Elektronenstrahllithografie für die Massenfertigung?

Parwez Farsan
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Wissenschaftler des Research Laboratory of Electronics (RLE) am Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben Fortschritte bei der Elektronenstrahllithografie gemacht, dank derer sich die Technik in Zukunft als Ersatz für fotolithografische Verfahren bei der Massenproduktion von Halbleiterchips nutzen lassen könnte.

Aktuelle Prozessoren mit Strukturen im Bereich von 30 Nanometern werden mit Hilfe der Immersionslithografie gefertigt, die mit einer Wellenlänge von 193 Nanometern arbeitet. Diese stößt bei weiter sinkenden Strukturgrößen aber bedingt durch die Wellenlänge des Lichts unweigerlich an ihre Grenzen und wird diese spätestens bei der 16/14-nm-Fertigung erreichen. Die derzeit bevorzugte Lösung der Chip-Hersteller für noch kleinere Strukturen ist die sogenannte EUV-Lithografie, bei der mit extremer ultravioletter Strahlung auch noch Strukturen mit einer Größe im einstelligen Nanometer-Bereich gefertigt werden sollen. Entsprechende Lithografiesysteme vom Typ NXE:3100 hat der weltweit größte Hersteller ASML teilweise bereits zur Vorbereitung der zukünftigen Serienproduktion an wichtige Kunden wie TSMC geliefert.

In Kombination mit anderen neuen Technologien könnte die Elektronenstrahllithografie – die Lösung verschiedener Probleme vorausgesetzt – eine potenzielle Alternative zur Herstellung sehr kleiner Strukturen sein. Sie wird aufgrund der hohen Auflösung bereits für die Herstellung von Prototypen und von Fotomasken für die Fotolithografie genutzt, ist für die Massenproduktion bisher aber schlicht zu langsam. Denn während das Licht bei der Fotolithografie durch die Maske den kompletten Fotolack (Resist) bestrahlt, muss der Elektronenstrahl das Resist Reihe für Reihe abfahren, was deutlich zeitaufwendiger ist. Erhöht man die Geschwindigkeit des Scan-Vorgangs, sinkt außerdem die Auflösung des Strahls deutlich. Aktuelle Systeme mit hoher Geschwindigkeit sind beispielsweise mit einer Auflösung von 25 Nanometern kaum besser als die Immersionslithografie. Die MIT-Forscher Vitor Manfrinato, Karl Berggren, Henry Smith, Lin Lee Cheong, Donald Winston und Huigao Duan wollen nun einen Weg gefunden haben, mit der sich trotz hoher Geschwindigkeit neun Nanometer feine Strukturen herstellen lassen.

Ein Teil der Lösung ist das Arbeiten mit mehreren Strahlen. Offen bleibt jedoch die Frage, wie lange ein Strahl an einer bestimmten Stelle verharren muss – an diesem Punkt setzen die Forscher des MIT an. Je weniger Elektronen zur „Belichtung“ der Elektronenstrahl-empfindlichen Schicht (Resist) benötigt werden, desto schneller kann der Strahl sich bewegen. Senkt man jedoch die Elektronenzahl des Strahls, senkt man auch seine Energie. Problematisch ist dies deshalb, weil Elektronen mit wenig Energie eher dazu tendieren zu streuen wenn sie das Resist durchqueren. Dringen sie tiefer in das Resist ein, nimmt dieser Effekt noch zu. Daher werden bisher in aller Regel hochenergetische Elektronenstrahlen benutzt, die dann aber auch ein Resist benötigen, das auf hohe Elektronendosen abgestimmt ist.

Zum Erhöhen der Auflösung setzen die Wissenschaftler auf zwei Tricks. Der erste ist eine dünnere Resist-Schicht, die aufgrund ihrer geringeren Dicke weniger anfällig für die Streuung energiearmer Elektronen ist. Der zweite ist zur „Entwicklung“ des Resists eine Lösung auf Basis einfachen Speisesalzes zu verwenden, die alle Stellen härtet, die ein wenig mehr Elektronen abbekommen haben, aber nicht jene, die etwas weniger Elektronen abbekommen haben.

Auch für die praktische Umsetzung von Lithografiesystemen sind schwache Elektronenstrahlen von Vorteil, da sie weniger Energie benötigen, was wiederum den Isolationsaufwand zwischen den einzelnen Elektroden verringert und ein entsprechendes Instrument kompakter macht, wie Pieter Kruit, Physikprofessor an der Universität von Delft und Mitgründer des Lithografiesystemherstellers Mapper erläutert, das bereits Systeme mit 110 Elektronenstrahlen hergestellt hat. Das in den Experimenten der MIT-Forscher genutzte Resist sei für den praktischen Einsatz allerdings zu empfindlich, da es bereits auf leichte Varianzen in der Stärke der Elektronenstrahlen reagiert und so zu unterschiedlich breiten Strukturen führen würde. Durch leichte Anpassungen des Resists sollte sich das Problem allerdings beheben lassen, so Kruit.

Ob sich das Verfahren wirklich in der Massenfertigung durchsetzen kann, wird nicht zuletzt davon abhängen, wie weit die Hersteller mit der EUV-Lithografie kommen und ob die Probleme der Elektronenstrahllithografie sich auch im industriellen Einsatz lösen lassen.