachen, um am Ende dann im Vorstellungsgespräch mir ein konkretes Bild über die Firma, Konditionen, Aussichten usw. zu machen. Wenn die Rahmenbedingungen passen, kann ich ja zusagen und schauen, was draus wird. Die Informationen die man bekommt sind natürlich spärlich und meist weiß man im Vorfeld nichts über das wirkliche Arbeitsklima o.ä. in der Abteilung. Gehalt ist in den ersten 2 Jahren eh vernachlässigbar, da man sich meist im Bereich ~ 45k -52k bewegt.

Kununu / Xing Bewertungen sind oft irreführend und ungenau, gerade bei großen Unternehmen wie der Telekom / dt. Post. Da schimpft dann jemand aus der "IT" über das Unternehmen und die Arbeitsbedingungen / Chefs. Dieser Mensch kann vllt. im First-Level Support tätig sein und völlig andere Strukturen haben. Außerdem stellt sich die Frage, auf eine negative Kritik würden wie viele Positive folgen, wenn jeder über sein Unternehmen berichten würde? Man ist bei Unzufriedenheit vermutlich eher dazu geneigt, ein Unternehmen zu bewerten.


Aktuell tendiere ich dazu, mich einfach überall zu bewerben und den Job zu nehmen, wo ich am meisten lerne und mich nicht völlig ausbeuten lasse. Andererseits überlege ich, wie viel das Unternehmen selber wirklich ausmacht. Ich will mich nicht durch diese Wahl igendwo "festfahren" in meiner Karriere, indem bspw. durch altbackene Methoden des Unternehmens ich den "Anschluss" verliere.

Nach Bauchgefühl tendiere ich bspw. aktuell gegen die Stellen bei der Dt. Post (vermutlich wegen mangelndem Wissens über deren Tätigkeitsbereich und tatsächliche Größe). Die Check24 Stelle klingt ganz nett, da bin ich mir mit dem Unternehmen auch nicht so sicher.


Über ein paar Meinungen / Ratschläge eurerseits würde ich mich freuen.


Danke

VG
FAN4TIC
 
Moin,

tja, leider lässt sich diese Frage nicht so einfach beantworten und ist auch vieles von der eigenen Persönlichkeit abhänig. Menschen mit Ausbildungen bzw. Facharbeiterzeit und anschließendem Studium haben andere Wünsche/Ansprüche an die Arbeitswelt als ein frischer Uniabsolvent, der nur das Bildungssystem kennt.

Ein paar Denkanstöße können sein:
-Hast du schon eine Ausbildung außer dem Studium?
-Wie sind deine Praktika verlaufen?
-Hast du Vitamin B (Beziehungen)?
-Was willst du auf keinen Fall?
....

Einen Punkt lege ich dir ans Herz: Bitte kenne deine Grenzen. Dein "Fachwissen" nach dem Studium ist nahezu Null. Ein Studium gibt dir einen Werkzeugkasten mit, indem du alles findest um erfolgreich zu sein. Wie du diese Werkzeuge am Besten einsetzt, das musst du erst lernen.
Das solltest du dir am Anfang immer im Hinterkopf halten. Leider überschätzen sich viele beim Einstieg in den Job.

Als Einstiegs-Weg gibt es in der Regel diese Möglichkeiten:

1) Trainee/ Degree-Programm:
Dies ist gewissermaßen eine "schnellere Ausbildung" in 1 bis 2 Jahren für Absolventen der Uni/FH um die Firma kennenzulernen und die Bewerber fit für die Praxis zu machen. Hier wirst du viele Stationen in einem Unternehmen kennenlernen und vieles lernen können. Allerdings ist die Bezahlung dafür recht schlecht und es werden meistens Ziele mit dem Programm verknüft z.B. "Zertifizierung X bis 6 Monate nach Einstieg" oder so.

2)Junior-Stellen:
Diese Stellen sind Facharbeiterstellen mit weniger Verantwortung. Im Junior-Programm wird meistens auch eine Art Ausbildung durchlaufen, allerdings bist du zu dieser Zeit in produktiver Mitarbeiter und trägst Verantwortung für Projekte (mit). Meistens wird es durch ein "Mentoring" durch einen erfahrenen Mitarbeiter ergänzt.

3)Facharbeiter:
Du bist sofort für dein Tun und Handeln verantwortlich. Mit allen Vor- und Nachteilen. Es wird von dir volle Leistung erwartet und keine Rücksicht auf dich als Anfänger genommen. Ein bis Zwei grobe Fehler kannst du dir vielleicht erlauben aber mehr sollten es nicht sein. Ebenso wird die Probezeit der Zeitraum sein, in dem du gemessen und eingeschätzt wirst.

4)Vitamin B:
Dies ist nur der Ordnung halber aufgeführt. Solltest du gute Kontakte haben kannst du sie nutzen um eine gute Stelle zu bekommen. Hier ist es möglich gezielt etwas zu finden.

Nachdem du dich für eine dieser Möglichkeiten entschieden hast, kannst du frei die Firma und Stelle wählen.
Zu welcher Firma du gehst, ist Bauchgefühl. Vieles zeigt sich auch im Vorstellungsgespräch bzw. im Kontakt mit der Firma. Passt die Chemie? Wer ist alles in den Gesprächen mit dabei? Bekommst du die Möglichkeit deine Kollegen kennen zu lernen?

