EU stimmt Sun-Übernahme durch Oracle zu

Parwez Farsan
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Oracle hat eine weitere Hürde auf dem Weg zur 7,4 Milliarden US-Dollar schweren Übernahme von Sun Microsystems genommen. Nachdem das US-Justizministerium bereits im August seine Zustimmung zu der Übernahme gegeben hatte, hat nun auch die Europäische Kommission grünes Licht gegeben.

Die Prüfung habe ergeben, „dass das Vorhaben den wirksamen Wettbewerb weder im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) noch in einem wesentlichen Teil desselben erheblich beeinträchtigen wird.“ In der am 3. September 2009 eingeleiteten Untersuchung der geplanten Übernahme prüfte die Kommission, ob der Erwerb der weltweit größten Open-Source-Datenbank MySQL durch Oracle, den führenden Anbieter proprietärer Datenbanken, zu einer erheblichen Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs im Europäischen Wirtschaftsraum führen würde, zumal der Markt für Datenbanken stark konzentriert ist: Auf die drei größten Anbieter proprietärer Datenbanken – Oracle, IBM und Microsoft – entfallen gemessen an den Einnahmen rund 85 Prozent des Datenbankmarktes. Zieht man jedoch nur die Verbreitung der Datenbanken in Betracht, ist Suns MySQL Marktführer. Entsprechend hat sich die Kommission in ihrer Untersuchung auf Art und Umfang des bislang von MySQL auf Oracle ausgeübten Wettbewerbsdrucks konzentriert sowie auf die Frage, ob sich dieser durch die geplante Übernahme abschwächen würde.

Dabei kam sie zu dem Schluss, dass MySQL und Oracle nur in einem Teil der Anwendungsgebiete direkte Konkurrenten sind. Aufgrund des Open-Source-Charakters von MySQL untersuchte die Kommission zudem, inwieweit Oracle in der Lage wäre und ein Interesse daran hätte, nach dem Zusammenschluss den von MySQL ausgehenden Wettbewerbsdruck auszuschalten, und inwieweit dieser Wettbewerbsdruck, falls erforderlich, von anderen Anbietern auf dem Datenbankmarkt ausgeübt werden könnte. Die Kommission befand in diesem Punkt, dass die Open-Source-Datenbank PostgreSQL von vielen Nutzern als echte Alternative zu MySQL betrachtet wird, und dass diese MySQL bis zu einem gewissen Grad durchaus als Wettbewerbskraft auf dem Datenbankmarkt ersetzen könnte.

Des Weiteren sei es nach den Feststellungen der Kommission möglich, dass sogenannte „forks“ entstehen und dass von diesen aufgrund des Open-Source-Charakters durchaus legal erstellten „Kopien“ der MySQL-Codebasis ebenfalls relativ zeitnah ein ausreichend hoher Wettbewerbsdruck ausgehe. Angesichts der Besonderheiten der Branche für Open-Source-Software habe die Kommission außerdem die öffentliche Ankündigung von Oracle vom 14. Dezember 2009 berücksichtigt, in der das Unternehmen gegenüber Nutzern, Kunden und Entwicklern von MySQL unter anderem zugesagt hat, weiterhin unter GPL-Lizenz neue MySQL-Versionen auf den Markt zu bringen. Inzwischen sei Oracle bereits einigen seiner Zusagen nachgekommen und habe Dritten, die mit Sun Lizenzverträge für MySQL unterzeichnet haben, fest angeboten, ihre Verträge zu ändern. Auf diese Weise dürfte es Dritten in den Augen der Kommission möglich sein, weiterhin Speichergeräte zu entwickeln, die mit MySQL integriert werden können, und die Funktionalität von MySQL auszuweiten.

Des Weiteren hat die Kommission die potenziellen Auswirkungen des Erwerbs der gewerblichen Schutzrechte für die Java-Entwicklungsplattform durch Oracle im Rahmen der geplanten Übernahme untersucht und kam zu dem Schluss, dass die Möglichkeiten für Oracle, seinen Konkurrenten den Zugang zu wichtigen gewerblichen Schutzrechten zu erschweren, durch den Java Commercial Process (JCP) sehr begrenzt sei. Zudem bestehe für Oracle kein Anreiz, den Zugang seiner Wettbewerber zu den gewerblichen Schutzrechten für Java zu beschränken, da dies die Gewinne aus der breiten Nutzung der Java-Plattform schmälern würde. Deshalb bestehen laut Kommission hinsichtlich der Lizenzierung der gewerblichen Schutzrechte für Java keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken. Weiterhin untersuchte die Kommission die potenziellen Auswirkungen der geplanten Übernahme auf den Markt für Middleware und das „IT stack“-Segment, wo Oracle durch den Zusammenschluss an Marktpräsenz gewinnen würde. Aus der Sicht der Kommission bestehen aufgrund der geringen Marktanteile des zusammengeschlossenen Unternehmens und des Wettbewerbs auf diesen Märkten keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken.

Nachdem mit den USA und der EU die beiden wichtigsten Hürden genommen sind, erwartet Oracle in Kürze auch die bedingungslose Zustimmung Russlands und Chinas und plant daher zeitnah den endgültigen Vollzug der Übernahme.