Ein guter Ansatzpunkt, wenn du dich bei einer Firma bewirbst ist, darauf zu Achten wie mit dir als Bewerber umgegangen wird. Wann und Wie bekommst du Rückmeldungen ? Wie sind die Mitarbeiter denen du begegnest ? Wie ist die Austattung der Büros (neue PCs, höhenverstellbare Tische, ..) ?

Eine Möglichkeit wäre ebenfalls auch ein XIng/LinkedIn-Profil anzulegen und einfach mal zu warten, was so reinkommt. Eine Menge Personalvermittler werden sich bei dir melden um dir alles Mögliche anzudrehen.

Und zum Schluss:
Wenn du eine Stelle gefunden und bekommen hast, die dir zusagt, dann sammle Erfahrungen. Wenn es nichts für dich ist, kannst du nach 2-5 Jahren dich immernoch umorientieren. Wobei die "2-5 Jahre" nicht wörtlich zu nehmen sind. Es gibt nicht umsonst eine Probezeit. Und es ist auch keine Schande in der Probezeit selbst zu kündigen, weil es gar nicht gepasst hat.

Gruß
 
FAN4TIC schrieb:

Etwas OT, aber sind das mittlerweile nicht die Big 5?
-> Deloitte, EY, PwC, KPMG und McKinsey

McKinsey hat seit ~2 Jahren oder so ja auch die 10 Mrd. Umsatz geknackt, was früher afaik mal die Begründung für die Big 4 war (zweistellige Mrd. und weit weg von jeglicher Konkurrenz).


FAN4TIC schrieb:
Mein eigentliches Problem ist die Wahl des Unternehmens. Wie würdet ihr da vorgehen bzw. wozu ratet ihr mir? Lieber Großkonzern oder kleines / mittelständiges Unternehmen? Oder ist es egal und ich sollte nach den Konditionen schauen?
FAN4TIC schrieb:
Mich interessiert thematisch in erster Linie das "Data-Science" Umfeld.

Kommt darauf an, was man denn wirklich genau machen möchte und was einem daran Spaß macht; in meinem Fall würde ich persönlich z.B. nur sehr selten in den Mittelstand gehen. Nichtmal die Telekom würde ich als attraktiven Arbeitgeber ansehen.

Ich spezialisierte mich anfangs mal Richtung DataScience und bin dann - spätestens seit dem Master - in großen Schritten Richtung AI / Robotik gegangen. Ich war viel auf Messen, XING, habe Mal in einem AI-Startup gearbeitet, eine Präsentation zu Deep Learning bei Deloitte gehalten usw.

Die Quintessenz bis jetzt war immer: je innovativer die Tätigkeit, desto weniger hat man in Deutschland Plan davon. D.h. wenn man z.B. in Forschung&Entwicklung, Beratung, ... im Innovativumfeld möchte, dann ist alles Murks, abgesehen von ganz wenigen, großen Adressen und einer handvoll innovativen Startups.

Dazu zählen z.B. sowas wie spezialisierte Technologie-Consulting-Ableger, also z.B. bei KUKA Robotics, dann die BMW Forschung und Technik GmbH, die Lufthansa Industry Solutions GmbH usw.

Selbst bei den Big5 hatte ich bis 2018 nicht das Gefühl, dass die schon wirklich Know-How in diesem Bereich angesammelt haben. Da scheint das - so der Eindruck von Bekannten, den ich nach meiner Veranstaltung bei Deloitte teilen würde - auch erst jetzt wirklich loszugehen.

Meine persönliche Liste wäre also eher Google, Facebook, ..., dann entsprechende Forschungsinstitute mit Wirtschaftsaufträgen, in D etwa Fraunhofer, DFKI, ... und dann spezialisierte Technologie-(Consulting)-Ableger.


In welche Richtung möchtest du denn?

Wenn du generell Beratung magst, für dich auch weniger innovative Tätigkeiten in Frage kommen dann kann man auf jeden Fall sehr viele Unternehmen in Betracht ziehen. Z.B. kenne ich einen Alumni, der im Cloudbereich zu der Telekom gegangen ist und dort größtenteils in-house Consulting macht. Offiziell als Data Scientist, inoffiziell ist es eher Telekom-spezifische Eigenlösungen für den Cloudbereich + Datenbanken und vor allem viel übliche Statistik. Er mag es aber sehr, da das Gehalt stimmt und das in-house Consulting klasse findet. Hat viel Kontakt zu verschiedenen Teams dort, von Hardware bis Software für Cloudzeug und Rechenzentren.

Ich persönlich würde in so einem Fall dann auch eher zu Microsoft wollen, da die Telekom ja kaum was selbst ordentlich auf die Beine stellt. Viel von denen ist ja nichts weiter als Azure & Co. aus ihrer Microsoft-Kooperation.
Aber das kommt natürlich dann darauf an, wo der eigene Fokus liegt: möchte man direkt an die innovativen Technologien (Microsoft) oder hat man mehr Lust auf Beratung, auf Projektmanagement, auf Realisierungen usw. (Telekom).
 
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